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Das Gift der alten Heimat

Das Gift der alten Heimat

Titel: Das Gift der alten Heimat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Baroneß, indem er entgegnete: »Ich habe keine Familie, ich bin verwitwet. Außerdem frage ich mich, wovon er drüben, auf sich selbst gestellt, leben sollte? Hat er etwas anderes gelernt als im Sattel eine gute Figur zu machen und jungen Damen formvollendet die Hand zu küssen?«
    Evy wollte immer noch nicht locker lassen.
    »Haben Sie denn kein Geschäft, John, oder sowas, wo er Fuß fassen könnte?«
    »Doch, in einem Geschäft von mir könnte man's mit ihm versuchen.«
    Evy sprang befreit auf.
    »Na also!« rief sie erleichtert aus. »Dann hätten wir's ja!«
    Irritiert von Johns Reaktion darauf fragte sie: »Worüber lachen Sie?«
    »Über Sie.«
    »Über mich? Warum?«
    »Weil Sie so für den Baron v. Chowelitz kämpfen. Ihr Einsatz ist überwältigend«, erwiderte er und konterkarierte: »Für diesen Taugenichts!«
    »Aber …« Evy v. Eibenhain, das stolze Mädchen, spürte, daß sie vor Millers Blick errötete, konnte aber nichts dagegen tun. Dies ärgerte sie maßlos. Nervös stieß sie hervor: »Glauben Sie nun ja nichts Falsches!«
    Miller blickte sie an, als könne er nicht bis drei zählen.
    »Dagegen ist man oft machtlos, Evy.«
    »Wogegen?«
    »Daß man etwas Falsches glaubt.«
    Damit endete an jenem Abend das Gespräch zweier, am Schicksal eines leichtsinnigen jungen Menschen Anteil nehmender Menschen, die den mit jedem Tag dünner werdenden Faden des Damoklesschwertes über seinem Kopf sahen.
    John Miller erhob sich.
    »Es war nett bei Ihnen, Evy …«
    »Sie wollen schon gehen?«
    »Es wird Zeit.«
    Die Fahrt von Eibenhain nach Waldfels mit dem von Evy gesteuerten Auto war eine Angelegenheit weniger Minuten. Die Nacht war inzwischen ziemlich dunkel geworden. Eine wachsende Wolkendecke hatte den Himmel überzogen.
    »War ganz gut, daß wir zu Hause geblieben sind«, sagte Evy zu John, der in Gedanken versunken neben ihr im Wagen saß.
    »Warum?« schreckte er auf.
    »Weil es mit dem Büchsenlicht gehapert hätte.«
    »Richtig«, nickte er.
    »Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben, John.«
    »Sie wollen mir noch einmal eine Chance geben?«
    »Klar! Sie sollen sich doch Ihre wunderschöne neue Jägertracht nicht umsonst gekauft haben!«
    »Woher wissen Sie, daß die neu ist?« lachte Miller. »Von Huldrich?«
    »Nein«, schüttelte Evy den Kopf. »Erstens besitze ich selbst ein Paar gute Augen. Und zweitens kann ich mir denken, daß ein Steuerflüchtling, der Reißaus nimmt, andere Dinge im Kopf hat, als Jagdutensilien in den Koffer zu packen.«
    Miller nickte anerkennend mit dem Kopf.
    »Sie kluges Kind!«
    Evy sah ihn kurz von der Seite an.
    »Stimmt denn das?«
    »Was?«
    »Daß Sie amerikanischer Steuerflüchtling sind?«
    »Darauf«, sagte John prompt, »möchte ich Ihnen mit Ihren Worten antworten …«
    »Mit welchen?«
    »Glauben Sie ja nichts Falsches!«
    »Und ich antworte Ihnen mit den Ihren: Dagegen ist man oft machtlos, daß man etwas Falsches glaubt.«
    »Sehen Sie«, fiel John ein.
    »Oder auch etwas Richtiges.«
    Waldfels tauchte im Scheinwerferlicht auf und nahm Evys Aufmerksamkeit voll in Anspruch, da sich die Zufahrtsstraße, die abzweigte, verengte. Fast das ganze Gut lag schon im Schlaf. Auf dem Land muß man früh aus den Federn und geht dafür rechtzeitig zu Bett. Nur zwei Fenster waren noch erleuchtet. Evy kannte sich aus, sie wußte, wem sie gehörten, und sagte zu John: »Ihr Neffe ist noch auf und auch der Verwalter. Die haben beide offenbar auf Sie gewartet.«
    »Vom Verwalter verstehe ich das ja«, meinte John. »Aber Huldrich hat doch von Ihnen erfahren, daß Sie mich zurückbringen.«
    »Ich werde ihm noch Guten Abend sagen«, entschloß sich Evy.
    »Und ich sage dem Trenkler noch, daß er sich aufs Ohr legen kann«, meinte John.
    So geschah es auch. Nachdem die beiden aus dem Wagen geklettert waren und sich gegenseitig versichert hatten, sehr bald wieder voneinander zu hören, ging Evy zu Huldrich und John zum Verwalter Trenkler, der im Lehnstuhl von der anschlagenden Türglocke aus einem Nickerchen gerissen wurde und nicht unglücklich war, als er erfuhr, daß er seinen Schlaf viel bequemer nun im Bett fortsetzen könne.
    »Noch rasch eine Frage«, sagte Miller. »Bei wem hat mein Neffe seine Hauptschulden?«
    »Bei der Niederdeutschen Bank.«
    »Können Sie mich morgen zu der bringen?«
    »Sicher. Warum?« fragte Trenkler mit dem verschlafenen Gesicht eines Mannes, der soeben einen lebhaften Traum von seiner Ehrung als Schützenkönig, der er in Wirklichkeit noch

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