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Das Glück der Familie Rougon - 1

Das Glück der Familie Rougon - 1

Titel: Das Glück der Familie Rougon - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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    »Sie haben mich doch richtig verstanden, Vater? Hier liegt unser Glück! Wir müssen mit all unsern Kräften in dieser Richtung arbeiten. Haben Sie Vertrauen zu mir!«
    »Ich werde getreulich deinen Weisungen folgen«, antwortete Rougon. »Nur vergiß nicht, was ich als Lohn für meine Bemühungen von dir verlangt habe.«
    »Wenn wir ans Ziel kommen, werden sich Ihre Wünsche erfüllen, das schwöre ich Ihnen. Überdies werde ich Ihnen schreiben und Sie führen, entsprechend dem Verlauf, den die Ereignisse nehmen werden. Weder zuviel Angst noch zuviel Begeisterung! Gehorchen Sie mir blindlings!«
    »Was für eine Verschwörung habt ihr denn angezettelt?« fragte Félicité neugierig.
    »Liebe Mutter«, entgegnete Eugène lächelnd, »Sie haben immer zuviel Zweifel in mich gesetzt, als daß ich Ihnen heute meine Hoffnungen anvertrauen könnte, die vorläufig nur auf Wahrscheinlichkeitsrechnungen beruhen. Sie müßten an mich glauben, um mich zu verstehen. Übrigens wird Ihnen mein Vater zu gegebener Stunde alles erklären.« Und als Félicité beleidigt tun wollte, umarmte er sie nochmals und flüsterte ihr ins Ohr: »Ich gleiche dir, wenn du mich auch verleugnet hast. Aber zuviel Klugheit würde in diesem Augenblick schaden. Wenn einmal die Entscheidung vor der Tür steht, sollst du die Sache in die Hand nehmen.« Er ging, dann machte er noch einmal die Tür auf und sagte im Befehlston: »Vor allem Vorsicht Aristide gegenüber! Er ist ein Wirrkopf, der alles verderben würde. Ich habe ihn genau genug beobachtet, um zu wissen, daß er immer wieder auf die Füße fallen wird. Kein Mitleid mit ihm; denn wenn wir unser Glück machen, wird er uns um seinen Anteil zu bestehlen wissen.«
    Als Eugène fort war, versuchte Félicité hinter das Geheimnis zu kommen, das man ihr vorenthielt. Sie kannte ihren Mann zu gut, um ihn offen zu fragen; er würde ihr nur zornig antworten, daß sie das nichts angehe. Aber trotz der klugen Taktik, die sie entfaltete, erfuhr sie ganz und gar nichts. Eugène hatte für diese unruhvolle Stunde, da die größte Verschwiegenheit notwendig war, seinen Vertrauten richtig gewählt. Durch das Vertrauen seines Sohnes geschmeichelt, übertrieb Pierre noch die passive Schwerfälligkeit, die ihm eine ernste und undurchdringliche Gewichtigkeit gab. Als Félicité begriff, daß sie nichts in Erfahrung bringen würde, hörte sie auf, um ihn herumzustreichen. Nur eine einzige Neugierde blieb ihr zurück, die allerquälendste. Die beiden Männer hatten von einem von Pierre selbst ausbedungenen Preis gesprochen. Was für ein Preis mochte das sein? Das war die große Frage für Félicité, der alles Politische gleichgültig war. Sie wußte wohl, daß sich ihr Mann um einen hohen Preis verkauft haben müßte, aber sie brannte darauf, die näheren Umstände dieses Handels kennenzulernen. Eines Abends, als sie sich eben zu Bett gelegt hatten und sie Pierre guter Laune sah, brachte sie die Unterhaltung auf das Verdrießliche ihrer Armut.
    »Es wird höchste Zeit, daß das aufhört«, meinte sie, »wir verbrauchen zuviel Holz und zuviel Öl für die Lampen, seit all diese Herren zu uns kommen. Und wer bezahlt die Rechnung? Niemand vielleicht.«
    Ihr Mann ging in die Falle. Er lächelte mit wohlgefälliger Überlegenheit.
    »Geduld!« sagte er. Dann fuhr er, während er seiner Frau in die Augen sah, mit schlauer Miene fort: »Wärest du am Ende gern Frau Steuerdirektor?«
    Heiße Freude färbte Félicités Gesicht purpurrot. Sie setzte sich im Bett auf und klatschte wie ein Kind in ihre trockenen, alten Hände.
    »Wirklich …?« stotterte sie. »Hier in Plassans …?«
    Pierre antwortete nicht, nickte nur zur Bestätigung langsam mit dem Kopf. Er weidete sich am Erstaunen seiner Gefährtin. Sie erstickte fast vor Erregung.
    »Aber«, fing sie endlich wieder an, »man muß eine riesige Kaution stellen. Ich habe gehört, daß unser Nachbar, Herr Peirotte, achtzigtausend Francs auf dem Schatzamt hinterlegen mußte.«
    »Ach was«, sagte der frühere Ölhändler, »das geht mich nichts an. Eugène wird das alles ordnen. Er wird mir die Kaution durch einen Pariser Bankier vorschießen lassen … Du kannst dir vorstellen, daß ich mir eine Stellung ausgesucht habe, die etwas einbringt. Eugène hat anfänglich ein Gesicht gezogen. Er sagte, man müsse reich sein, um eine derartige Stellung zu bekleiden, und daß man für gewöhnlich einflußreichen Leuten den Vorzug gäbe. Aber ich bin fest geblieben, und da

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