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Das Gift der alten Heimat

Das Gift der alten Heimat

Titel: Das Gift der alten Heimat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Zweck.«
    Evy sah ihm deprimiert zu, wie er wieder ein volles Glas Schnaps in sich hineinschüttete.
    »Ich seh' schon«, sagte sie dann resignierend, »mit dir kann man heute nicht mehr reden. Du mußt erst wieder nüchtern werden, dann geht's vielleicht besser.« Sie blickte ihn dabei kopfschüttelnd an. »Zu hoffen wäre es.«
    Sie erhob sich und ging ohne Gruß.
    John Miller saß im Direktionszimmer der Niederdeutschen Bank und studierte die Schuldenkonten seines Neffen. Direktor Dr. Bitz saß ihm gegenüber und ordnete die Wechsel, die in den Zeiten der Kredite geplatzt waren und die die alte Bank übernommen hatte, um sich das Gut zu sichern.
    »Es sieht hoffnungslos aus, Mister Miller«, meinte Dr. Bitz. »Allein für mehr als dreihunderttausend Mark Kontoschulden! Dazu rechne ich die Kredite, die Hypotheken und die Anleihen. Das Gut stellt nach fachmännischer Schätzung freilich immer noch einen Millionenwert dar, der allerdings durch die Überschuldung schon enorm gesunken ist.«
    »Logisch.« Miller schob die Kontenauszüge zur Seite. »Und was haben Sie nun vor, Herr Direktor?«
    »Mir bleibt keine andere Wahl mehr.« Dr. Bitz hob beide Hände. »Ich bin verantwortlich für alle nicht zurückgezahlten Kredite. Ich muß sehr bald auf einer Rückzahlung bestehen, und wenn dies nicht möglich ist, auf einer Zwangsversteigerung des Gutes. Es tut mir leid um den alten Familienbesitz, aber es geht auch um die Belange meiner Bank. Ich habe, wenn ich das so kraß ausdrücken darf, unseren Aufsichtsrat im Nacken, verstehen Sie?«
    Miller winkte ab.
    »Sie müssen sich nicht entschuldigen! Mein Neffe taugt nichts! Das ist alles!« Er blickte Dr. Bitz groß an. »Verkaufen Sie die Schulden meines Neffen an mich?«
    »Verkaufen? Wie soll ich das verstehen?«
    »Ich bezahle Ihnen den Gesamtbetrag innerhalb einiger Tage. Das muß über Amerika laufen. Aber dies soll nicht eine Tilgung der Schulden meines Neffen sein, sondern ich will die Schulden als Gläubiger übernehmen. Sie treten mir einfach die Schulden gegen den von mir erstatteten Gesamtbetrag ab.«
    »Das ist nicht üblich.« Dr. Bitz kratzte sich am Kopf. »Warum wollen Sie nicht abwarten, bis das Gut versteigert wird? Dann bekommen Sie es wesentlich billiger als jetzt.«
    »Ich verfolge damit einen bestimmten Zweck.« John Miller legte das Scheckbuch seiner amerikanischen Hausbank auf den Tisch. »Stellen Sie die genaue Summe fest, und Sie bekommen von mir sofort einen Scheck in gleicher Höhe. Rufen Sie meine Bank an, die Sie dem Scheckbuch entnehmen können, und vergewissern Sie sich, daß keiner vor Ihnen sitzt, der unhaltbares Gerede vom Stapel läßt. Verlangen Sie den Boß selbst. Das ist Mister Richard Vancouver. Sagen Sie ihm mein Code-Wort: Albatros. Das wird genügen. Sie bekommen dann von ihm die benötigten Auskünfte. Wenn nicht, geben Sie ihn mir selbst, und ich ziehe ihm die Hammelbeine lang. Meine Stimme erkennt er, hat er einmal gesagt, und wenn sie ihm dreimal um den Erdball herum in sein Ohr dringt. Okay? Zuletzt übertragen Sie in einem Übereignungsabkommen die Gläubigerrechte an mich. Das wär's! Oder nicht?«
    Die Sprache eines Großkapitalisten, dachte Dr. Bitz beeindruckt, obwohl er jeden Tag mit Leuten zu tun hatte, die auch nicht auf das Sozialamt angewiesen waren. Zwischen deutschen Kapitalisten und amerikanischen gab es aber anscheinend doch noch Unterschiede.
    »Das wäre etwas Neues im Bankwesen«, meinte Dr. Bitz zögernd.
    John Miller winkte ab.
    »Ich weiß, was Sie sagen wollen, aber es wird keine Schwierigkeiten geben – keine juristischen Nachspiele! Darauf können Sie sich verlassen. Daß ich mit der Bezahlung der Schuldsumme praktisch der Herr des Gutes bin, ist ohnehin klar. Mein Neffe hat ausgedient! Also – machen wir es so?«
    Dr. Bitz nickte.
    »Wenn's nach mir geht – ja! Ich möchte mich aber noch absichern, Mister Miller, das –«
    »Ich habe Ihnen ja gesagt, rufen Sie den Vancouver an«, unterbrach John.
    »Nicht nur das, Mister Miller! Ich möchte mir auch den Segen unseres Aufsichtsrats-Vorsitzenden einholen.«
    »Können Sie ihn erreichen?«
    »Ja, telefonisch.«
    »Wie lange wird's dauern?«
    Dr. Bitz überlegte kurz.
    »Ich mache Ihnen einen Vorschlag, Mister Miller«, sagte er dann. »Lassen Sie mir eine Stunde Zeit. Inzwischen können Sie sich unsere Stadt ein bißchen ansehen. Bis Sie zurückkommen, wird alles fertig sein, auch die Vereinbarung, die ich meiner Sekretärin diktieren werde.

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