Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte
sauberer Stoß. Nimm das Besteck in die Hand und ramme es Jastail in die Kehle. Sie konnte den Tabakrauch an ihm riechen und hasste ihre eigene Angst vor der Teilnahmslosigkeit in seinem Blick.
»Wir werden ein oder zwei Tage hierbleiben«, sagte Jastail, ohne Penit in die Augen zu sehen. »Wir haben alle ein wenig Erholung nötig, und ich habe hier Vorräte für zehn oder mehr Tage.«
»Ich dachte, Ihr würdet uns nach Decalam bringen?«, fragte Penit.
»So ist es auch, mein Junge, das werde ich.« Jastail setzte sofort die väterliche Miene auf, die er in ihren gemeinsamen Tagen perfekt eingeübt hatte. »Aber die Frau hier braucht ein wenig Ruhe. Es wäre ungerecht, sie anzutreiben, so schnell zu reisen, wie wir es können.« Er beugte sich zu Penit, um Verbundenheit zu heucheln.
»Mir geht es gut«, erwiderte Wendra, die Hände immer noch im Schoß aneinandergeklammert. »Ich bin alles andere als müde.«
Jastail warf ihr einen zornigen Blick zu, gewann aber rasch die Beherrschung zurück. »Alle Frauen sagen so etwas, Penit, möge der Allwille sie dafür segnen. Sie machen weiter, bis sie vor Erschöpfung fast zusammenbrechen. Aber ein anständiger Mann weiß, dass er sich Zeit lassen und auf ihre Bedürfnisse Rücksicht nehmen muss.« Jastail gestattete sich einen leicht schmutzigen Blick. »Und so werden wir uns ein oder zwei Tage ausruhen, gut essen und rasten. Dann geht es weiter nach Decalam.«
»Und helft Ihr uns dort, den Sheson zu finden?«, fragte Penit und sah dann sofort Wendra an. Sein Gesicht verriet, dass er wusste, dass er gerade einen schrecklichen Fehler begangen hatte. Es war der erste Blick auf den alten Penit, den sie seit vielen Tagen erhaschte, und trotz des groben Schnitzers wurde ihr bei diesem Gesichtsausdruck warm ums Herz.
Jastail starrte erst Penit und dann Wendra böse an. Von ihm strahlte Wut aus wie Hitze und erfasste Wendra und Penit in Wellen. »Was habt Ihr mit einem Sheson zu schaffen?«, fragte Jastail und konnte den Zorn in seinem Ton kaum unterdrücken.
»Gar nichts«, antwortete Wendra, den Blick immer noch auf Penit gerichtet.
»Junge«, sagte Jastail und wandte sich Penit zu. »Sag mir die Wahrheit. Ihr sucht ein Mitglied des Ordens. Warum?«
Penit sah erst den Wegelagerer an, dann Wendra und wirkte wie ein Kaninchen in der Schlinge eines Fallenstellers.
»Ich stelle dir die Frage kein zweites Mal«, sagte Jastail und hob die Stimme, als ihm die Beherrschung langsam entglitt.
Wendra ließ zu, dass der Wegelagerer böse auf Penit wurde, und griff nicht gleich ein, um ihm zu helfen. Sie hoffte, dass es der Falschheit ein Ende setzen würde, die er vor dem Jungen an den Tag gelegt hatte. Diese Wendung der Ereignisse gefiel ihr, und so kämpfte sie gegen ihr eigenes Lächeln an, während Jastail in Zorn geriet.
»Was soll ich sagen, Wendra?«, fragte Penit schließlich und sah sie hilfesuchend über den Tisch hinweg an.
Jastail lächelte, und Penits Gesicht verriet sofort Reue über seinen Fehler: Er hatte ihren wahren Namen verraten.
Wendra legte ihre Hand verzeihend auf die von Penit und neigte sich zu ihm. »Sag ihm, dass es vielleicht klug von ihm wäre, uns heute nach Decalam zu bringen. Sag ihm, dass seine Wut und alle Prellungen, die sie vielleicht bei dir und mir hervorruft, sich vor möglichen Käufern nicht gut machen werden, wenn wir den Preis einbringen sollen, den er für uns fordern will. Und sag ihm, dass der Dichter, den er so verehrt, ihn von einem guten Koch honiggesüßter Haferflocken in einen ungezieferverseuchten Getreidesack verwandelt hat.«
Penit starrte sie verwirrt an.
»Oder sag ihm, dass er stinkt und ein Bad nehmen sollte.«
Der Tisch erbebte. Jastail stand auf; seine Fäuste zitterten noch, da er sie auf die Tischplatte geschmettert hatte. Er schluckte langsam, und das Blut, das ihm in die Wangen stieg, breitete sich in seinem gesamten Gesicht aus. Dann fing er sich, und die zynische Miene, die Wendra so fürchtete, kehrte zurück. »Ihr missversteht mich, Wendra «, begann Jastail und ließ sie damit wissen, dass er sie bei ihrer Lüge ertappt hatte. In seiner seltsamen, tonlosen Sprechweise fuhr er fort: »Ich wünschte nur, ich hätte früher gewusst, dass ich meinen Preis für Euch und das Kind erhöhen muss. Aber ich war nicht völlig im Dunkeln. Warum, glaubt Ihr, habe ich meine eigene Ware gekauft?« Er deutete auf Penit, ohne ihn anzuschauen. »Ich habe gesehen, was während der Auktion in Euch vorging. Ich habe
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