Das Glasperlenspiel - Versuch einer Lebensbeschreibung des Magister Ludi Josef Knecht samt Knechts hinterlassenen Schriften
Bemühungen doch nicht in Deutschland gedruckt werden. Für mich bedeutet das unter anderem: daß das Buch nun also die Leser, für die es bestimmt war, nicht erreicht . . . Aber ich werde sorgen, daß es wenigstens gedruckt wird. Solange es nur als Manuskript existiert und jeden Tag durch Brand oder Bombe zerstört werden kann, ist mir nicht wohl.« Kurz darauf sandte Hesse die Druckvorlage an den Züricher Verlag Fretz & Wasmuth, wo im Lauf der nächsten Jahre die meisten seiner Bücher neuaufgelegt wurden, die in Deutschland nicht mehr nachgedruckt werden durften. Der Verlagsvertrag über Das Glasperlenspiel wurde am 20.3.1943 abgeschlossen. Am 18.11.1943 lag die in blaues Leinen gebundene zweibändige Buchausgabe vor. Sie konnte
nur in der Schweiz ausgeliefert werden, weil ein Export in das übrige deutschsprachige Gebiet verboten war. So dauerte es fast drei Jahre, bis die erste Auflage von 3000 Exemplaren vergriffen war.
Nach Suhrkamps Rückkehr aus der Schweiz war der Berliner S. Fischer Verlag, dessen Name bereits ab Juli 1942 auf Anordnung des Propagandaministeriums zu verschwinden hatte, unter Gestapo-Aufsicht gestellt worden. Um Suhrkamp unschädlich zu machen, wurde ihm im Herbst 1943 ein Lockspitzel in den Verlag geschickt, der sich anbot, an der Zensur vorbei die für Hesse bestimmte Post zu vermitteln. Da sich Suhrkamp weigerte, darauf einzugehen, den Fall aber nicht den Behörden meldete, hatte man einen Vorwand, ihn wegen Hoch- und Landesverrates verhaften und in ein Konzentrationslager bringen zu können. Dank der Vermittlung einflußreicher Freunde wurde er im Februar 1945, mißhandelt und todkrank, aus dem KZ Sachsenhausen entlassen. Doch glückte es ihm, das Trauma zu überleben. Nach Kriegsende erhielt er als erster deutscher Verleger eine Lizenz zur Veröffentlichung von Büchern »unter der Firma Suhrkamp Verlag, vormals S. Fischer Verlag, Berlin« und konnte im Dezember 1946 die erste in Deutschland erscheinende Ausgabe des Glas perlenspiels veröffentlichen.
Die ersten mehr als 30 Besprechungen des Buches erschienen von 1943 bis 1945 in der Schweiz. In Deutschland erschienen von 1945 bis 1948 etwa 70 Rezensionen. Das Echo war zumeist positiv. Kritisiert wurde der abrupte Schluß des Buches und das Fehlen von Frauengestalten, obwohl auch diese Thematik im Roman selbst nicht ganz ausgespart ist (z. B. im »Indischen Lebenslauf«). So heißt es u. a. im Kapitel »Studienjahre«: »Da es für die Kastalier keine Ehe gibt, gibt es auch keine auf die Ehe hingerichtete Liebesmoral. Da es für den Kastalier kein Geld und so gut wie kein Eigentum gibt, existiert auch die Käuflichkeit der Liebe nicht. Es ist in der Provinz Sitte, daß die Bürgertöchter nicht allzu früh heiraten, und in den Jahren vor der Ehe scheint ihnen der Student und Gelehrte als Geliebter ganz besonders begehrenswert; er fragt nicht nach Herkunft und Vermögen, ist gewohnt, geistige Fähigkeiten den vitalen mindestens gleich zu stellen, hat meistens Phantasie und Humor und muß, da er kein Geld hat, mehr als andere mit dem Einsatz seiner selbst bezahlen. Die Studentenliebste in Kastalien kennt die Frage nicht: Wird er mich heiraten? Nein, er wird sie nicht heiraten. Zwar ist tatsächlich auch dies schon geschehen; es hat sich je und je der seltene Fall ereignet, daß ein Elitestudent auf dem Weg der Heirat in die bürgerliche Welt zurückkehrte unter Verzicht auf Kastalien und die Zugehörigkeit zum Orden«.
In einem noch unveröffentlichten Schreiben (um 1944) an den Dichter Albrecht Goes, der Hesse mitgeteilt hatte, er könne sich eine das Schicksal des Knaben Tito betreffende Fortsetzung des Buches vorstellen, antwortete Hesse: Natürlich könne das Buch vom Glasperlenspiel noch fortgesetzt werden, doch er selber habe es nicht beabsichtigt. Aber solche Vorschläge würden dem Werk ebensowenig gerecht wie jene Rezensenten, die es, »statt die Spielregeln zu erkennen und anzuwenden, ohne die das Buch nicht kapiert werden kann, in vollem, grobem Sinn als Utopie nehmen und dann viel daran auszusetzen haben. Denn das Machen von Utopien ist ja seit Generationen vom Sozialismus gepachtet, der in Utopien natürlich alles weit richtiger, sozialer, paradiesischer darstellt.«
Eine relevantere Frage wirft der Literaturwissenschaftler Hans Mayer auf in seinem 1962 erschienenen Essayband Ansichten zur Literatur der Zeit. Er gibt zu bedenken, ob dieses Buch vielleicht deshalb geschrieben wurde, weil Hesse es für
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