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Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)

Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)

Titel: Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Kelly
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weiter.«
    » Bist du nie auf den Gedanken gekommen, der Polizei zu sagen, was wirklich passiert ist?«
    » Schätzchen, natürlich bin ich das. Ich habe es auch zu Rex gesagt, als ich ihn besucht habe, aber er wollte nichts davon hören. Er sagte, das Einzige, was ihn aufrechthält, ist die Gewissheit, dass wir beide, du und ich, absolut sicher sind. Er hat es getan, um uns zu beschützen.«
    » Aber da steckt noch mehr dahinter«, sagte ich. Ich hatte mir vorgenommen, des Babys wegen einigermaßen nüchtern zu bleiben, aber jetzt goss ich mir doch noch ein Glas Wein ein. » Er gibt sich die Schuld daran, wie eure Mutter gestorben ist, und er gibt sich die Schuld daran, dass du sie gefunden hast. Das ist seine verkorkste Vorstellung von Buße für etwas, das überhaupt nicht seine Schuld war.«
    » Hör zu, jetzt ist es passiert«, sagte sie müde.
    » Aber er hat es nicht getan! Er sitzt im Gefängnis für einen Mord, den du begangen hast! Weißt du, was im Gefängnis passiert? Im Gefängnis werden Männer vergewaltigt. Heroin und Banden und Prügel und…« Ich hatte Biba schockieren wollen, um sie aus ihrem lakonischen Gleichmut zu reißen, aber anscheinend brachte ich mich mit diesen Vorstellungen nur selbst in Bedrängnis. » Hörst du mir überhaupt zu? Wir reden hier über deinen Bruder!« Voller Wut in Rex’ Namen packte ich sie bei den Schultern und wollte sie schütteln, aber die Bewegung weckte das Kind, das erstickt aufschrie, bevor es wieder einschlief. Ich ließ Biba los. Sie schwieg eine ganze Weile, ließ den Wein in ihrem Glas kreisen und runzelte die Stirn.
    » Ich war damals sehr wütend auf ihn«, sagte sie schließlich.
    » Warum?«
    » Er hat mich angelogen, Karen. Wir hatten uns geschworen, alles, was meinen Dad betraf, zusammen zu tun. Es war schlimm genug, dass er hinter meinem Rücken solche Briefe geschrieben hat, aber Guy davon zu erzählen, Guy, diesem verdammten Idioten… Rex hat mich total verraten. Rex, dem ich mehr vertraut habe als irgendjemandem sonst… Ich konnte nicht mehr klar denken. Weißt du, was ich dachte, als er sagte, wir beide sollten verschwinden? Ich dachte, das ist verdammt das Mindeste, was er tun kann, nachdem er mich so sehr verraten hat.«
    Ich nahm ihre Hand in meine, und mein Schuldbewusstsein raubte mir die Luft. Als ich dann antwortete, dachte ich nur daran, die Kluft zwischen Bruder und Schwester zu schließen.
    » Biba, das hat er nicht getan«, sagte ich.
    » Was soll das heißen?«
    » Rex hat Guy nicht von den Briefen erzählt. Das war ich.« Ihre Hand zuckte unter meiner, und sie zog sie weg.
    » Du warst das? Du?« Sie zündete sich eine Zigarette an, und automatisch stand ich auf und öffnete wegen des Babys das Fenster. Biba sprang auf und schlug es wieder zu, und fast hätte sie mir die Finger eingeklemmt. » Wie konntest du?«
    Die Luft im Zimmer war plötzlich wie tot. Zwischen meinen Ohren pochte ein Pulsschlag, und meine Augen vibrierten im Takt eines gedämpften Basses irgendwo im Gebäude– über uns, unter und oder nebenan, konnte ich nicht sagen.
    » Ich wusste doch nicht, was passieren würde, oder?«
    » Ich dachte, du wärest der einzige Mensch, den ich nach Rex noch hatte«, sagte sie. » Aber das zeigt nur, dass man wirklich niemandem vertrauen kann, verdammt.« Sie schnippte mit ihrer Zigarette in Richtung des Babys, absichtlich und voll Wut. Ich wischte das Ascheflöckchen von der Wange des Kindes und brachte es ins Schlafzimmer. Als ich ins Wohnzimmer zurückkam, lief der Fernseher. Sie hat mich nie wieder richtig angesehen.
    In den folgenden Tagen ahmte ich unversehens Rex’ Verhaltensmuster nach: Von Schuldbewusstsein verzehrt, tat ich alles, was mir einfiel, um sie glücklich zu machen. Ich sorgte dafür, dass sie immer Wein und Zigaretten hatte. Kein Kindermädchen in London war so überqualifiziert und unterbezahlt wie ich: Wenn die Kleine nachts aufwachte, war ich diejenige, die aufstand, um sie zu füttern oder ihr die Windeln zu wechseln. Ich kaufte ihr eine Nummer von The Stage und ermunterte sie zum Lesen: Ich würde mich um das Kind kümmern, wenn sie ein Engagement bekäme. Aber sie schlug das Heft nie auf. Ich verkleidete das Baby mit Sommerkleidern und Abendroben ihrer Mutter, um sie zum Lachen zu bringen, aber nichts davon wirkte. Hätte sie nur einmal gelächelt oder wenigstens zur Kenntnis genommen, was ich tat, wäre alles, was sie je falsch gemacht hatte, vergessen gewesen. Aber sie tat es nicht. Sie schlief

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