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Das Geständnis der Amme

Das Geständnis der Amme

Titel: Das Geständnis der Amme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Krohn
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könne sich nicht erheben und nichts essen, aber ansonsten werde sie von keinen Schmerzen gequält – zumindest, solange sie nicht versuchte, aufzustehen oder zu knien.
    Als Balduin davon berichtet wurde, fragte er sich unwillkürlich, ob sie in jenen Tagen das Gebet ganz unterlassen oder aber es liegend im Bette gesprochen hatte.
    In jedem Falle sprach sie mit dem Grafen. Er weilte oft bei ihr, viel öfter als in den vergangenen Jahren; so häufig hatte er sie nur gesehen, bevor er sich mit ihrer Unfruchtbarkeit abgefunden und nicht mehr bei ihr gelegen hatte.
    Der Graf war es schließlich auch, der ihr die Augen schloss, als sie sanft entschlafen war. Schon zu Lebzeiten hatte sich Alpais einen Marmorsarkophag anfertigen und ihn sich in ihr Gemach stellen lassen, auf dass er sie an ihre Vergänglichkeit erinnere. Zweimal täglich hatte sie ihn mit Brot, Käse und Met gefüllt, was dann an die Armen verteilt wurde. Der Graf persönlich bettete sie nun in diesen Sarg, wusste aber nicht, was er ihr ins Totenreich mitgeben sollte – Schmuck oder Kämme, Gefäße oder Kleider. Schließlich hatte sie an derlei Vergänglichem nie gehangen. So beließ er es dabei, dass der Toten, wie es Sitte war, die Eingeweide entnommen, ihr Leichnam balsamiert und der Sarg mit Salz gefüllt wurde.
    Robert selbst brachte den Sarkophag in ihr Hauskloster, dessen Mönche er seit langem für das Gebet für sein Seelenheil bezahlte. Nach dem Begräbnis zog er sich dorthin zurück.
    »Er ließ es offen, ob er wiederkäme«, sagte Gerold, sein Nachfolger, zu Balduin. »Ich glaube es eher nicht …«
    Wie immer klang er zu nüchtern, um herauszuhören, ob er dies nun erhoffte oder nicht. Vielleicht verschwendete er schlichtweg keinen Gedanken daran, sondern beschränkte sein Trachten auf das, was ihm der Graf vorgelebt hatte: die Pflicht zu tun und Gott zu ehren, ohne die eigenen, meist befremdenden Gefühle zu wichtig zu nehmen.
    Nicht ganz so abgestumpft wie Gerold war die junge Ovida, die er ihnen als seine Frau vorstellte. Der Graf selbst hatte sie auserwählt. Sie stammte aus dem nahen Noyon, die Hochzeit war noch zu Alpais’ Lebzeiten gefeiert worden. Anders als ihr gleichgültiger Gemahl warf Ovida neugierige Blicke auf Judith – gewiss der ranghöchste Mensch, dem sie jemals begegnet war, und obendrein von so vielen Gerüchten umrankt.
    Nur ihr zuliebe stellte Gerold die Frage, die er sich selbst wohlverkniffen hätte – was in Rom geschehen sei und was er, Balduin, nun plane.
    Zu Ovidas Leidwesen verschob Balduin das Gespräch auf einen späteren Zeitpunkt, als er mit Gerold alleine in der Amtsstube war – und hielt es auch dann kurz: Ja, der Papst habe sie empfangen, ja, der Papst habe sich auf ihre Seite gestellt. Doch ob und wie der König darauf reagiere, wüsste er noch nicht.
    Balduin saß zusammengesunken in jenem Stuhl, auf dem er den Grafen bei ihrem letzten Zusammentreffen vorgefunden hatte. Eben hatte die Erschöpfung der Reise noch überwogen, doch nun überkam ihn tiefe Trauer, Robert von Laon nicht hier zu wissen. Er war zwar keiner gewesen, dem man das Herz ausschütten konnte, ohne den zweifelnden Blick zu ernten, der sagen sollte, dass die Probleme womöglich von eigener Schwäche bedingt waren. Und dennoch – er hätte Anteilnahme gezeigt, hätte nicht nüchtern genickt wie Gerold, gleichwohl jener immerhin die Kameradschaftlichkeit aufbot, ihn zum Bleiben zu bewegen. Balduin sei sein Gast, solange er es nötig habe. Dabei hatte er ihm fest in die Augen geblickt – etwas, was Balduin in den letzten Tagen fremd geworden war. Judith blickte immer noch starr durch ihn hindurch, und Madalgis schloss sich der Missachtung ihrer Herrin an, auch wenn sie mal verächtlicher war und mal triumphierender. Nie machte sie Anstalten, ihm noch einmal so nahe zu kommen wie in Rom, und gleichwohl Balduin sie ohnehin zurückgestoßen hätte, fühlte er sich doch von ihr bloßgestellt und wie ein Aussätziger behandelt.
    Und Johanna … Johanna war zwar ein Trost, wirkte ruhiger, milder als früher, schien zugleich aber sichtlich geschwächt. Sofort nach ihrer Rückkehr war sie in den Kräutergarten verschwunden, um sich dort an einem Fleckchen vertrauter Erde zu laben, in dem sie nicht minder verwurzelt war als die Blumen, Kräuter und Pflanzen.
    Er gönnte es ihr, ein wenig Frieden zu finden. Doch als er nun schweigend bei Gerold saß, sich die kommende Zeit vorstellte und wie viel ohnmächtiges Warten sie von ihm fordern

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