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Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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stand da und kaute auf etwas Heu herum. Die Stute, die Gehone erwähnt hatte, hatte ein tiefes Hohlkreuz und zottiges Fell. Tahn lächelte bei dem Gedanken, dass der Ligat das Pferd behalten hatte, das in jedem Bauerndorf getötet oder in die Freiheit entlassen worden wäre, um sich den Rest seines Lebens allein durchzuschlagen. Das struppige Tier wieherte unter Tahns Händen, als er ihm die Flanken streichelte.
    »Mit der kommen wir nicht weit«, beklagte sich Sutter. »Da bin ich ja zu Fuß besser dran.«
    »Sattle sie«, sagte Tahn und machte sich daran, dasselbe mit Jole zu tun. Binnen weniger Augenblicke waren sie reisefertig. Gehone hatte Bettzeug, Satteltaschen mit Dörrfleisch und Fladenbrot und zwei Wasserschläuche bereitgelegt. Tahn stieg auf Jole und ritt zum Stalltor. Hufgetrappel hinter ihm erregte seine Aufmerksamkeit. Sutter hatte einen Fuß im Steigbügel und hüpfte hinter seinem störrischen Reittier her. Die Stute wich mit weit aufgerissenen Augen zur Seite aus und wieherte widerstrebend.
    »Du hast selbst bei alten Frauen kein Glück, was, Rübenbauer?«
    Sutter war zu beschäftigt, um zurückzuschlagen. Tahn lachte leise, als sein Freund und die alte Stute in einem hektischen Durcheinander aus Füßen und Hufen Heustaub aufwirbelten. Als Sutter dann wütend genug war, riss er das Pferd nahe zu sich heran und sprang in den Sattel. Die alte Stute bäumte sich zweimal halb auf und kam dann hufestampfend wieder zum Stehen.
    »Fertig mit dem Spielen?«, neckte ihn Tahn.
    Sutters finstere Miene wich einem Lächeln. »Na warte, Eichhörnchen! Ich habe ein gutes Gedächtnis für Beleidigungen.«
    »Das liegt bestimmt daran, dass du so viel Liebenswertes an dir hast«, konterte Tahn.
    Sie lachten beide, und Tahn ritt aus dem Stall hinaus. Sutter schloss zu ihm auf und beugte sich zu ihm. »Dort entlang ist die Liga gezogen. Sollen wir uns einen anderen Weg aus der Stadt suchen?«
    Tahn antwortete nicht.
    »Oh nein. Das kann doch nicht dein Ernst sein! Was können wir denn schon dagegen unternehmen? Du und ich stehen allein gegen eine ganze Bande von denen! So kommen wir nie nach Decalam, Tahn. Vendanji wäre nicht einverstanden damit.«
    Diesmal sah Tahn Sutter zur Antwort nur an.
    »Du hast recht. Was kümmert es mich, was der Sheson tun würde?«
    Ein Stück weiter drängten sich Fußgänger. Die Hauptdurchgangsstraßen waren mit feinem Schotter bedeckt. Jungen standen in kleinen Grüppchen beisammen und liefen und schlitterten abwechselnd durch die losen Steine. Das Geräusch so vieler Füße auf den kleinen Steinchen erinnerte Tahn an den Hober im Frühjahr zur Zeit der Schneeschmelze: ein gedämpftes Hintergrundrauschen.
    Mehrere Gassen weiter gelangten sie auf eine große Straße, die beinahe doppelt so breit wie die anderen war. Instinktiv bog Tahn um die Ecke und hielt sich weit auf einer Seite. Hundert Schritt entfernt hatte sich eine Menge versammelt. Von hoch oben in Joles Sattel sah Tahn über die Leute hinweg zu beinahe drei Dutzend Ligaten in weiten rostroten Mänteln, die irgendeinen Aufbau mitten auf der breiten Durchgangsstraße errichteten. Tahn konnte sehen, dass die Frau noch immer auf ihrem Pferd saß und weiterhin dieselbe Resignation auf ihrem weichen Gesicht lastete.
    Tahn lenkte Jole zu einem nahen Pfahl hinüber und stieg ab. Er und Sutter banden ihre Pferde an und mischten sich unters Volk. Tahn führte sie in die Mitte der Meute, nicht weit genug nach vorn, um deutlich von den Ligaten gesehen zu werden, aber nahe genug heran, um einen guten Blick auf das Geschehen zu erhaschen. Sie waren gerade erst angekommen, als Kommandant Lethur vortrat und sich an die Menge wandte.
    »Wir leben in ruhmreichen Zeiten, gute Leute.« Lethur ließ den Blick von einem Ende zum anderen über die Menge schweifen. »Unser Wissen wächst mit jedem Tag, unsere Weisheit verfeinert sich, unsere Zivilisation verbessert unsere Lebensqualität.« Seine Stimme erhob sich durchdringend über die Menschenmenge, die sich mit jedem Augenblick weiter nach hinten ausbreitete. »Es ist das Geburtsrecht jedes Einzelnen von euch, eine Wahl zu haben und euch mit aller Entschlossenheit über den Aberglauben und die Trugschlüsse lang vergangener Zeiten zu erheben.«
    Die Menge drängte sich dichter um Tahn. Er und Sutter wurden eingezwängt, als die Leute weiter nach vorn strebten. Er hielt kräftig dagegen und sicherte sich so unter unzufriedenem Murren ein wenig Bewegungsfreiheit.
    »Heute tun wir, was dem Gesetz

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