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Das gläserne Paradies

Das gläserne Paradies

Titel: Das gläserne Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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sollte nicht in Erfüllung gehen: Anfang August, acht Tage nach dem heftigen Streit zwischen ihm und Wanda, trafen sich alle Beteiligten im »Schwarzen Adler«. Karl der Schweizer Flein, Gustav Müller Sohn, Martin Ehrenpreis, Christoph Stanzer – diejenigen, die viel Geld in Wandas Holzkästchen gelegt hatten, waren genauso anwesend wie die, die kleinere Einlagen gemacht hatten. Bis auf Griseldis – die nach einem Gespräch mit ihrem Sohn, der von der Idee seiner Mutter nichts wissen wollte, einen Rückzieher gemacht hatte – fanden sich alle fünfundzwanzig Namen, die in Wandas Kassenbuch notiert waren, an diesem Abend auch auf der Absichtserklärung wieder, die zum Zwecke der Genossenschaftsgründung unterschrieben wurde.
    Der Plan lautete, daß jeder später durch seine Einlagen anteilig Inhaber der Glashütte werden würde. Immer wieder wurden die Bierhumpen gehoben, um auf die große, gute Idee zu trinken. Christoph Stanzer, der Glasmeister der ehemaligen Mutterglashütte, hob zudem sein Glas darauf, daß die Gründler-Hütte das werden möge, was die Mutterglashütte dreihundert Jahre lang gewesen war: der Mittelpunkt von Lauscha, ein Treffpunkt für jedermann, ein Ort, dem sich alle zugehörig fühlen würden. Auf diesen Trinkspruch hin gab Benno, der Wirt, eine Extrarunde aus.
    Im Beisein von Alois Gründler, der wieder an seinem alten Platz am Stammtisch saß und sich in dem sonnigen Gefühl aalte, wohlgelitten zu sein, wurde außerdem vereinbart, daß Karl der Schweizer Flein, Martin Ehrenpreisund Gustav Müller Sohn in den kommenden Tagen nach Sonneberg zur Bank fahren sollten, um sich um ein Darlehen zu bemühen. Selbstverständlich würden die drei dafür von der Arbeit freigestellt, bestätigte Alois Gründler, der strahlte, als wäre alles seine eigene Idee gewesen. Natürlich sei ihm sehr daran gelegen, eine Lauschaer Glashütte in Lauschaer Händen zu sehen, deshalb würde er den Kaufinteressenten aus Lauscha die gleiche Chance einräumen wie dem Sonneberger Verleger, dessen Namen er nicht nennen wollte. Sollte es den Lauschaern gelingen, bis zum 20. September das Geld für den Kauf der Hütte aufzutreiben, würden sie den Zuschlag bekommen und der Verleger das Nachsehen haben. Sollten die Lauschaer das Geld allerdings nicht auftreiben können …
    Großspurig winkten die Glasbläser ab. Natürlich würden sie erfolgreich sein! Die Frage nach einem Darlehen wäre angesichts des schon beträchtlichen Startkapitals sicher nur eine reine Formsache.
    Gustav Müller Sohns Vorschlag, Wanda solle sie auf dem Gang zur Bank begleiten, wurde von allen begrüßt. Eine Amerikanerin mit kaufmännischer Bildung und Kontakten zu Geschäftsleuten wie Franklin Woolworth wäre bei solchen Verhandlungen sicher hilfreich. Und man mußte sich nur anschauen, wie sie Thomas Heimers’ alte Werkstatt auf Trab gebracht hatte, um zu wissen, was in dem Mädchen steckte! Wanda, die immer wieder versuchte zu erklären, daß es mit ihrer kaufmännischen Bildung nicht weit her sei, wurde kein Gehör geschenkt. Bescheiden sei sie auch noch, die Amerikanerin, hieß es statt dessen plötzlich lobend.
    Am Ende blieb Wanda nichts anderes übrig, als sich als Frau mit Geschäftssinn feiern zu lassen.
    Grimmig schaute Richard dabei zu.

20. K APITEL
    Noch auf der Trittstufe des Zuges wurde Wanda derart von der Sonne geblendet, daß sie halbblind auf den Bahnsteig taumelte. Dabei rempelte sie eine Botenfrau an, die kurz vor ihr aus dem Zug gestiegen war. Glas klirrte. Die Frau, schwer beladen mit Huckelkorb und einer zusätzlichen Tragetasche, setzte zu einem lautstarken Fluch an, brach aber ab, als sie erkannte, wer sie angerempelt hatte.
    Â»Ach, die Amerikanerin! Na, da wünsch ich euch viel Glück! Wo doch heute der große Tag ist …« Fast ehrfurchtsvoll schaute sie Wanda und ihre drei Begleiter an.
    Â»Ein bißchen Glück können wir sicher gebrauchen«, erwiderte Wanda, während sie ihre Augen gegen das grelle Licht abschirmte.
    Â»Glück, ach was!« schnaufte Karl der Schweizer Flein. »Höchstens das Glück der Tüchtigen!«
    Schon am Morgen stand die Sonne so hoch am Himmel, daß ihr Strahlen von keinem Baumwipfel, keinem Berghang und erst recht von keiner Hausfassade gebrochen wurde.
    Hätte ich doch nur

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