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Das gläserne Paradies

Das gläserne Paradies

Titel: Das gläserne Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Gründler-Hütte arbeiteten, sich aber durch ihre Anteile darin einkauften, fragten an, wie und in welcher Form sie zukünftig am Geschäft beteiligt werden konnten. Streit blieb dabei nicht aus, jeder hatte unzählige Ideen und war beleidigt, wenn diese nicht sofort von allen begrüßt wurden. Doch alles in allem waren es fruchtbare Abende, Stück für Stück entwickelte sich ein Konzept für die zukünftige Organisation der Hütte, mit dem die meisten leben konnten. Auch Alois Gründler war oft Gast bei diesen Treffen. Die Aussicht, das Geschäft doch noch mit den Lauschaern abschließen zu können, hatte ihn zu einem anderen Mann gemacht. Wie weggewischt war seine starre Miene, jetzt lachte er mit den anderen, argumentierte mit ihnen, gab geschäftliche Dinge preis, bei denen er sich in der Vergangenheit lieber die Zunge abgebissen hätte, als sie zu verraten. »Wenn ich mich im Januar auf den Weg nach Amerika mache, dann mit dem gutenGefühl zu wissen, daß mein Lebenswerk hier in den besten Händen ist!« sagte er eines Abends, und die Glasbläser waren ganz ergriffen von seinen Worten. Die nächste Runde Bier war schnell bestellt, der nächste Trinkspruch auf Alois’ glücklichen Neuanfang in Amerika gerichtet.
    Wanda, der zu Hause die Decke auf den Kopf fiel, war bei den meisten Treffen dabei. »Du spielst mit dem Geld anderer Leute!«  – nach Annas Anfeindung hielt sie sich allerdings weitgehend zurück und antwortete nur, wenn sie ausdrücklich gefragt wurde. Das kam jedoch oft genug vor.
    Â»Du bist wirklich ein Glücksfall für Lauscha!« hatte Maria Flein erst ein paar Tage zuvor zu ihr gesagt. »So begeistert habe ich meinen Karl noch nicht erlebt!« Und sie hatte Wanda dabei an ihre Brust gedrückt, daß dieser fast die Luft wegblieb.
    War ihr eigener anfänglicher Überschwang auch verschwunden, so ergötzte sie sich um so mehr an dem Wir-Gefühl, das sich entwickelte, ohne daß sich die Beteiligten dessen unbedingt bewußt waren. Selbst Richard, der der Sache noch immer skeptisch gegenüberstand, gab zu, daß er die Lauschaer selten so begeistert erlebt hatte. »Jeder für sich ist sehr wohl begeisterungsfähig«, sagte er. »Das waren wir schon immer, kein Wunder bei dem harten Konkurrenzkampf. Aber daß alle gemeinsam an einem Strang ziehen …« Er hatte erstaunt den Kopf geschüttelt. Und Wanda hatte gestrahlt.
    Die Zuversicht der Lauschaer, die Zuneigung, die Wanda allerorts entgegenschlug, ließ sie Richards Gleichgültigkeit leichter ertragen.
    Oh, nach außen hin war er weiterhin ihr treusorgender Verlobter. Schob sogar manchmal Sylvies Kinderwagen, wenn sie einen ihrer seltenen Spaziergänge durch Lauschamachten. So, als wolle er damit sagen: Schaut nur her, ich habe nichts gegen die Machenschaften meiner zukünftigen Frau. Aber wenn sie allein waren, hatte Wanda stets das Gefühl, daß er in seinem tiefsten Innern doch etwas gegen ihre Machenschaften hatte.
    Richard … Der Gedanke an die seltsame Beziehung, die sie führten, ließ Wanda auch jetzt in der Kirchenbank laut aufseufzen.
    Â»Was ist denn los?« brummelte ihr Vater neben ihr. Sie warf ihm einen unsicheren Blick zu.
    Hin und wieder schlich sich die Frage in ihren Kopf, ob ihre Mutter womöglich doch recht gehabt hatte. Stimmte es, daß ein Glasbläser einfach nicht zu ihr paßte?
    Sie versuchte, ihre Gedanken von Richard auf den Gottesdienst zu lenken.
    Statt dessen füllte schon im nächsten Moment wieder die Genossenschaftshütte ihren Kopf. Was für ein nichtssagender Name für solch ein Unterfangen, dachte Wanda, während der Kirchenrat ein Weihgebet anstimmte.
    Sie nahm sich vor, die Frage nach einem neuen Namen für die Hütte beim nächsten Treffen in den Raum zu werfen.
    Beim nächsten Treffen …
    Dann, wenn die Glasbläser tatsächlich Eigentümer der Hütte waren. Was nach dem morgigen Tag, wenn sie auf der Bank die Papiere präsentieren würde, nur noch eine reine Formsache sein dürfte.
    Denn die Schiffe der Bremer Reederei waren längst heil im Heimathafen angekommen. Genauer gesagt, vor zwei Wochen schon.
    Der Wert der Aktien war daraufhin gestiegen und gestiegen und gestiegen. Innerhalb von wenigen Tagen um das Dreifache, dann sogar aufs Vierfache.
    Dreimal waren Wanda, Karl, Gustav und Martin bei David Wagner

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