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Das Glück der Familie Rougon - 1

Das Glück der Familie Rougon - 1

Titel: Das Glück der Familie Rougon - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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begehrlicher geworden. Wie allen Frauen war ihr ein Stich ins Geheimnisvolle nicht unlieb. Das heimliche Ziel, das jetzt ihr Mann verfolgte, begeisterte sie mehr, als es jemals die legitimistischen Machenschaften des Herrn de Carnavant zu tun vermocht hatten. Ohne viel Bedauern ließ sie von dem Augenblick an, da ihrem Mann von anderer Seite große Vorteile winkten, die Aussichten auf das Wiederhochkommen des Marquis fahren. Übrigens war sie von bewundernswerter Verschwiegenheit und Vorsicht.
    Im Grunde ihres Herzens wurde sie ständig von einer ängstlichen Neugier gequält; sie beobachtete die leisesten Bewegungen Pierres und bemühte sich zu begreifen. Wenn er sich nun auf falschem Wege befand? Wenn ihn Eugène in irgendein halsbrecherisches Unternehmen hineinzog, aus dem sie noch ausgehungerter und noch ärmer hervorgehen würden? Doch mit der Zeit kam ihr die Zuversicht. Eugène hatte mit solcher Sicherheit seine Anweisungen getroffen, daß sie schließlich doch an ihn glaubte. Außerdem wirkte dabei noch die Macht des Unbekannten mit. Pierre machte ihr geheimnisvolle Andeutungen über hohe Persönlichkeiten, bei denen ihr Ältester in Paris ein und aus ging; sie vermochte sich nicht vorzustellen, was er dort zu tun haben könnte, wohingegen es ihr unmöglich war, die Augen vor den Dummheiten zu verschließen, die Aristide in Plassans beging. In ihrem eigenen Salon scheute man sich nicht, den demokratischen Journalisten mit äußerster Härte zu verurteilen. Granoux nannte ihn knurrend einen Straßenräuber, und Roudier wiederholte zwei oder dreimal wöchentlich Félicité gegenüber: »Ihr Sohn schreibt da schöne Sachen! Gestern erst hat er unseren Freund Vuillet mit empörendem Zynismus angegriffen.«
    Dem stimmte der gesamte Salon bei. Der Kommandant Sicardot sprach davon, seinen Schwiegersohn ohrfeigen zu wollen. Pierre verleugnete seinen Sohn ganz und gar. Die arme Mutter senkte den Kopf und schluckte an ihren Tränen. Zuweilen wäre sie am liebsten losgefahren, hätte Roudier angeschrien, daß ihr lieber Sohn trotz seiner Fehler immer noch mehr tauge als er und alle anderen zusammen. Doch ihr waren die Hände gebunden; sie wollte die so mühsam errungene Stellung nicht gefährden. Wenn sie so sah, wie die ganze Stadt über Aristide herfiel, dachte sie voll Verzweiflung, der Unglücksmensch werde sich zugrunde richten. Zweimal beschwor sie ihn in geheimer Unterredung, zu ihnen zurückzukehren und den gelben Salon nicht länger zu reizen. Aristide erwiderte ihr, sie verstehe nichts von diesen Dingen und sie habe selber einen groben Fehler begangen, als sie ihren Mann dazu brachte, dem Marquis Gefolgschaft zu leisten. Sie mußte ihn also zunächst aufgeben, nahm sich aber fest vor, Eugène, falls dieser Glück haben sollte, zu zwingen, die Beute mit dem armen Jungen zu teilen, der nach wie vor ihr Lieblingskind blieb.
    Nach der Abreise seines ältesten Sohnes lebte Pierre Rougon wie bisher als Reaktionär reinsten Wassers. Nichts schien sich in den Ansichten des berühmten gelben Salons geändert zu haben. Jeden Abend kamen dieselben Männer, um die gleiche Propaganda zugunsten der Monarchie zu treiben, und der Hausherr stimmte ihnen bei und unterstützte sie mit dem gleichen Eifer wie zuvor. Eugène hatte Plassans am 1. Mai verlassen. Einige Tage später schwamm der gelbe Salon in Begeisterung. Man besprach den Brief des Präsidenten der Republik an General Oudinot44, worin die Belagerung Roms beschlossen war. Dieser Brief wurde als ein glänzender Sieg betrachtet, den man der festen Haltung der reaktionären Partei verdankte. Seit 1848 verhandelten die Kammern über die römische Frage45; es blieb einem Bonaparte vorbehalten, durch eine Intervention, deren sich ein freies Frankreich nie schuldig gemacht haben würde, eine Republik in ihrer Entstehung zu ersticken. Der Marquis erklärte, man könne nicht besser für die Sache der Legitimisten arbeiten. Vuillet schrieb einen glänzenden Artikel. Die Begeisterung kannte keine Grenzen mehr, als einen Monat später der Kommandant Sicardot eines Abends bei den Rougons erschien und der ganzen Gesellschaft verkündete, daß die französische Armee vor den Toren Roms kämpfe. Während sich alles in Ausrufen erging, drückte Sicardot dem Hausherrn bedeutungsvoll die Hand. Als er dann Platz genommen hatte, sang er das Lob des Präsidenten der Republik, der, wie er sagte, allein imstande sei, Frankreich vor der Anarchie zu retten.
    »Möge er es doch so schnell wie

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