Das Gewicht der Liebe
der Jury mit teilen, basierend auf Ihren Tests und Gesprächen sowie Ihrer Expertenmeinung, ob Mrs. Duran zum Zeitpunkt des fraglichen Ereignisses in der Lage war, zwischen richtig und falsch zu entscheiden?«
»Dessen bin ich mir sicher.«
Richter MacArthur warf einen finsteren Blick in die murmelnden Zuschauerreihen.
»Sie war also an dem Tag, als sie versuchte, ihre Töchter zu ermorden, nicht anders als Sie und ich?«
»Nun, zu dieser Behauptung würde ich mich nicht versteigen.« Frobisher schob den Steg seiner Brille nach oben. »Man kann das nicht mit Gewissheit sagen, denn Mrs. Duran stand unter einem beträchtlichen emotionalen Stress. Sie hat mehrere Kinder in einem relativ kurzen Zeitraum bekommen und litt infolgedessen nahezu sicher an einem hormonellen Ungleichgewicht. Hinzu kommt ihre angeborene Neigung zu einer bipolaren Störung, was durch Hormonschübe verschlimmert werden kann. Doch nichts von alledem ist sehr ungewöhnlich.«
»Bei Ihren Gesprächen mit Mrs. Duran, konnten Sie da irgendein einschneidendes Ereignis aufdecken, irgendeinen Hinweis darauf, was ihre mörderischen Handlungen ausgelöst haben könnte?«
»Nun, sie hat zunächst einmal das Kindermädchen ent lassen«, sagte Frobisher. »Ohne das Kindermädchen wurde ihr Leben unerträglich anstrengend. Selbst eine so einfache Aufgabe wie das Backen von Cupcakes überforderte sie.«
»Heißt das, sie hat versucht, ihre Kinder zu ermorden, weil sie vom Cupcake-Backen überfordert war?«
Cabot erhob sich. »Euer Ehren, ich muss an dieser Stelle Einspruch gegen Mr. Jacksons Ton erheben.«
Roxanne wusste, dass die Staatsanwaltschaft Frobishers Aussage benötigte, um die Jury von Simones geistiger Gesundheit und Zurechnungsfähigkeit zu überzeugen, doch Cabot hatte vorhergesagt, Jackson werde darüber hinaus jeglichen Versuch einer psychologischen Erklärung abweisen, womöglich indem er diese lächerlich machte, um die Argumentation der Verteidigung schon im Vorfeld zu schwächen.
Cabot sagte: »Simone Durans Zukunft und die Zukunft ihrer Familie stehen heute auf dem Spiel. Sarkasmus ist hier unangebracht.«
»War es Ihre Absicht, sarkastisch zu sein, Mr. Jackson?«, fragte der Richter.
»Gewiss nicht, Euer Ehren.«
»Einspruch abgelehnt. Fahren Sie fort, Mr. Jackson, aber achten Sie auf Ihren Ton.«
»Um es noch einmal zusammenzufassen, Dr. Frobisher, sind Sie als Sachverständiger der Meinung, dass Simone Duran den Mordversuch an ihren Kindern unternommen hat, weil sie unter Stress stand?«
Frobisher wandte sich dem Richter zu. »Darf ich für diese Frage ein wenig ausholen, Euer Ehren?«
»Nur zu, Dr. Frobisher.«
Der Psychiater verlagerte seine Haltung im Zeugen stuhl und sprach direkt zu den Geschworenen. »Die meisten von uns kommen mit Stress recht gut zurecht. Unsere Körper und unsere Beziehungen mögen während dieses Prozesses leiden, aber wir sind in der Lage, strapaziöse und stark belastende Situationen zu bewältigen. Wir sind in der Tat sehr gut im Bewältigen. Doch Simone Duran ist ihr Leben lang verwöhnt worden. Sie ist in einem ungewöhnlichen Ausmaß von ihrem Gatten abhängig. Diese letzte Schwangerschaft – die kleine Claire – und vor allem der Verlust des Kindermädchens waren schließlich zu viel für sie. Sie wollte diesem Druck nur noch entfliehen.«
Jackson fragte: »Warum hat sie nicht um Hilfe gebeten?«
Frobisher sagte: »Mrs. Duran zufolge hat sie nie ver sucht, ihre Probleme zu verheimlichen, aber sie sagt, man hätte ihnen keine Beachtung geschenkt. Laut ihrer Aussage habe ihr niemand helfen wollen, doch das scheint mir etwas weit hergeholt zu sein. Ihr Abruf von Ereignissen ist hoch selektiv.«
»Sie meinen, sie lügt, wenn es ihren Zwecken dienlich ist?«
»Einspruch, Euer Ehren, diese Frage entbehrt jeder Grundlage.«
»Stattgegeben. Formulieren Sie neu, Mr. Jackson.«
»Dr. Frobisher, haben Sie aufgrund Ihrer Untersuchung von Mrs. Duran den Eindruck, dass sie lügen würde, um sich zu schützen?«
»Die meisten Menschen würden Tatsachen verdrehen, um unangenehme Konsequenzen zu vermeiden, Mr. Jackson. Simone Duran bildet da keine Ausnahme.«
»Also, abschließend gesagt – um es noch einmal zu ver deutlichen –, Sie sind als Experte der Meinung, dass Simone Duran zum Zeitpunkt des Verbrechens wusste, was sie tat, und ihr der Unterschied zwischen richtig und falsch bewusst war?«
»Absolut. Auf beide Fragen ein klares Ja.«
Es war am zweiten Verhandlungstag nach fünfzehn
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