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Das Gift des Boesen

Das Gift des Boesen

Titel: Das Gift des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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denken, das im Boden versickert war - und mit ihm Xaos Leben. Mit wackligen Schritten trug er den verstümmelten Leichnam bis zum Ende des Pfades, wo die ersten Hütten des Dorfes standen und wo auch das leise Gurgeln des Flusses zu hören war.
    Dort glitt Xaos Körper aus Yags kraftlos werdenden Armen und schlug hart zu Boden, während Yag selbst mit irrem Blick über die anderen Leichen, die zwischen den Hütten lagen, hinwegstieg und wie von einem Magneten angezogen auf die Hütte des Häuptlings zuwankte - die Hütte, in der auch Nada lebte.
    Gelebt hatte.
    Um Yag drehte sich alles. Sein Blut rauschte wie ein Sturm in den Ohren. Überall sah er vertraute, zu Grimassen erstarrte Gesichter, die ihm Herz und Verstand eng und enger schnürten.
    Vor dem Eingang zur Häuptlingshütte stieß er schließlich auf Vater Enrico, der nicht lag, sondern dahockte, den Rücken gegen einen Pfosten gelehnt, aber ebenfalls tot war. Er sah aus, als hätte er versucht, jemandem den Eintritt in die Hütte zu verwehren.
    Benommen und kaum noch einer klaren Überlegung fähig, fragte sich Yag, wie viele Jaguare den Stamm überrascht haben mußten, damit ihnen ein solches Massaker gelingen konnte. Nirgends lag eine einzige tote Raubkatze.
    Yag taumelte an dem toten Missionar vorbei ins Innere der Unterkunft.
    Den Häuptling sah er nicht - vielleicht war er rechtzeitig geflohen oder an einer anderen Stelle des Dorfes gestorben -, aber Nada war da. Sie war in die Feuerstelle in der Mitte der Hütte gestürzt und hatte die Glut darin mit ihrem Leib erstickt. Ihre Kehle war zerfetzt, das Gesicht auf den Rücken gedreht, und ihre Augen waren zu keinem Erkennen mehr fähig, als Yag sich ihnen näherte.
    Auch Nada war tot.
    Alle waren tot ...
    Er wollte gerade neben ihr zusammenbrechen, als er Geräusche hörte. Draußen vor der Hütte. Waren die Bestien noch da? Hatten sie gewittert, daß neue Nahrung eingetroffen war .?
    Yag spürte keinerlei Angst. Sie war mit Nada, mit Xao, mit allen anderen Mitgliedern des Stammes gestorben!
    Er drehte sich um und trat aus dem Halbdunkel der Hütte ins Sonnenlicht zurück.
    Neben Vater Enrico erhob sich eine Frauengestalt, als hätte sie den Missionar vor Yags Auftauchen gerade auf einen vielleicht doch noch vorhandenen Lebensfunken hin untersucht. Sie sprach Yag in der Ursprache der Enu an, aber das wurde ihm kaum bewußt: »Hast du gesehen, wer das getan hat?«
    Schweigend starrte er sie an. Er bezweifelte, daß sie war, was sie schien. Er bezweifelte, daß irgend etwas von dem, was seine Augen ihm zeigten, noch die Wirklichkeit wiedergab. Und diese Frau . war zu schön, zu zerbrechlich und stand zu unbeteiligt inmitten all der Greuel, als daß sein Verstand sie hätte akzeptieren können.
    »Rede!«
    Verblüfft spürte Yag den unwiderstehlichen Wunsch, sie nicht länger auf seine Antwort warten zu lassen. »Nein. Ich kam auch gerade erst zurück.«
    »Zurück?«
    »Von der Jagd.«
    Sie schien zu verstehen. Einen Moment schwieg sie, dann legte sie den Kopf ein wenig schief und fragte: »Riechst du das auch?«
    Er wußte nicht, wovon sie sprach.
    »Den Gestank!« erklärte sie.
    »Der Toten?« fragte er.
    Sie verneinte. »Es ist etwas anderes . Schärferes . Ich bin ihm schon hierher gefolgt. Er erinnert mich an .«
    Sie verstummte. Dann kam sie auf Yag zu. Sie war etwas größer als er. Schwarzes Haar umrahmte ein schmales Gesicht mit hohen Wangenknochen und ausgeprägten Lippen. Die Augen schimmerten grün. Sie sahen aus wie Perlen, die unter einer dünnen Schicht Wasser hervorschimmerten. Der Ausdruck darin ließ Yag schaudern.
    Er wollte zurückweichen, aber der grüne, saugende Blick hielt ihn fest.
    »Du bist der einzige Überlebende«, sagte sie mit rauchiger Stim-me. »Und vor mir liegt noch ein weiter Weg. Es wäre unklug, eine Stärkung auszuschlagen.«
    Yag hatte nicht das Gefühl, daß sie wirklich mit ihm redete. Es erinnerte an ein Selbstgespräch, und er begriff auch nicht, worauf sie hinauswollte - wie sie überhaupt an Essen denken konnte angesichts all des Elends .
    Noch näher trat sie. Yag spürte ihren Atem auf seinem Gesicht.
    »Wie heißt du?«
    »Yag.«
    »Ich heiße Lilith.«
    Yag spürte ähnliche Bestürzung wie bei Xaos oder Nadas Anblick, als die fremde Frau in der sonderbaren Kleidung mit der Hand in sein krauses Haar griff und seinen Kopf in den Nacken bog.
    Er unternahm nichts dagegen. Er konnte es nicht. Sein Hals straffte sich. Die Muskulatur trat hervor - aber die

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