Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das gläserne Paradies

Das gläserne Paradies

Titel: Das gläserne Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
Vom Netzwerk:
eine viel größere Befriedigung auf ihn wartete.
    Gehörte ihm die Gründler-Hütte erst einmal, würde er in zukünftigen Verkaufsgesprächen ganz andere Karten in der Hand halten.
    Wie viele Glasteile wollen Sie?
    Was, in so kurzer Zeit?
    Kein Problem, dann lass’ ich meine Arbeiter eben länger schuften.
    Ach, zahlen wollen Sie dafür aber nicht? Oder zumindest nicht viel?
    Macht nichts, dann bezahl ich meinen Arbeitern eben auch weniger.
    Ob die nicht murren werden, wollen Sie wissen?
    Das werden sie nicht tun, seien Sie unbesorgt. Arbeitslose Hüttenarbeiter gibt es wie Zecken im Wald.
    Strobel war so in seine Gedanken vertieft – Gedanken, die seine Spucke wieder fließen ließen, Gedanken, die seine Falten glätteten und seinen Blick wieder hochmütig werden ließen –, daß er die junge Frau, die ihm entgegenkam, nicht sah.
    Die Frau, die sich über ihre Schulter hinweg mit jemandem unterhielt, bemerkte den Mann, der ihr mit raschen Schritten entgegenkam, ebenfalls nicht.
    Der Aufprall war weniger hart als unerwartet. Die Frau stieß lediglich einen kleinen Schreckensschrei aus und rieb sich ihren Oberarm.
    Strobel hatte schon Worte wie »Keine Augen im Kopf?« auf der Zunge, als er spürte, wie ein Prickeln seinen Körper durchzog. Eine Art Gänsehaut, nur intensiver. DasPrickeln setzte sich zwischen seinen Beinen fest, und er spürte, wie sein schlaffes Fleisch reagierte. Langsam, wie ein Hund, der eine interessante Fährte mehr ahnt als wittert, hob er die Nase. Blähte die Nasenflügel. Seiner Spürnase.
    Sie war jung. Diese rosige Haut, die dunklen Augen, das herzförmige Gesicht …
    Der Anblick quälte Strobel wie ein Lied, dessen Melodie man nicht mehr abrufen kann. An wen erinnerte ihn diese Fremde?
    Groß war sie. Fast so groß wie er selbst. Kein kleines Mädchen. Drahtig. Mit den Bewegungen eines jungen Rennpferdes. Kein Ackergaul, sondern mit warmem, sehr warmem Blut. Genauso unruhig, so –
    Dieser Blick! So arrogant!
    Eine heiße Woge des Erkennens überflutete ihn. Die Anfangstakte des Liedes, das er so tief in sich vergraben hatte, kehrten zu ihm zurück. Oh, wie gut kannte er diesen Blick, bis heute hatte er ihn nicht vergessen können! Auch damals war es eine junge Frau gewesen, die ihre Unsicherheit sorgfältig dahinter versteckt hatte. Stolz und arrogant hatte auch sie gewirkt, dabei –
    Nein, ihm konnte man in dieser Hinsicht nichts vormachen. Damals nicht und heute nicht.
    Johanna hatte sie geheißen, Johanna Steinmann. Aber halt! Er wollte jetzt nicht an sie denken. Und nicht an damals.
    Während er eine Entschuldigung murmelte und gleichzeitig drei Männer, die ihn unwirsch anstarrten, an sich vorbeiließ, trat er unruhig von einem Bein aufs andere, das Ziehen in seinen Lenden genießend. Energie, die er seit langem nicht mehr gespürt hatte, durchflutete ihn. Holte Erinnerungen zurück, die er längst verloren wähnte.
    Wer war die Fremde?
    Was machte sie hier?
    Und wie –
    Bevor er etwas tun oder sagen konnte, um sie in ein Gespräch zu verwickeln, warf sie ihm einen letzten Blick zu und rauschte davon.

24. K APITEL
    Â»Eines ist mir inzwischen klargeworden: In Ihrer Position bekommen Sie einiges zu sehen …« Strobel nickte bedeutungsvoll in Richtung Tür. Während er sein Gegenüber angrinste, dachte er krampfhaft darüber nach, wie er den Lakaien zum Reden bringen konnte. Ein wenig Schmeichelei hatte schon so manche Zunge gesprächig gemacht. Ein wenig Schmeichelei, und die meisten Menschen ließen sich umdrehen wie ein Omelett. Wer zuvor A gesagt hatte, pflichtete Strobel dann eifrig bei, wenn dieser B sagte. Aber dazu mußte ihm wenigstens der Name seines Gegenübers einfallen … Walter? Wanner? Wagner?
    Â»â€¦ und zu hören«, bestätigte der Bankangestellte und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Die Hände über dem Kopf dachartig verschränkt, dehnte er sich, bis ein Knacken zu hören war. Im Schein des Sonnenlichtes, das durch die vorgeschobenen Fensterläden fiel, glänzten die abgewetzten Ärmel seines Jacketts.
    Strobel biß sich auf die Zunge, doch schon im nächsten Augenblick konnte er sich nicht länger zurückhalten.
    Â»Die junge Dame, der ich gerade auf dem Flur begegnet bin … Mir war so, als würde ich sie kennen.«
    Der Mann dehnte

Weitere Kostenlose Bücher