Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das gläserne Paradies

Das gläserne Paradies

Titel: Das gläserne Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
Vom Netzwerk:
Wandas Reisevorbereitungen war auch eine Überfahrt von New York nach Bremen im Gespräch gewesen. »Bremen wird das Tor Europas nach Amerika genannt«, hatte Steven ihr damals erklärt und im selben Atemzug hinzugefügt, daß er dennoch Hamburg den Vorzug gebe – die Verkehrsverbindungen von dort aus seien doch wesentlich vielfältiger.
    Wanda runzelte die Stirn. Hatte Steven auch etwas von Baumwollieferungen aus den Südstaaten nach Bremen erzählt? Falls ja, konnte sie sich nicht daran erinnern.
    David Wagner legte beide Hände auf den Tisch, als wolle er sagen: Ich spiele mit offenen Karten, keine verdeckten Tricks bei mir!
    Â»Auch ich war skeptisch, als ich von dieser Möglichkeit zum ersten Mal hörte. Es war ausgerechnet Ihr Konkurrent, der mir von der Schlüter-Reederei erzählte.«
    Â»Wie? Was? Was soll das heißen?« fuhr Karl dazwischen.
    Â»Der Verleger? Wieso soll von dem ausgerechnet für uns ein heißer Tip abfallen?« Martin lachte.
    Â»Der erzählt Ihnen Märchen, und Sie glauben daran!« Gustav Müller Sohn blähte sich auf wie ein kampfeslustiger Bulle.
    Wanda schwieg immer noch. Dieses Mal machte Empörung sie sprachlos. Wie naiv war Wagner eigentlich? Wie konnte er hier sitzen, ihnen von einem Geschäft erzählen, auf das ausgerechnet ihr Mitbewerber ihn aufmerksamgemacht hatte? Kein Wunder, daß es in ihrem Bauch grummelte und grummelte!
    Martin Ehrenpreis war schon auf halbem Weg zur Tür, die beiden anderen beschimpften den jungen Bankangestellten, der händeringend um Ruhe bat.
    Wanda befürchtete, im nächsten Moment würde die säuerlich dreinschauende Vorzimmerdame auftauchen und sie mit noch säuerlicherer Miene allesamt aus dem Zimmer werfen.
    Sie ordnete die Kordel ihres Samtbeutels, richtete die Falten ihres Rockes, stellte beide Füße nebeneinander und –
    David Wagner sprang auf und machte ein paar Schritte, als wolle er den Weg zur Tür versperren. Aus einem Regalfach holte er einen Stapel Papier und wedelte damit hektisch in Martins Richtung.
    Â»Ich habe alles gründlich geprüft, die Sache hat Hand und Fuß. Die Reederei existiert, der Rahmenvertrag liegt offenbar zur Unterzeichnung bereit. Ihr sogenannter Konkurrent und ich – wir sind einander … freundschaftlich verbunden. All seine Informationen wurden mir von anderer Seite bestätigt. Von einer Quelle, deren Aussagen ich äußerst ernst nehme. Jemand, der Kontakte direkt in die Reederei hat. Ihr Konkurrent lügt nicht! Ihm liege viel daran, daß eine Lauschaer Glashütte auch in Lauschaer Hände komme, sagt er.« Hektisch sprang Wagners Blick von einem Gesicht zum anderen, blieb auf Wandas Miene einen Moment länger hängen, huschte dann weiter zu Karl.
    Â»Er habe nur deshalb ein Angebot abgegeben, weil Adolf Gründler seinerzeit keinen anderen Kaufinteressenten gefunden hatte. Als Verleger sei es ihm aber wichtig, die Lauschaer Glasindustrie vor dem Aussterben zu bewahren, schließlich lebe er vom Handel mit Glas.«
    Â»Und das nicht schlecht, würde ich sagen!« fuhr Martin Ehrenpreis dazwischen.
    Â»Vor dem Aussterben bewahren – wie redet der denn daher?« plusterte Karl sich auf.
    Â»Wußte gar nicht, daß es unter den Herren Verlegern solche Wohltäter gibt!« spottete Martin.
    Alle drei lachten rauh.
    Wanda entspannte sich ein wenig. Es tat gut zu sehen, daß sich weder Karl noch die beiden anderen blenden ließen. David Wagners Enthusiasmus in allen Ehren – irgendwie fand sie es reizend, wie heftig er sich ins Zeug legte –, aber die drei Männer konnten sehen, was seinem etwas naiven Gemüt bisher scheinbar verborgen geblieben war: Nichts auf der Welt gab es umsonst. Und deshalb mußte man einem solchen Angebot mißtrauen! Vor allem, wenn es von einem Verleger kam.
    Wanda richtete sich auf ihrem Stuhl auf und legte ihre Tasche wieder auf ihren Schoß, bereit, dem Schauspiel noch einen Moment länger zuzusehen.
    Â»Was meint denn die Amerikanerin zu alldem?« sprach Karl sie so abrupt an, daß Wanda fast zusammenschrak.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Eine Frage treibt mich schon lange um …« Langsam schaute sie von einem zum anderen. »Wenn unserem Konkurrenten « – sie betonte das Wort ironisch – »so viel daran gelegen ist, daß die Glasbläser selbst Besitzer der

Weitere Kostenlose Bücher