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Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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geschworen, die Hand auszustrecken, um den Willen zugunsten anderer zu lenken, um zu beschützen, zu stützen und meines Amtes zu walten, bis ich der Erde anheimfalle.« Der Sheson tat mehrere Atemzüge. »Dennoch hat dieser Fallstrick doppelt gut gewirkt: Er hat das Misstrauen der Bevölkerung gegen die Bereitschaft des Ordens, seinen Dienst den Gesetzen zu unterwerfen, geschürt und sorgt dafür, dass die Leute sich mit dem örtlichen Kleinkrieg befassen, während weit größere Bedrohungen auf uns alle zurollen.« Der Mann schwieg und keuchte erneut in der Dunkelheit.
    »Und wenn du fliehen würdest, würdest du damit beweisen, dass das Misstrauen derjenigen, die dieses Gesetz überhaupt erst geschaffen haben, gerechtfertigt war.« Tahn schüttelte den Kopf und blickte zur Tür auf, an der gerade eine andere Wache vorbeiging und den Lichtkegel kurz verstellte. »Aber warum hat man dich zum Tode verurteilt? Die Strafe scheint dem Vergehen nicht angemessen zu sein.«
    Rolen lachte leise. »Weil, wie die Liga beschwören wird, ein kleiner Ungehorsam auf einen gefährlichen Menschen hindeutet, einen Menschen, der früher oder später den Willen auf monströse Weise lenken wird, um die Macht des Rates, ja der Regentin selbst zu untergraben.« Aus seinem Ton sprach bittere Erheiterung. »Das war der Grund, den man mir genannt hat. Jedes Ratsmitglied beruft sich auf die Regentin, um seine eigenen Argumente zu stützen. Helaina genießt Respekt und ist bei den meisten in Decalam beliebt. Ihre Herrschaft ist der einzige Grund, weshalb Artixan seinen Platz an ihrem Tisch behält.«
    »Artixan? Der Mann aus der heruntergekommenen Taverne in deiner Geschichte?«
    »Genau. Mein Mentor sitzt im Hohen Rat, gemeinsam mit der Regentin, General Bolermy Van Steward, dem Volkstribun Hemwell Or’slaed, dem Ersten Sodalen E’Sau, dem Kaufmannssprecher Tully Dwento, dem Ersten Rat des Höchsten Gerichts Jermond I’Meiylo, Maester Belamae aus der Discantus-Kathedrale und natürlich dem Aszendenten selbst, Roth Staned, dem Vorsteher der Liga der Edukation in Vohnce. Ein Sitz ist unbesetzt.«
    Tahn hörte sich die Namen an. Wussten diese Leute über Vendanji Bescheid? Über Tahn? Würden sie je erfahren, dass er in einer Gefängniszelle gelandet war? Plötzlich erschien ihm dieser Raum aus kaltem, feuchtem Stein viel kleiner als noch vor einem Augenblick.
    Zum ersten Mal machte er sich ernsthaft Sorgen um Sutter. Vielleicht teilte auch der Rübenbauer seine Zelle mit jemandem. Sein Freund hasste es, zu irgendetwas gezwungen zu werden. Tahn konnte sich vorstellen, dass er sich wehrte, wenn die Wachen ihn so schlugen, wie sie auch Tahn verprügelt hatten. Der Gedanke brachte ihn zum Lächeln, so dass seine aufgesprungenen Lippen brannten.
    »Niemand steht Helaina näher als Artixan. Er ficht den Erlass, den sie gegen das Lenken des Willens verkündet hat, nicht an und verstößt auch nicht dagegen. Ich vermute, dass er jetzt noch wichtiger für sie ist, da er selbst nach Verlesung des Gesetzes an ihrer Seite geblieben ist … nach meiner Festnahme. Ich habe auch den Verdacht, dass sie das Gesetz nur unter Druck unterzeichnet hat, weil eine Mehrheit dafür gestimmt hatte. Eine Regentin muss zuallererst Regentin sein, ohne auf Freundschaft Rücksicht zu nehmen. Artixan seinerseits ist steinalt, vermutlich, da er seine eigene Forsa sehr vernünftig nutzt. Dass Helaina sich so auf seinen weisen Rat verlässt, erzürnt den Aszendenten Staned. Manchmal überrascht es mich, dass es ihnen bisher nicht gelungen ist, den alten Mann umzubringen. Aber Artixan hat einen schärferen Verstand als die gesamte Liga zusammengenommen, also ist es vielleicht gar nicht so erstaunlich. Ich habe ihm ein paar Jahre lang als Gehilfe gedient, während er im Rat saß.« Zuneigung schlich sich in Rolens Stimme. »Es war mir gestattet, für den Fall, dass er etwas brauchte, in seiner Nähe zu bleiben. Jedes Ratsmitglied hat solch einen Adjutanten, der auf Abruf bereitsteht. An dem Tag, als darüber abgestimmt wurde, ob das Zivilisierungsgesetz in Kraft treten sollte, stand ich einen Schritt hinter Artixans Stuhl. Ich hörte die Debatte. Ich sah die Augen, die Artixans Blick auswichen. Nur zwei stimmten gegen das Gesetz …«
    »Wer außer Artixan?«, fragte Tahn mit wachsendem Interesse. »Die Regentin?«
    »Nein, es war die Sodalität. Die Regentin stimmt nicht mit ab«, erklärte Rolen. »Sie hat die Autorität, die Vorschläge des Rats anzunehmen oder abzulehnen.

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