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Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)

Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)

Titel: Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Kelly
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und von Vätern, die zu ihren Töchtern halten, auch wenn sie stehlen und morden. Ich war nie auf den Gedanken gekommen, dass Kinder, erst recht erwachsene Kinder, sich eine sinnlose Hingabe an einen Vater erhalten können, der sie durch neue Kinder ersetzt hat, so ungerührt wie einer, der sich ein besseres Auto oder ein schöneres Haus kauft.

VIERZEHN
    R ex’ Bewährungshelfer heißt Ben Weaver. Er trieft von der Jugend, dem Eifer, der Aufrichtigkeit und der Inkompetenz eines frisch Examinierten. Zu sagen, er hockt auf der Sofakante, wäre unzutreffend: Er sitzt dagegengelehnt und drückt das Kreuzbein ans Polster. Ich kann nicht sagen, ob das Ensemble aus Hemd, Krawatte und Strickjacke, das er trägt, wahnsinnig trendy ist oder eher das Ergebnis eines absoluten Desinteresses an Bekleidungsfragen; mit dieser Garderobe könnte er zu den schönen, modebewussten jungen Leuten gehören, aber genauso gut könnte er ein einsamer Nerd sein. Er ist sicher nicht mehr als sieben oder acht Jahre jünger als ich, aber der Generationsunterschied ist ein Abgrund.
    Der Zweck des Interviews ist es, Rex in eine Berufslaufbahn zu steuern. Ben benutzt dauernd das Wort » Rehabilitation«, wenn er von der Zeit spricht, in der Rex weg war. Rex nimmt daran keinen Anstoß, aber ich. Er ist nicht wirklich kriminell, nicht wie andere Leute. Es liegt eine bittere Ironie darin, aber wenn wir versuchen wollten, das jemandem zu erklären, würden wir alles aufs Spiel setzen, was wir seit der Nacht seiner Verhaftung erreicht haben.
    » Die meisten Leute, mit denen ich zu tun habe, haben nicht das Glück, in Umstände zu kommen, wie Rex sie vorgefunden hat«, sagt Ben, und seine horngeränderten Brillengläser beschlagen vom Dampf aus seiner Teetasse. » Ich meine, sie haben nicht alle eine solche Familieneinheit, die sie erwartet. Ich will ganz ehrlich sein: Ich bin es gewohnt, sie geradewegs ins Sozialhilfesystem abzuschieben, weil ich weiß, dass sie sowieso im Handumdrehen wieder straffällig werden.«
    » Aber nicht Rex«, sage ich so ruhig, wie ich kann.
    » Absolut! Nicht Rex«, sagt Ben und strahlt. Wieder studiert er die Papiere vor ihm. » Jedenfalls, für die Arbeitssuchendenförderung kommt er nicht infrage, weil Sie ihn unterstützen. Tja… Während Ihrer Rehabilitation haben Sie ein Diplom in Systemanalyse erworben. » Was bedeutet das genau?«
    » Das ist eine IT -Qualifikation«, sagt Rex. » Computer. Inzwischen wäre ich promoviert, wenn sie mich nicht vorzeitig entlassen hätten, die Mistkerle.« Sein Pokerface erstrahlt eine Sekunde später in einem Lächeln und gibt Ben die Erlaubnis, nervös zu wiehern.
    » Haha! Sehr gut. Jedenfalls, gratuliere. Es klingt jetzt vielleicht pessimistisch, aber am einfachsten ist es, wenn wir so vorgehen, dass wir alles ausschließen, was Sie nicht können, bevor wir über das reden, was Sie können. Ein polizeiliches Führungszeugnis gehört in den meisten Branchen zu den Standardvoraussetzungen; Sie werden also die Sicherheitsanforderungen eines Großunternehmens nicht erfüllen. Der Öffentliche Dienst wird ebenfalls heikel sein. Und selbstverständlich kommt eine Arbeit mit Kindern oder verletzlichen Personen überhaupt nicht in Betracht…«
    » Und welche Möglichkeiten habe ich dann?«, fragte Rex. » Ich will arbeiten, wissen Sie.«
    » Das höre ich gern. Wir wollen ja auch, dass Sie arbeiten. Hmm. Können Sie sich nicht selbstständig machen wie diese Leute, die Computer reparieren?«, schlägt Ben vor. » Als meine Festplatte ausgefallen ist, hätte ich alles dafür gegeben, wenn ein Typ aus der Nachbarschaft vorbeigekommen wäre und das Ding in Ordnung gebracht hätte. Am Ende musste ich sie zu Dixons zurückbringen. Sie könnten zu Hause arbeiten.«
    Die Vorstellung, dass Rex den Tisch mit mir teilt und immer hier ist, löst einen Anfall von Klaustrophobie aus, der mir die Lunge anschwellen lässt und die Kehle zuschnürt. Ich konzentriere mich darauf, langsam und beherrscht zu atmen, und vertiefe mich so sehr in diese Aufgabe, dass mir der Rest des Gesprächs entgeht und Bens Anwesenheit mir erst wieder bewusst wird, als er aufsteht, um sich zu verabschieden. Er ist an der Tür, bevor ich den Mut finde, ihm meine letzte Frage zu stellen.
    » Ben? Wie leicht ist es für jemanden, Rex zu finden? Ich meine, wenn jemand aus dem Gefängnis ihn hier aufspüren will? Oder kann jemand aus der Nachbarschaft herausfinden, wo er herkommt?«
    » Na ja, man kann eigentlich jeden finden,

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