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Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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kannst mir das natürlich verschweigen, Junge, und ich muss dein Recht achten, eben das zu tun, aber wenn es Ärger gibt, muss ich es wissen. Die Liga muss es wissen.«
    »Die Liga«, wiederholte Tahn, bevor ihm aufging, dass er laut gesprochen hatte.
    »Ja, schmeckt dir der Name nicht?«
    Tahn erwiderte Gehones argwöhnischen, unverwandten Blick. »Ich habe keinen Grund, dir zu vertrauen oder zu misstrauen.«
    »Ich verstehe – abgesehen davon, dass ich dich aus einem regennassen Graben gezogen und dir ein warmes, trockenes Bett gegeben habe«, sagte Gehone mit einem arglosen Lächeln.
    So weit. Ich bin schon so weit gekommen. Vielleicht kann man ihm vertrauen.
    Tahn sehnte sich verzweifelt danach, Gehone alles zu erzählen, sich die Last von der Seele zu reden. Aber hinter seinem Bedürfnis, alles zu beichten, lauerten seine Träume von Misstrauen und vielleicht sogar von Verrat. Dennoch spürte Tahn, dass er Gehone vertrauen konnte, und beschloss, ihm einen Teil zu erzählen. Er schilderte ihren Zusammenstoß mit Sevilla in Steinsberg, verschwieg aber das Erlebnis mit dem leeren Bogen, erzählte von der Bibliothek, aber nicht von den Stäben in seinem Mantel, von Ariana und den großen gestreiften Zelten, aber nicht von dem Lul’Masi. Und er berichtete von den Bar’dyn, aber nicht von Vendanji oder Mira. Gehone saß da und lauschte aufmerksam. Der Duft von warmen Äpfeln lag in der Luft, und als Tahn zum Ende kam, erschien Sutter in der Tür, ein schwaches Lächeln auf den Lippen.
    »Riecht gut«, sagte er, und sein Tonfall war hörbar fragend.
    »Setz dich, mein Junge.« Gehone stand auf und ging zum Morgenbrotfeuer. »Wir essen alle etwas, und dann macht ihr euch zum Aufbruch bereit. Es wäre nicht gut für euch, noch hier zu sein, wenn Kommandant Lethur eintrifft.«
    Hufschläge unterbrachen sie. Gehone eilte zur Tür und streckte den Kopf hinaus. Er sah nur einen Moment lang hin, zog sich dann wieder in die Küche zurück und blickte Tahn stirnrunzelnd an.
    »Schnell, zurück in euer Zimmer!« Er sammelte die Schüsseln ein und stellte sie ungespült zurück in den Schrank. »Macht euch reisefertig, und dann versteckt euch im Schrank. Gebt keinen Laut von euch, und haltet euch vom Fenster fern.«
    Gehone eilte an ihnen vorbei und den Flur entlang zur Haustür. Sutter wandte sich mit aschfahlem Gesicht Tahn zu. Nichts musste gesagt werden. Die Liga der Edukation war eingetroffen, und wie es sich anhörte, war Gehones Vorgesetzter nicht allein gekommen.
    Sie kleideten sich leise an. Sutter schnallte sich das Schwert um, und Tahn nahm seinen Bogen zur Hand. Am Fenster blieb Tahn stehen und beugte sich in der Hoffnung vor, einen Blick auf die Neuankömmlinge zu erhaschen. Mehrere Pferde standen an einen Pfahl gebunden; ihre Flanken dampften in der kühlen Morgenluft. Eine dünne Raureifschicht überzog den Boden an den Stellen, die das Sonnenlicht noch nicht berührt hatte, und über allem erstreckte sich der Himmel als vollkommener See aus ungestörtem Blau. Dann ertönten die Schritte vieler Stiefel auf der Veranda. Tahn wagte sich vor und hoffte, nun endlich die Männer zu erspähen.
    Da sah er sie. Mit gefesselten Handgelenken und an den Sattelgurt gebundenen Beinen saß eine Frau mit trotzig erhobenem Kopf da. Ein schmutziges Kleid war um ihre Taille und ihre Oberschenkel hochgezogen und enthüllte ihre Unterschenkel, die mit Schlamm bespritzt waren, den die Hufe ihres Pferdes aufgewirbelt hatten. Ihre Wangen hingen wie aufgrund von Schlafmangel schlaff herab, aber Tahn glaubte, den Gesichtsausdruck zu erkennen: Resignation. Sie mochte hocherhobenen Hauptes dasitzen, aus ihrer Miene jedoch sprach nichts von der Entschlossenheit, die sie heuchelte.
    Ein lautes Klopfen an der Haustür ertönte, und Tahn trat vom Fenster zurück. Sutter packte ihn am Arm und zog ihn auf den Schrank zu. Er war lange nicht benutzt worden, und der Geruch nach Motten haftete dem winzigen Raum an. Tahn und Sutter saßen still in dem kleinen Schrank, während Stimmen von unten herauftönten.
    »Wir sind alle eins«, sagte eine tiefe Stimme abgehackt.
    »Und darin liegt unsere Stärke.« Gehones Worte klangen nach einer einstudierten Antwort. Das Gespräch drang gedämpft, aber verständlich durch den Fußboden.
    »Die Edukation in jeder Hinsicht zu schützen, die verlässlichste Berufung«, vollendete der andere wie auf ein Stichwort hin. Als Nächstes ertönten das Rasseln einer Rüstung und eine Reihe von höflichen

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