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Das Gift der Schmetterlinge (German Edition)

Das Gift der Schmetterlinge (German Edition)

Titel: Das Gift der Schmetterlinge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.E. Higgins
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bekommen!«
    »Er ist längst über alle Berge«, sagte mein Vater. »Er hat, was er haben wollte.« Als er sich umdrehte, sah ich mit Schrecken, wie blass er war, als wäre alles Leben aus ihm gewichen.
    »Vielleicht haben die Zeitungen recht«, sagte er ruhig. »Vielleicht verdiene ich das ja tatsächlich.«
    »Niemand verdient so etwas«, sagte ich hitzig. »Und wer ist denn Gulliver Truepin, dass er über dich richtet?« Ich ballte die Fäuste. »Ich schwöre dir, wenn ich ihn je finde …«
    Papa schüttelte den Kopf. »Nein, Gewalt ist nicht die Antwort.« Er streckte die Hand aus und stützte sich Halt suchend an der Wand ab. »Die beste Rache ist es, solche Methoden nicht nachzuahmen.«
    »Wie kannst du so etwas sagen?« Ich konnte nicht anders, ich schrie fast. »Du glaubst doch wohl nicht, dass Truepin straflos davonkommen soll?«
    Plötzlich stöhnte Vater auf und drückte die Hand an die Brust, dann brach er auf dem Steinboden zusammen. Ich ging sofort neben ihm in die Hocke und bettete seinen Kopf auf meine Knie. Seine Augen waren weit aufgerissen, sein Körper wurde starr und sein Atem ging rasselnd und ungleichmäßig.
    »Hector«, sagte er keuchend, »ich habe immer befürchtet, dass man mein Geheimnis eines Tages aufdecken würde. Nur habe ich nicht geahnt, wie schlimm es kommen könnte. Es tut mir so leid – ich habe einen großen Fehler begangen.«
    Ich unterdrückte meine Tränen, schüttelte den Kopf und sagte, das sei doch jetzt nicht wichtig. Seine Haut hatte inzwischen einen leicht grünlichen Schimmer angenommen und seine Lippen waren blau. Mühsam griff er nach meinem Arm und zog mich näher zu sich heran, damit ich hören würde, was er zu sagen hatte.
    »Für mich ist es zu spät, aber nicht für dich«, flüsterte er. »Gib auf dich acht. Ich weiß, du bist jetzt wütend, aber vergiss nicht, wenn du mit den Wölfen heulst, wirst du selber zum Wolf. Willst du das wirklich?«
    »Ich will nur Gerechtigkeit«, schluchzte ich.
    Papa lächelte. »Du wirst das Richtige tun, ich weiß es«, hauchte er. Dann verzerrte sich sein Gesicht. Seine Finger schlossen sich krampfartig um meinen Arm. Er stieß einen langen, tiefen Seufzer aus, sein Griff lockerte sich, und da wusste ich, dass er tot war.
    Ich saß im trostlos dunklen Schmetterlingshaus und umklammerte den schwarzen Kokon an meinem Hals, bis meine Fingerknöchel weiß wurden. »Dann eben nicht Gerechtigkeit«, murmelte ich, »sondern Rache.«
    Salve,
    dein Freund Hector

Kapitel 7

    Fitchs Waisenhaus für ausgesetzte Babys und verlassene Jungen
    A
ußer Hector gab es keine Trauernden bei Augustus Fitzbaudlys Begräbnis. Der Vikar verzog widerwillig das Gesicht, weil es regnete, er las eine kurze Passage aus der Bibel und flüchtete danach schleunigst unter das schützende Kirchendach – damit hielt er sich mit der Ausübung seiner Pflicht genau an die geringe Summe, die er dafür bekommen hatte. Dem Totengräber fiel es in Ermangelung einer Hilfe schwer, den Sarg im Grab zu versenken. Er murmelte die ganze Zeit griesgrämig vor sich hin, bis Hector schließlich benommen vortrat und mit anfasste. Die billige Holzkiste hatte bereits Risse in den Fugen und kam kaum einen Meter unter der Erde zu liegen. Für eine Einzelgrabstätte hatte Hector kein Geld und so war sein Vater über einem anderen Toten bestattet worden. Während die Erdbrocken polternd auf den Sargdeckel fielen, ging Hector über den Friedhof davon. Er schämte sich zutiefst, dass sein Vater in einem Armengrab liegen musste, und gelobte, diesen schändlichen Zustand so bald wie möglich zu beheben, und wenn er den Sarg eigenhändig ausbuddeln und transportieren müsste.
    Hector hatte keine Ahnung, wohin er sich wenden sollte, und es war ihm im Augenblick auch egal. Er ging weiter und weiter, vorbei an den Schnapsläden und Ginleitungen. Ob sie wirklich einmal seinem Vater gehört hatten? Er stieß auf wenig vertrauenerweckende Straßennamen: Fetter’s Gate, Melancholy Lane, Old Goat’s Alley. Es waren Namen, die ihm bald nur zu vertraut werden sollten. Im Dämmerlicht der engen Straßen nahm er überall geschäftiges Treiben wahr. Aber diesmal spürte er weder den Kitzel des Abenteuers, noch empfand er etwas außergewöhnlich Lebendiges in sich; er fühlte sich nur halb tot und voller Angst.
    Vor wenigen Stunden hatte er den breiten, gut beleuchteten Straßen und gepflegten Plätzen der Nordstadt endgültig den Rücken gekehrt. Er war an der Reihe glänzender Kutschen

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