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Das Gift der Engel

Das Gift der Engel

Titel: Das Gift der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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alles mit einem Sammelsurium von Mikros, Kabeln und Geräten vollgestellt. Mittendrin stand ein schwarz glänzender Flügel.
    »Setzen wir uns.« Pitt wies auf ein Cordsofa, das eine solche Menge an Flecken aufwies, dass man unmöglich sagen konnte, welche Farbe es mal besessen hatte.
    »Keine Sorge, das ist alles trocken«, sagte Pitt und zog sich einen Klappstuhl heran. »Es ist beim Streichen der Wände passiert.«
    Alban und Simone versanken in dem Möbel. Es blieb Alban gar nichts anderes übrig, als die flegelhafte Haltung einzunehmen, die er so oft missbilligend bei jungen Leuten beobachtet hatte.
    »Das war die merkwürdigste Sache, die ich je gemacht habe«, sagte Pitt. »Und ich habe keine Ahnung, was das für Musik war. Die Musiker, die hier saßen, hatte ich vorher noch nie gesehen.«
    »Sie kannten die Musiker nicht?«, fragte Alban. »Aber Sie haben doch hier das Sagen, oder nicht?«
    »Wir sollten erst mal klären, ob wir wirklich von demselben Projekt sprechen. Sonst brauchen wir uns gar nicht weiter zu unterhalten. Möchten Sie was trinken? Wasser?«
    Simone und Alban nickten. Pitt ging nach nebenan und kam mit einer Mineralwasserflasche und drei Gläsern zurück. Er stellte alles auf einen kleinen runden Tisch, der neben dem Sofa stand, und schenkte sorgfältig ein. Dann nahm er die Zigarette wieder in den Mund, die er in einem kleinen Aschenbecher hatte vor sich hin qualmen lassen.
    »Was war das denn für ein Stück auf der CD?«, fragte er.
    Alban begann das Stück zu beschreiben – die Akkorde der Violinen und die komplizierten harmonischen Entwicklungen.
    Pitt winkte ab. »Dieses Klassik-Vokabular verstehe ich gar nicht. War es langsam oder schnell?«
    »Langsam«, sagte Alban. »Sehr langsam sogar.«
    Der Studiobetreiber nickte nachdenklich und stand auf. »Probieren wir’s mal«, sagte er. Er ging wieder in den Vorraum. Durch die geöffnete Tür war zu sehen, wie er mit ein paar CDs in der Hand den Bereich hinter der Scheibe betrat. Er betätigte ein paar Knöpfe.
    »Können Sie mich hören?« Seine Stimme kam jetzt aus den Lautsprechern. Alban und Simone nickten.
    »Es geht los.«
    Musik erklang, und Alban erkannte sofort, dass es die Arie war. Genau das hatte er im Auto auf dem Rückweg von Dennekamps Antiquariat gehört, allerdings war die Tonqualität wesentlich schlechter gewesen. Hier klang alles gestochen scharf. Alban schloss unwillkürlich die Augen. Er hatte das Gefühl, die Musiker säßen vor ihm im Raum.
    Als er die Augen wieder öffnete, war Pitt zurückgekommen. Er wollte etwas sagen, aber Alban senkte beschwichtigend die Arme. Er wollte in Ruhe zu Ende hören. So zog die Orchesterbegleitung der Arie langsam vorbei.
    »Das ist es«, sagte Alban in die Stille hinein, die auf den letzten Akkord folgte.
    Pitt zwinkerte Simone zu. »Gefällt’s dir auch?«
    »Überwältigend«, sagte sie.
    »Wo hatten Sie eigentlich das Cembalo her?«, wollte Alban wissen.
    »Das haben die Musiker mitgebracht. Wie gesagt – ich war organisatorisch an der Sache nicht beteiligt. Das ging schon los, als ich den Auftrag bekam …« Er sah Alban einen Moment nachdenklich an, dann schüttelte er den Kopf. »Vergessen Sie es. Das hat nichts mit der Musik zu tun. Und ich weiß den Namen des Komponisten nicht. Ich kann Ihnen also nicht helfen. Die Story ist hier zu Ende.«
    »Augenblick«, sagte Alban. »Sie müssen doch wenigstens wissen, für wen Sie die Aufnahme gemacht haben.«
    »Ich weiß nicht, wer es war. Ich bekam nur einen Anruf, und jemand fragte mich, ob ich eine Aufnahme machen könnte, die einen Tag dauert. Er fragte, was das kosten würde. Ich sagte ihm den Preis, und er war einverstanden. Ein paar Tage nach dem Anruf fand ich in meinem Briefkasten ein Kuvert mit der Hälfte der Summe, die ich gefordert hatte – in bar. Außerdem einen Brief mit genauen Anweisungen, was ich mit den fertigen Aufnahmen machen sollte.«
    Alban schüttelte den Kopf. »Und da stand kein Name?«
    »Ich weiß bis heute nicht, wer der Mann war. Als der Termin anstand, lief aber alles perfekt. Die Musiker trafen ein, legten die Noten zurecht, und dann ging’s los. Wir haben um halb zehn angefangen, und nachmittags um drei war alles gestorben. Den Rest des Geldes hatte ich bald danach im Briefkasten. Ungewöhnlich. Aber nicht verboten.« Pitt drückte die Zigarette aus und begann sich sofort eine neue zu drehen.
    »Wie lange ist das her?«
    »Bestimmt zwei, drei Jahre.«
    »Kennen Sie Namen der Musiker?«,

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