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Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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kümmern, dass ihre Lippen immer noch bluteten. »Wenn sie denn nicht beschließen, Euch einfach zu töten.«
    Jastail starrte Wendra an, als sie aufstand und Penit hinter sich schob, um ihn zu beschirmen. Er verzog die Lippen, bis sie unter seinem sauber gestutzten Bart bebten, als die schweren Tritte vieler Füße verkündeten, dass andere sich der Hütte näherten. Die Gefühlsbewegung verschwand aus Jastails Gesicht wie Rauch im Wind, und er ging ruhig an Wendra und Penit vorbei zur Tür. Wendras Hände begannen heftiger zu zittern. Jastail stellte das Schlimmste dar, was aus einem Menschen werden konnte, aber ihr Herz fand keine Ruhe, weil ihr bewusst war, was auf der Lichtung vor der Tür auf Penit und sie wartete.

6
    Öffentliche Züchtigung
    T ahn schlief unruhig und keinen Augenblick lang tief. Sutter träumte, murmelte vor sich hin und schrie auf, hielt aber die ganze Zeit sein Schwert an sich gezogen, den Griff fest an die Wange geschmiegt wie ein Kind seine Puppe.
    Was hat er gesehen? Was war das für ein Nebel?
    Da er keinen Schlaf fand, spannte Tahn eine neue Sehne auf seinen Bogen und war dankbar dafür, sich mit solch einer einfachen Aufgabe beschäftigen zu können. Er blinzelte, um das Bild zu verscheuchen, wie er versucht hatte, eine leere Waffe gegen Sevilla zu spannen. Nachdem er die Sehne erprobt hatte, legte er seinen Bogen beiseite, stellte sich neben dem Fenster in Position und überprüfte, ob seine Kraft zurückgekehrt war. Über dem Dachfirst des Nachbargebäudes konnte er den Schwanz des Schlangensternbilds sehen, das nun am Horizont versank. Bald würde die Dämmerung anbrechen. Aber wie schön doch die Nacht für den Augenblick noch war: ferne, funkelnde Sterne mit ihren Geschichten und ihrer unendlichen Sicherheit; die schlafende Welt, der Frieden, die Ruhe. Vielleicht hätte das Tageslicht besser daran getan, auf der anderen Seite der Welt zu bleiben. Würde die Zeit fortschreiten, wenn das Hohe Licht nicht aufstieg, um die Menschen zu wecken und sie zu zwingen, um die nächste Mahlzeit zu betteln oder um die Herrschaft zu kämpfen?
    Tahn sah zum Schwanz der Schlange, sechs Sternen, die einen sanften Bogen bildeten, der sich aufs Land zu senkte und den Schlangenkopf verbarg. In die Erde zurückgekehrt , dachte Tahn. Aber dann malte er sich aus, den Morgen sehen zu können, ein sachtes Wärmerwerden der Farben am äußersten Ende des Landes. »Das Lied der Gefiederten«, hatte Balatin immer gesagt. Mochte es kommen.
    Der Gedanke erschöpfte Tahn; die letzten Tage waren lang und anstrengend gewesen.
    »Du bist wach.« Gehones Stimme war leise, erschreckte Tahn aber dennoch. »Lass deinen Freund schlafen und komm zu mir in die Küche.«
    Tahn sah zu Sutter hinüber und lächelte schwach.
    Helle Lampen ließen die Küche freundlich wirken. Ein Ziegelofen heizte in einer Ecke auf, befeuert mit Eschenscheiten, die daneben in einer Holzschütte lagen. Eine schwarze Pfanne stand auf einem Eisengitter, und der Duft kochender Äpfel lag in der Luft. Gehone setzte sich an den Tisch und goss hellen Apfelwein ein. Er schob Tahn einen Becher hin. »Schmeckt gut zu warmen Äpfeln«, sagte er und trank.
    Tahn nippte an seinem Apfelwein und rieb sich die Beine, die immer noch kribbelten, als ob er zu lange im Schneidersitz gesessen hätte.
    Gehone hob einen Finger so, wie Balatin es oft getan hatte, und setzte zum Sprechen an, aber als er den Mund öffnete, schien er es sich anders zu überlegen und lächelte mit mitfühlendem Blick. Er sagte nur: »Zuerst die Äpfel.« Der Ligat ging zum Schrank und nahm zwei Schalen heraus. Er schöpfte aus der Pfanne zwei große Portionen Apfelscheiben, die in etwas, das wie Kuhmilchsahne roch, gewärmt waren. Gehone kehrte zurück und stellte die Schalen auf den Tisch. Bevor Tahn den ersten Bissen nehmen konnte, löffelte Gehone ein braunes Pulver über die warmen Fruchtscheiben. Tahn aß und versank im Geschmack nach Zimt und Sirup. Gehone hatte recht: Apfelwein passte perfekt dazu. Sie aßen schweigend ihr Morgenbrot, während draußen die Sonne den Himmel blau werden ließ.
    Beim letzten Bissen leckte Gehone sich die Lippen und musterte Tahns Gesicht. »Ich bin kein alter Mann und kann meine Arme noch wie einer gebrauchen, der zwanzig Jahre jünger ist, aber ich bin alt genug, um zu wissen, dass Grünschnäbel nichts in Steinsberg zu suchen haben. Alt genug, gesehen zu haben, wie vernünftige Burschen vor dem Anblick eines leeren Fensters zurückscheuen. Du

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