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Das Gift der Engel

Das Gift der Engel

Titel: Das Gift der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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Köln ankamen und in eine schmale Straße in der Nähe der Severinsbrücke einbogen. Links und rechts reihten sich Mietshäuser. Man hätte kaum vermutet, dass sich hier ein Musikstudio befand.
    Alban parkte den Wagen. Zusammen unter einen Schirm gedrängt, liefen sie zu der Hausnummer, die auf dem Stempel gestanden hatte. »Amadeus-Studio/Pitt« stand neben dem unteren Klingelknopf.
    Alban klingelte. Es dauerte nicht lange, bis der Summer ertönte.
    Sie öffneten die Tür und blickten in ein gekacheltes Treppenhaus. Alban schüttelte auf der Straße den nassen Schirm aus. Dann folgten sie einem Metallschild mit der Aufschrift »Studio« und einem Pfeil, der die Treppe hinunterwies. Vor einer geöffneten Wohnungstür stand ein junger Mann und blickte ihnen entgegen.
    »Ich dachte, es wäre die Post«, brummte er.
    »Leider nein«, sagte Alban.
    Der Mann mochte um die dreißig sein. Er war unrasiert, und seine aschblonden Haare waren streng zu einem Zopf zusammengefasst. Er wirkte ungepflegt. Das Gesicht war picklig, und Bartstoppeln bedeckten sein Kinn. Lässig stand er da und rauchte eine selbst gedrehte Zigarette. »Was gibt’s denn?«
    »Sind Sie Herr Pitt?«
    Der Mann nickte, und Alban zog die CD-Hülle aus der Tasche. »Ich habe eine Frage wegen einer Aufnahme, die Sie gemacht haben.«
    Der Vorraum war eng, der Schirm tropfte, aber Pitt bat Alban und Simone nicht herein.
    »Das ist ja nur die Box.«
    »Auf dem Blatt ist Ihr Stempel.«
    Pitt nahm das Blatt in Augenschein. »Offensichtlich. Da war mal eine Aufnahme von mir drin.«
    »Dürfen wir vielleicht reinkommen?«, fragte Simone ungehalten.
    Pitt zog an der Zigarette und öffnete die Tür. »Viel Zeit habe ich aber nicht.«
    Alban und Simone betraten einen Raum mit schwarz gestrichenen Wänden, der mit Kabeln, Lautsprechern, Steckern, undefinierbaren Geräten, Notenpulten und Papierkram vollgestopft war. Auf der einen Seite war eine Glasscheibe zu erkennen. Dahinter erstreckte sich ein Mischpult mit einer ganzen Batterie von Knöpfen.
    »Die CD habe ich leider nicht mehr«, sagte Alban. »Es war Barockmusik drauf, und ich würde gern wissen, was das für ein Werk war.«
    »Barockmusik?« Pitt runzelte die Stirn.
    »Eine Barockarie. Oder zumindest eine Arie im Barockstil. Das heißt: Eigentlich war es nur die Begleitung.«
    Der Studiobesitzer ging zu einem kleinen Tisch, der inmitten des Durcheinanders an der Wand stand, und drückte in einem Aschenbecher seine Zigarette aus. »Klassik produziere ich nicht.«
    Er griff in die Tasche seiner verwaschenen Jeans, holte ein blaues Plastikpäckchen mit Drehtabak heraus und klemmte es unter den Arm, während er sich eine neue Zigarette drehte.
    Alban fragte sich, warum der Mann seine Firma dann »Amadeus-Studio« nannte. »Streicher«, sagte er. »Violinen, Bratschen, Celli. Ein Kontrabass. Dazu noch ein Cembalo.«
    Pitt leckte das Papier ab, klebte die Zigarette zu und zündete sie an.
    »Cembalo? Jetzt weiß ich, was Sie meinen. So was hab ich mal gemacht.«
    »Hier?«, wunderte sich Alban. »Ist das nicht ein bisschen eng?«
    Pitt schüttelte den Kopf. »Nebenan ist noch ein größeres Studio. Aber was wollen Sie denn eigentlich? Worum geht’s?«
    Alban erklärte, dass er in einem Antiquariat in Bonn an die CD gekommen war. »Das Stück gefällt mir einfach. Ich möchte wissen, was es ist.«
    Pitt pustete nachdenklich blauen Rauch in die Luft. »Kann ich mir vorstellen.«
    »Was soll das heißen?«, fragte Alban.
    »Sie sind nicht zufällig vom Finanzamt oder so?«
    »Aber nein«, sagte Alban. »Ich bin Musikkritiker.« Er wies auf Simone. »Und das hier ist …«
    »Ist gut, ich weiß schon Bescheid.«
    Alban ärgerte sich, aber er sagte nichts. Sollte der Mann doch denken, was er wollte. »Es geht mir nur um diese Musik. Sie wissen doch, wie das ist. Man hört irgendwas irgendwo, und es geht einem nicht mehr aus dem Kopf. Man setzt Himmel und Hölle in Bewegung …«
    Pitt nickte und grinste Simone unverschämt an. Und während Alban sich noch fragte, was das zu bedeuten hatte, bemerkte er, dass Simone einfach zurückgrinste. Zwischen diesen jungen Leuten schien es eine Art Code zu geben, wie man sich wortlos verständigte. Einen Code, den man nicht mehr verstand, wenn man ein gewisses Alter überschritten hatte.
    »Kommen Sie hier rüber.« Pitt öffnete eine schwarz gestrichene Tür. Dahinter erstreckte sich ein weiterer Raum, viel größer als der, in dem sie bis jetzt gestanden hatten. Auch hier war

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