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Das Gift der alten Heimat

Das Gift der alten Heimat

Titel: Das Gift der alten Heimat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gehörte das zu den Wundern der Technik, an die man sich längst gewöhnt hat; zum andern war jeder, mit dem John Miller sprach, es gewohnt, die Ohren zu spitzen.
    Vertieft in seine Telefonate, bemerkte Onkel Johann nicht, wie Paul Müller auf der Treppe stand und nicht wußte, ob er den Onkel stören oder ob er sich wieder hinauf ins Bett schleichen sollte. Geweckt durch die zweite Klingel des Telefons, die neben seinem Bett angebracht war und die bei jedem Wählen leicht anschlug, hatte er Millers nächtliche Wanderung entdeckt.
    Fast eine Stunde lang telefonierte Onkel Johann. Dann legte er neben den Apparat einen Zettel, auf den er geschrieben hatte: ›Mußte mehrmals mit Amerika telefonieren. Auslagen gehen auf meine Rechnung.‹
    Dann tappte er durch das dunkle Haus zurück in sein Zimmer und legte sich mit zufriedenem Lächeln ins Bett. Obwohl er bemüht war, jedes Geräusch zu vermeiden, hörten Paul und Erna ihn dennoch.
    »Jetzt ist er oben«, sagte Paul und knipste das Licht aus. »Ich gäbe viel drum, wenn ich wüßte, wen er angerufen hat. Was ich vor allem nicht verstehe, ist sein Versteckspiel.«
    »Das verstehe ich zwar auch nicht«, antwortete Erna. »Aber daß du dich ja nicht unterstehst, ihn morgen darauf anzusprechen.«
    Paul wagte einen Witz.
    »Und wer ersetzt mir die Kosten?« fragte er.
    »Bist du verrückt?« fuhr ihn Erna prompt an. »Denk an die wundervolle Perlenkette, die er mir geschenkt hat.«
    »Die würdest du wohl am liebsten auch noch nachts im Bett tragen?«
    »Ja«, sagte Erna selig.
    »Da würde sie aber stören.«
    »Bei was?«
    »Bei dem …«, erwiderte Paul, kroch unter Ernas Decke, und was dann geschah, war zwar für Erna überhaupt nichts Neues, sie hatte es schon zigmal erlebt, aber trotzdem hatte es sich noch nicht im geringsten abgenützt für sie – von Paul gar nicht zu reden!
    Am anderen Morgen fand gleich nach dem Frühstück in Pauls Büro das ungestörte Gespräch statt, um das Onkel Johann gebeten hatte. Johann redete nicht lange herum, sondern erörterte Paul ohne zeitraubende Einleitung die geschäftlichen Umwälzungen, die er sich für seine Firma ausgedacht hatte.
    Paul konnte lange dazu gar nichts sagen. Er starrte seinen Onkel an wie einen, der nicht mehr bei Trost sein konnte. Endlich stieß er hervor: »Das wäre ja Wahnsinn!«
    »Wieso?« fragte Johann.
    »Das würde mindestens zwei Millionen Mark kosten!«
    »Dollar!«
    »Was?«
    »Du mußt zwei Millionen Dollar veranschlagen, dann kommst du hin.«
    »Wahnsinn!« schrie Paul nur wieder, sich an den Kopf greifend.
    »Das Geld erhältst du von mir.«
    Stille.
    »Nein!« sagte Paul dann entschlossen.
    »Warum nicht?« fragte Johann.
    »Weil ich mich niemals in einer solchen Höhe verschulden werde, auch nicht – und gerade nicht! – von einem Verwandten!«
    Aber nun kam erst der richtige Hammer.
    »Ich schenke dir das Geld, Paul.«
    Wieder starrte der Neffe seinen Onkel an und glaubte erst recht an eine plötzliche geistige Verwirrung des armen, alten Mannes.
    »Du hast schon richtig gehört«, unterbrach Johann die Stille.
    Paul schluckte. Wenn er nicht verrückt ist, muß ich es sein, dachte Paul. Zwei Millionen Dollar, wieviel sind denn das Mark? Um die fünf Millionen! Herrgott im Himmel!
    Johann zeigte auf den Zettel neben dem Telefon, den Paul noch gar nicht bemerkt hatte, und sagte: »Ich habe heute nacht mit dem Direktor meiner Hausbank in Amerika gesprochen. Das Geld ist bereits unterwegs.«
    Paul, wie vor den Kopf geschlagen, sprach seinem Onkel nach: »Hausbank?«
    Dann nahm er den Zettel, wischte sich über die Stirn und las: ›… Auslagen gehen auf meine Rechnung‹.
    Das war für ihn der schlagende Beweis, daß sein Verdacht zutraf.
    Onkel Johann konnte nicht mehr ganz richtig im Oberstübchen sein. Aber einem Verrückten darf man nicht widersprechen, das hatte Paul schon oft gehört. Das konnte gefährlich werden.
    »Also gut«, sagte er, »du willst mir fünf Millionen Mark schenken, Onkel Johann, und ich nehme sie dankend an. Eine Bitte habe ich aber …«
    »Welche?«
    »Das Ferngespräch mit dem Direktor deiner Hausbank geht zu meinen Lasten.«
    »Bitte«, lachte Onkel Johann.
    Paul ging zur Tür, öffnete sie und rief laut in den Flur hinaus: »Erna!«
    Er wollte sich bei der psychologischen Behandlung eines Geistesgestörten Unterstützung durch seine Frau sichern, die das Abitur vorweisen konnte und überhaupt, wie fast jede Frau, bestrebt war, sich in medizinischen Dingen per

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