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Das Geständnis der Amme

Das Geständnis der Amme

Titel: Das Geständnis der Amme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Krohn
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auf die Schritte. Einzelne Stimmen waren zu vernehmen. Ganz offenbar hatten sie Balduins Pferd entdeckt und rätselten, was es damit auf sich habe. Einer von ihnen stieß einen lauten Ruf aus und wiederholte ihn mehrmals, als keine Antwort kam.
    »Wenn sie uns suchen …«, stammelte Judith. »Wenn sie uns suchen, werden sie uns finden.«
    »Nein!«, flüsterte Balduin. Das Glühen hinter seinem Ohrläppchen verging, als er Judith packte und einfach hochwuchtete, bis sie auf einem der dicken äste zu sitzen kam. »Wir müssen auf den Baum klettern!«, wies er sie an, während er selbst nach einem der anderen äste griff und sich hochzog. Er beobachtete sie aus dem Augenwinkel. Der Schrecken schien sie zwar zu lähmen, doch nicht so sehr, wie er befürchtet hatte. Nach einer Weile tat sie es ihm gleich, griff mit starr nach oben gerichteten Augen und zusammengepressten Lippen nach einem der höhergelegenen äste und kletterte weiter in die Höhe. Dunkle Brocken der Rinde rieselten auf ihr leichenblasses Gesicht undverfingen sich in ihren Haaren, doch sie achtete nicht darauf, sondern schwang sich – nunmehr mit der Geschmeidigkeit einer Katze – auf einen weiteren Ast.
    Er folgte ihr mit bedächtigen Bewegungen, um keinen Lärm zu machen. Das Knacken der äste klang gefährlich laut in seinen Ohren, doch die Männer, die nicht weit von ihnen noch immer durcheinanderriefen, schienen nicht darauf zu achten. Eben ergingen sie sich in Vermutungen, ob die Stätte, die sie vorgefunden hatten, Zeugnis eines überfalls sei oder ob sich die Flüchtigen im Wald versteckt hätten.
    »Warum haben sie dann das Pferd zurückgelassen?«
    »Vielleicht haben sie eingesehen, dass es keinen Sinn macht, weiterzureiten. Zu zweit wären sie ja doch viel langsamer als wir.«
    »Oder sie sind von Räubern heimgesucht worden.«
    »Es gibt hier keine Spuren von einem Kampf!«
    »Lohnt es sich denn, zu zweit gegen eine Horde zu kämpfen?«
    »Eine Horde von was? Glaubst du etwa, es waren Normannen?«
    »Stell dir nur vor! Die Tochter des Königs in Normannenhand!«
    Judith war bis zum letzten Drittel des Baums hochgeklettert. Als die äste immer dünner wurden, rutschte sie in die Nähe des Baumstamms und hielt sich dort fest. Sie zog die Füße an, damit man sie von unten nicht sehen konnte. Als sie einen vorsichtigen Blick in die Tiefe warf, wurde sie noch blasser. Balduin zog sich auf die gleiche Höhe und griff unwillkürlich nach ihrer Hand. Sie war von der Rinde aufgeraut und nass vor Schweiß.
    Er starrte auf den dünnen roten Kratzer an ihrer weißen Wange, den offenbar ein spitzer Zweig gezogen hatte. Obwohl es in diesem Augenblick unwichtig war, erwachte in Balduin eine geheime Lust zu sehen, wie Judiths edle Erscheinung Sprünge bekam. Ihre zusammengebundenen Haare lösten sich – nicht in weichen Locken, wie er erwartet hatte, sondern in struppigen Strähnen, die ihr vom Kopf wegstanden und sich ihren Fingern widersetzten, als diese ordnend darüberfuhren.
    Nie hatte sie weniger einer Herrscherin geglichen – und doch dachte er in diesem Augenblick zum ersten Mal: Meine Königin. Sie ist meine Königin. Das ist es, ging ihm auf, das ist es, was mir die Gewissheit gibt, dass sie es wert ist, für sie alles aufs Spiel zu setzen.
    Ein Ruf riss ihn aus seinen Gedanken. »Wir müssen tiefer in den Wald, um sie zu suchen.«
     
    Balduin wusste später nicht mehr zu sagen, wie lange die Suche der Männer gewährt hatte und wie sorgfältig sie vonstattenge-gangen war. Es deuchte ihn, dass es endlose, quälende Stunden gewesen waren, gleichwohl die Sonne kaum höher stand, als sie endlich wieder vom Baum kletterten.
    Einmal setzte fast sein Herz aus, als einer der Männer ihre Fußabdrücke entdeckt und sich forschend darüber gebeugt hatte. Aber schließlich kam der Fremde wohl zu dem Schluss, dass sie tiefer in den Wald hineingelaufen waren. Panik hatte Balduin erfasst, als er seinen Namen hörte. Man hatte also nicht nur Judiths Flucht viel früher entdeckt, als sie erhofft hatten, sondern man hielt ihn zu Recht für ihren Helfershelfer.
    »Das hätte ich nie von Graf Balduin gedacht!«, sagte einer, dessen Stimme ihm bekannt vorkam. Vielleicht hatte er ihn einst auf einem der Feldzüge gegen die Normannen begleitet. »Ich meine, dass er dem König derart in den Rücken fällt!«
    »Bin gespannt, wer an seiner Stelle sein Lehen bekommen wird!«, meinte ein anderer.
    »Balduin kann sich glücklich schätzen, wenn er nur sein Lehen

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