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Das Gift der Engel

Das Gift der Engel

Titel: Das Gift der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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Besucherparkplatz. Alban bog ab und gelangte auf eine asphaltierte Fläche. Seitlich ging ein schmaler gefliester Fußweg ab.
    Sie stiegen aus, folgten dem Weg, und dann sahen sie das Heim oberhalb am Hang liegen. Es war ein großes gelbes Gebäude mit nass glänzendem Schieferdach. Eine lange Reihe weiß umrandeter Fenster starrte ihnen entgegen.
    Alban blieb stehen. »Wirkt das nicht etwas seltsam, wenn wir da reinspazieren und fragen, wer auf Zimmer 50 wohnt?«
    »So geht das auch nicht. Wir müssen direkt zu dem Zimmer gehen, ohne nach links und rechts zu schauen. Als wüssten wir genau, wo wir hinwollen.«
    »Und wenn es einen Pförtner gibt, bei dem man sich anmelden muss? Das Haus sieht recht nobel aus. Da ist so etwas zu erwarten.«
    »Da ist eben wieder eine Legende gefragt. Wie wär’s damit: Wir sagen, wir wollen uns nach einem Heimplatz für deine Mutter erkundigen. Dann schicken sie uns sicher zur Verwaltung. Vielleicht kriegen wir dort irgendwie raus, wer in dem Zimmer wohnt. Und dann tun wir so, als wollten wir ihn besuchen.«
    »Das ist aber schwierig, plausibel zu machen, wenn wir fünf Minuten vorher noch selbst auf der Suche nach einem Heimplatz waren.«
    »Da fällt uns schon was ein. Los, gehen wir.«
    Der Weg führte in einer Serpentine über eine Wiese zu einem großen Platz, der sich vor dem Eingang des Seniorenheimes erstreckte. Hier konnte ohne Weiteres eine Limousine vorfahren, um die Senioren zu bringen oder abzuholen. Ein kleiner Springbrunnen gluckerte neben dem gläsernen Eingang.
    Sie gelangten in einen Empfangsraum, der an ein luxuriöses Hotel erinnerte. Der Boden war mit unregelmäßig geformten rötlichen Kacheln gefliest, an den Wänden hingen große Ölgemälde mit südlichen Landschaften. Es gab bequeme Sitzgruppen, von riesigen Pflanzen in Terrakottatöpfen umrahmt. Alban registrierte sanft plätschernde Musik, die aus versteckten Lautsprechern drang. Mozarts Klavierkonzert Nr. 21. Der langsame Satz.
    Wie in einem Hotel gab es auch eine Art Rezeption. Ein Tresen aus dunkelrotem Holz. Dahinter war niemand zu sehen. Die ganze Halle war menschenleer. »Los«, zischte Simone und zupfte an Albans Ärmel, »hier lang.«
    Auf einer Glastür war in goldfarbenen Buchstaben ein Wegweiser angebracht: »Erdgeschoss 50 – 55, 1. Stock 55 – 60«. Sie drückte die Tür auf. Gleich neben der Treppe ging es in einen von Teppichboden gedämpften Flur. Sie fanden das Zimmer mit der goldenen 50. Unter den Ziffern befand sich ein Schild mit dem Namen des Bewohners. Simone warf Alban einen erstaunten Blick zu. Er nickte. Auch er hatte plötzlich das Gefühl, dass sich hier ein Kreis schloss. »Therese von Schaumburg«, murmelte er und streckte die Hand nach der Klinke aus.
    »Kann ich Ihnen helfen?«
    Die Stimme kam unerwartet von hinten, und Alban zuckte erschrocken zusammen. Da stand eine junge dunkelhaarige Pflegerin in blendend weißem Kittel. Sie wirkte nicht aggressiv oder abweisend, eher dienstbeflissen.
    »Wir wollten …«, begann Simone, doch Alban fiel ihr ins Wort.
    »Wir möchten Frau von Schaumburg besuchen.«
    Die Pflegerin lächelte, als hätte Alban ihr ein großzügiges Geschenk gemacht. »Da wird sie sich freuen. Sie bekommt ja so wenig Besuch. Nur hin und wieder mal von ihrem Großneffen … Sagen Sie, sind Sie schon mal hier gewesen? Ich kann mich gar nicht erinnern.«
    Alban schüttelte den Kopf. »Ich habe sie lange nicht gesehen. Aber wir sind alte Bekannte.«
    »In dem Fall muss ich Sie warnen. Vielleicht wird sie Sie nicht erkennen.«
    »Wie alt ist sie eigentlich mittlerweile?«
    »Sie ist vor drei Jahren hundert geworden. Damals waren viele Gratulanten hier.«
    Alban tat so, als würde er nachdenken. »Ich erinnere mich. Ich konnte leider nicht dabei sein. Ich war auf Reisen.«
    Die Pflegerin klopfte an die Tür. »Frau von Schaumburg«, rief sie in einer Tonlage, als sei die Gräfin nicht über hundert, sondern gerade mal drei Jahre alt.
    Sie klopfte wieder. »Vielleicht schläft sie. Ich werde mal nachsehen.«
    Vorsichtig drückte sie die Klinke hinunter, öffnete die Tür und ging hinein. Kurz darauf winkte sie Alban und Simone, nachzukommen.
    »Frau von Schaumburg, Besuch für Sie!«, rief sie laut und deutlich.
    Alban hatte das Gefühl, eine Zeitmaschine hätte ihn ein Jahrhundert zurückversetzt. Schwere Eichenmöbel an den Wänden. Mitten im Zimmer ein Konzertflügel – nicht schwarz, sondern aus dunkelbraunem Holz. Dicke Teppiche bedeckten den

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