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Das Gift der Engel

Das Gift der Engel

Titel: Das Gift der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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jemanden, der kulturell interessiert war, war Jochs Schatz an Büchern und CDs zu klein und sehr merkwürdig zusammengestellt. Es gab hauptsächlich Instrumentalmusik und nur ganz wenig Oper. Keine einzige Gesamtaufnahme, nur ein paar Kompilationen mit Angela Gheorghiu, Maria Callas und anderen.
    Er nahm sich die Bücher vor. Auch hier sah er sofort, dass vieles fehlte, was man bei einem Musikkenner eigentlich erwartete. Es gab keinen Opern- und keinen Konzertführer. Keine einzige Komponistenbiografie.
    Alban betrachtete das Wenige, was im Regal stand. Ein paar Taschenbuchausgaben von Klassikern: Eichendorff. Schiller. Friedenthals Goethe-Biografie. Eine alte Ausgabe des Brockhaus-Lexikons. Weiter unten Bildbände. Griechische Kunst, römische Kunst. Mehrere Bücher über die Toskana.
    Wo sind die Programmhefte?, dachte Alban. Jeder, der regelmäßig ins Konzert geht, sammelt doch die Programmhefte! Oder er hat zumindest die Vorschaubroschüren der Konzertsäle und Opernhäuser griffbereit.
    Aber davon war nichts zu sehen. Vielleicht steckten sie ebenfalls in den Tiefen dieses Sekretärs?
    Alban ging die Bücherreihe weiter ab. Sein Blick glitt über abgegriffene Bände. Ein bisschen Böll, ein bisschen Grass. Ein paar Taschenbücher. Reich-Ranickis »Mein Leben«.
    Kurz bevor er das Ende des Regals erreichte, fiel sein Blick auf ein ziemlich dünnes Buch, das sich von den umstehenden dickeren Bänden abhob. Der Rücken war schlicht und weiß. Es trug den Namen einer Autorin, von der Alban noch nie etwas gehört hatte: Dagmar Dennekamp. Der Titel des Buches war etwas kleiner kursiv gedruckt. Es hieß »Mondschatten«. Alban wollte den schmalen Band gerade aus dem Regal nehmen, da meldete sich Joch.
    »Ich habe jetzt alle Schubladen durch«, sagte er und stand auf. »Bei den letzten ist es doch ziemlich schnell gegangen.«
    »Gibt es einen Hinweis?«, fragte Alban.
    Joch hatte drei Stapel auf dem Glastisch angelegt. Kontoauszüge, Briefe und Kalender. Daneben lagen die sechs kleinen Schubladen.
    »Was steht denn in den Kalendern?«, fragte Alban.
    »Nicht viel«, sagte Joch. »Schauen Sie selbst.« Er nahm den Stapel und hielt ihn Alban hin. Es waren Werbegeschenke von der Deutschen Bank. Alban blätterte sie durch und fand keinen einzigen Eintrag.
    »Keine Ahnung, warum er sie gehortet hat«, sagte Joch. »Die Kontoauszüge sind übrigens auch unvollständig. Aber darum kann ich mich zu gegebener Zeit kümmern.«
    Alban legte den Kalenderstapel zurück.
    »Da waren wir wohl nicht sehr erfolgreich«, sagte Joch, während er die Schubladen aufeinanderstapelte, um sie zum Sekretär zurückzutragen.
    »Kommt drauf an«, meinte Alban. »Haben Sie auch das Geheimfach untersucht?«
    Joch, der gerade damit begonnen hatte, die Schubladen zurückzustecken, hielt inne. »Geheimfach?«
    »Diese alten Sekretäre haben immer ein Geheimfach. Manchmal sogar mehrere.«
    Joch beendete seine Arbeit und trat einen Schritt zurück. »Klären Sie mich bitte auf.«
    Alban betrachtete den Sekretär genau. Er hatte sich vor ein paar Jahren mit Antiquitäten beschäftigt, und bevor er Lea kennengelernt hatte, war er mit der Besitzerin eines Antiquitätengeschäfts in Düsseldorf befreundet gewesen.
    Er zog eine der Schubladen wieder heraus, und griff in die Öffnung. Dann trat er an die Seite und verglich die Tiefe der Schublade mit der Gesamttiefe des Möbels.
    »Manchmal«, erklärte er, »gibt es einen zusätzlichen Raum hinter den Schubladen.«
    Er nahm sich das offene Fach in der Mitte vor. Vorsichtig tastete er an den Wänden entlang. Schließlich fanden seine Finger ein rundes Loch auf der hinteren Seite. Das Brett ließ sich leicht herausnehmen, und ein weiterer Hohlraum entstand.
    »Ist da etwas?«, fragte Joch, aber Alban war noch nicht fertig. Er ertastete mit den Fingerspitzen einen kleinen Riegel. Plötzlich ging es noch ein Stück weiter in den Sekretär hinein. Alban bekam etwas zu fassen, was sich in dem Geheimfach befand, und förderte es zutage. Es waren zwei kleine Schlüssel.
    »Erstaunlich«, sagte Joch.
    »Sie müssten sich den Rest der Wohnung noch einmal ansehen. Die Schlüssel sehen aus, als wenn sie zu einer Kassette oder einer abschließbaren Mappe gehören. Hier im Wohnzimmer scheint sie nicht zu sein.«
    Joch nickte. »Ich werde das untersuchen«, sagte er und verließ den Raum.
    Alban ging zum Regal zurück und zog das Buch mit dem Titel »Mondschatten« hervor. Als er es aufschlug, bemerkte er einen

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