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Das Gift der alten Heimat

Das Gift der alten Heimat

Titel: Das Gift der alten Heimat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nie geworden war, hatte abbrechen müssen.
    »Darüber sprechen wir morgen«, antwortete John. »Arrangieren Sie aber unsere Fahrt bitte so, Gerhard, daß niemand davon etwas merkt, vor allem nicht mein Neffe.«
    »Gut«, nickte der Verwalter und hätte um ein Haar noch einmal gefragt: Warum?
    Keineswegs schon geschlafen hatte hingegen Huldrich v. Chowelitz, als Evy bei ihm eintrat und ihn lächelnd begrüßte. Das Zimmer war total verqualmt, der große Aschenbecher drohte überzuquellen. Eine zur Hälfte geleerte Cognacflasche auf dem Tisch, kündete davon, daß ein Mann mit ihr beschäftigt gewesen war, der Kummer hatte oder mit sich allein etwas hatte feiern wollen. Ersteres traf hier zu.
    »Duuu?« sagte Huldrich, sich etwas mühsam erhebend, gedehnt, als er Evy erblickte. Seine Augen, mit denen er über ihre Schulter zur Tür hinschaute, waren trübe. »Wo hast du meinen Onkel gelassen?«
    Evy setzte sich unaufgefordert.
    »Der ging noch zu Trenkler, bei dem auch noch Licht brannte. Er will ihm Bescheid sagen, daß er schon da ist. Anschließend geht er schlafen.«
    »Gott sei Dank! Ich bin froh, wenn ich ihn nicht mehr sehe.«
    »Wieso?« fragte Evy scharf. »Was hast du?«
    »Er soll dich in Ruhe lassen, der alte Sack!«
    Der alte Sack! Genau dasselbe hatte noch vor wenigen Stunden auch Evy selbst über John Miller gedacht, aber jetzt fuhr sie Huldrich an: »Du solltest dich schämen! Er will von mir nichts! Und ich nichts von ihm, obwohl er ein imponierender Mann ist und kein alter Sack!«
    »Du schwärmst ja schon von ihm!« Das wollte Huldrich ironisch gesagt haben, aber der Alkohol verwehrte ihm das. Es glich deshalb viel eher einem Gejammer, aus dem Selbstmitleid klang.
    »Du bist ein Idiot!« sagte Evy zornig. »Ein Riesenidiot!«
    »Danke, meine Liebe.« Huldrich zeigte auf die Flasche. »Willst du?«
    »Nein! Es genügt, wenn hier einer betrunken ist!«
    »Ich bin nicht betrunken«, sagte Huldrich, genau das, was alle sagen, die nicht nüchtern sind.
    »Außerdem gehe ich gleich wieder«, fuhr Evy fort. »Ich wollte dir nur mitteilen, daß dir dein Onkel einen überraschenden Vorschlag machen wird. Verrate ihm aber nicht, daß ich dich schon darauf vorbereitet habe. Und widersetze dich ihm nicht! Hörst du, ich bitte dich eindringlich darum, widersetz dich ihm nicht!«
    Huldrich blickte sie eine Weile trübe an.
    »Welchen Vorschlag?«
    »Du sollst nach Amerika gehen.«
    »Und dort verhungern?« Darüber konnte Huldrich nur bitter lachen.
    »Nein!« sagte Evy. »Arbeiten sollst du dort!«
    Nun versuchte Huldrich es noch einmal mit Ironie, und diesmal gelang es ihm schon besser.
    »Wo?« fragte er. »Vielleicht in seinem Geschäft?«
    »Ja.«
    »Hat er denn eines?«
    »Nicht nur eines.«
    Huldrich zuckte.
    »Mehrere?«
    »Ja.«
    »Hat er dir das gesagt?«
    »Nicht direkt.«
    »Was heißt, nicht direkt?«
    »Er hat sich verplappert.«
    »Wie verplappert?«
    »Ich hatte ihn wörtlich gefragt: ›Haben Sie drüben kein Geschäft, wo er Fuß fassen könnte?‹«
    »Wer er?«
    Evy verdrehte die Augen.
    »Du!«
    »Und?«
    »Darauf hat er wörtlich geantwortet: ›Ja, in einem Geschäft von mir könnte man's mit ihm versuchen.‹«
    Huldrich guckte wieder benebelt.
    »Kapierst du das nicht?« sagte Evy verärgert. »›In einem Geschäft von mir‹ – das bedeutet, er hat mehrere! Wenn er nur eines hätte, hätte er gesagt: ›Ja, in meinem Geschäft könnte man's mit ihm versuchen.‹ Klar?«
    »Klar«, nickte Huldrich, obwohl ihm das durchaus nicht klar war. Es hatte auch kaum Gewicht für ihn. Bedeutung hatte für ihn bei allem nur noch eines, und dies kam zum Ausdruck, als er Evy fragte: »Würdest du mitkommen?«
    »Wohin?«
    »Nach Amerika.«
    »Bist du verrückt?« stieß sie hervor. »Eibenhain verlassen?«
    »Siehst du?« sagte er mit bitterem Lächeln.
    »Wie kommst du auf mich?« regte sich Evy auf. »Das ist doch Wahnsinn! Um dich geht's doch, nicht um mich!«
    Huldrich winkte wegwerfend mit der Hand.
    »Was mit mir ist, ist mir egal. Nur zusammen mit dir wäre mir das noch wichtig.«
    »Um Himmels willen, rede keinen solchen Unsinn, Huldrich!«
    »Das ist kein Unsinn, Evy.«
    »Wieso nicht?«
    »Weil ich dich liebe, ich habe dir das schon tausendmal gesagt.«
    »Und du glaubst, das wäre der richtige Beweis von dir, wenn du dich fallenläßt?«
    Die Schwierigkeiten für ihn, sich auszudrücken, wurden immer größer.
    »Weißt du«, sagte er, »weißt du, ich … ach was, es hat ja doch keinen

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