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Das gläserne Paradies

Das gläserne Paradies

Titel: Das gläserne Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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deshalb fielen, weil sich die Verleger im Preiskampf gegenseitig zu unterbieten versuchten.
    Doch diese Zeiten würden bald der Vergangenheit angehören – dem Himmel sei Dank! Andererseits, der Himmel hatte nicht viel damit zu tun, der heutige Banktermin und Strobels geschäftlicher Einfallsreichtum dafür um so mehr.
    Mit einem bösen Grinsen tupfte sich Friedhelm Strobel mit seinem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. Vor einem der vielen Schaufenster blieb er stehen, um unauffällig seine Erscheinung zu prüfen.
    Nein, die Jahre hatten es nicht gut gemeint mit ihm.
    Er hatte jene herbe Attraktivität verloren, die ihn seine Jugend hindurch begleitet und Männer wie Frauen gleichermaßen angesprochen hatte. Tiefe Falten hatten sich in sein Gesicht gegraben. An Tagen wie diesem, bestimmt von Verdruß und lästigen Pflichten, schienen sie nochtiefer zu sein. Sie erzählten nicht von Scharfsinn und der Weisheit des Alters, sondern von einem verlebten Leben.
    Strobel reckte das Kinn nach oben, hob die Augenlider nur halb und versuchte sich an seinem berühmten arroganten Blick. Früher, da war es den Leuten anders geworden, wenn er sie so von oben angeschaut hatte.
    Strobel schluckte. Vorsichtig, als vermute er Gräten in seinem Mund.
    Seine schmale Nase, die früher der eines Falken geähnelt hatte, war nur noch eine schwache Erhebung. Die Nasenflügel waren eingefallen, auf dem linken hatte sich ein häßlicher Leberfleck gebildet.
    Seine Spürnase … Was hatte er sich darauf eingebildet! Das also war von ihr übriggeblieben.
    Nachdem er dem Ladenbesitzer, in dessen Fenster er so ausgiebig gestarrt hatte, einen Gruß zugeworfen hatte, marschierte er wieder los. Wieviel lieber hätte er den Laden betreten und dem Mann eine Ohrfeige verpaßt! Einfach so.
    Strobel spürte, wie seine Aggressivität anschwoll. Ihm war danach, seinen Stachel auszufahren wie eine Wespe, die nach einem langen, heißen Sommer ihr eigenes Ende nahen spürt.
    Als Tand hatte der Münchner Einkäufer seine Waren bezeichnet. Auch so etwas wäre früher undenkbar gewesen. Sicher, Einkäufer hatten schon immer mit harten Bandagen gekämpft, aber keiner hätte es gewagt, ihm, Friedhelm Strobel, derart freche, aufsässige Blicke zuzuwerfen und dabei –
    Strobel schluckte erneut. Vor lauter Trockenheit klebten seine Mundwinkel zusammen. Die Gräten hatten sich in seinem Hals verkantet und rieben und drückten.
    Kunst wollte er haben, ha! Dieser aufgeblasene Gockel.Schrie nach Kunst, aber zahlen wollte er nur für Tand. So waren sie, allesamt!
    Auch an diesem Tag hätte Strobel seine rechte Hand auf den Ausgang seines Verkaufsgespräches verwettet: Nach einer erneuten und schmerzhaften Runde Preisdrückerei war der sogenannte Tand plötzlich für den feinen Münchner Herrn wieder recht attraktiv geworden. Die Bestellmengen hätten in früheren Zeiten ausgereicht, ein zufriedenes Lächeln auf Strobels Gesicht zu zeichnen. Wenn er aber die Preise anschaute, die hinter den Bestellungen standen, gelang es ihm nicht einmal mehr, die Erinnerung an ein Lächeln hervorzurufen.
    So konnte es nicht weitergehen.
    Und deshalb war sein Termin im Bankhaus Grosse vielleicht gar keine so lästige Pflicht.
    Vielleicht tat es doch nicht not, den kleinen Bankangestellten, dessen Name ihm schon wieder nicht einfallen wollte, herunterzuputzen. Er konnte schließlich nichts dafür, daß sein Chef ein Wichtigtuer war, der sich gern rar machte. Der selbst so wichtige Leute wie ihn, Friedhelm Strobel, an seinen Lakaien verwies, obwohl sie sich seit mindestens zwanzig Jahren kannten! Sie trafen sich Woche für Woche im »Schwanen« mit anderen Honoratioren der Stadt, diskutierten über Wohl und Wehe Sonnebergs, tauschten sich aus über die wirtschaftliche Lage im besonderen und allgemeinen. Bei diesen Stammtischen trat Grosse stets als Freund von jedermann auf, aber wehe, er hatte einen Kunden erst einmal an der Angel! Dann hatte er es offenbar nicht mehr nötig, sich höchstpersönlich um dessen Belange zu kümmern. Dann schickte er Lakaien.
    Strobel holte tief Luft. Es machte keinen Sinn, wertvolle Energie an Dummköpfe wie Grosse zu vergeuden. EinesTages würde er dem Mann zeigen, was er wirklich von ihm hielt.
    Aber vielleicht war es gar nicht nötig, Befriedigung aus solch läppischen Dingen zu ziehen.
    Wo doch

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