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Das Gift der Engel

Das Gift der Engel

Titel: Das Gift der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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gesehen.«
    »Der eine Raum noch«, sagte Alban.
    »Nikolaus, es ist gefährlich.«
    »Danach gehen wir. Ganz sicher.«
    Er öffnete die Tür. Sie verbarg zunächst nichts als Finsternis. Alban tastete links und rechts an den Wänden entlang und drückte auf einen Schalter. Licht flackerte auf und beleuchtete einen Saal mit kahlen bräunlichen Wänden, ungefähr so groß wie ein Klassenzimmer. Auf der gegenüberliegenden Seite erhob sich ein Podest wie eine kleine Bühne, das im Hintergrund von einem schwarzen Vorhang begrenzt wurde. Auf der Bühne stand etwas, das mit seinen dünnen Beinen aussah wie ein fremdartiges, riesiges Insekt. Ein Cembalo.
    Der vordere Bereich des Raumes war leer bis auf drei Stühle, die ordentlich nebeneinander standen.
    »Was ist das hier?«, fragte Simone.
    »Ein Sänger braucht einen Konzertsaal. Und das hier ist einer. Allerdings nur für ein kleines Publikum. Ich denke, es bestand lediglich aus Dr. Joch, Bernardi und Frau von Schaumburg oder ihrem Neffen.«
    Alban trat in den Raum hinein und sah sich weiter um. In der rechten Ecke stand eine Videokamera auf einem Stativ. Sie war genau auf die kleine Bühne gerichtet.
    Er betrat das Podest und drehte sich um. Hier hatte er gestanden und seinen Förderern vorgesungen. Arien, die sein ganzes Können erforderten. Und weil es hier oben kein Orchester gab und man wegen der Geheimhaltung des Projekts keines engagieren konnte, mussten sie entweder mit der dünnen Cembalobegleitung vorliebnehmen oder …
    Alban wandte sich um, griff in den Vorhang und zog ihn zur Seite. Die restliche Tiefe des Saales betrug gut und gern noch einmal drei Meter. Der Raum war angefüllt mit Elektronik. Eine Stereoanlage, zwei große Boxen auf rollbaren Stativen. Daneben ein großer hölzerner Notenständer. Alban öffnete einen hohen Schrank, und sein Blick fiel auf Stapel von Noten und CDs. Er sah das Material durch und stieß immer wieder auf den Stempel des Amadeus Studios in Köln.
    Er schloss den Schrank wieder und atmete tief durch. Die Anspannung fiel von ihm ab. Jetzt hatten sie wirklich genug gesehen.
    Simone war ihm nicht auf die kleine Bühne gefolgt. Sie stand neben den drei Stühlen und fixierte wieder ihr Handy.
    »Was ist dahinten?«, fragte sie.
    »Das Material aus dem Studio in Köln. Wie wir vermutet haben: Übungsmaterial für den großen Sänger. Gehen wir.«
    Simone sah auf und nickte. Es war nicht zu übersehen, dass sie erleichtert war.
    Alban wollte gerade von dem Podest heruntersteigen, da bemerkte er eine Bewegung auf der anderen Seite des Raumes.
    Die Tür öffnete sich.
    Simone sah seinen erstaunten Blick. Sie drehte sich um und blieb überrascht stehen.
    Im Türrahmen stand eine kleine Frau. Sie mochte um die vierzig Jahre alt sein. Ihr Kopf war von glatt anliegendem schwarzem Haar umschlossen. Ein paar Atemzüge lang geschah nichts, außer dass die Frau, die reglos stehen blieb, Alban und Simone mit einem Ausdruck größter Furcht anstarrte und sich ein seltsames Seufzen ihrem geöffneten Mund entrang.
    Dann kam plötzlich Leben in sie. Sie ging einen Schritt zurück, packte die Tür und knallte sie zu.
    Simone, die nur ein paar Meter entfernt stand, setzte sich in Bewegung. Ein unmissverständliches metallisches Knirschen deutete darauf, dass die Frau auf der anderen Seite den Schlüssel herumgedreht hatte.

     
    Es rasen zwar die Autos, und auch das Donnern eines Zuges, der durch das nächtliche Tal braust, lässt ihn manchmal aufhorchen. Aber diese Geräusche haben kein Leben. Sie sind tot. Die Welt ist tot.
    Der Junge setzt langsam einen Schritt vor den anderen. Er hat wieder Häuser erreicht. Bald wird er am Ziel sein. An der Stelle, an der die Nixe anlegt und ihn auf die andere Seite bringt.
    Einmal sieht er von Weitem eine Gruppe Menschen. Er drückt sich an die nächste Mauer.
    An der langen Promenade, wo die Anlegestelle sein soll, wartet eine dunkle Gestalt.
    Ein Mann.
    Er tritt in den Lichtkegel einer Straßenlaterne, und der Junge erkennt ihn. Vor Schreck bleibt er wie angewurzelt stehen, während der Mann langsam auf ihn zukommt. Und jetzt erkennt der Junge auch, dass er ein kleines Blatt Papier in der Hand hat. Der Zettel, den er in seinem Zimmer vergessen hat. In der anderen Hand glänzt etwas Silbernes.
    Der Junge hört den Mann raunen. Schön, dass du da bist Domenico. Hast versucht auszureißen? Lassen wir es gut sein. Lass uns wieder zurückfahren.
    Plötzlich, in einem letzten Impuls, will der Junge fliehen. Die

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