Das Glück einer Sommernacht
sie.
Sie redete sich ein, dass ihre Zurückhaltung nicht das Geringste mit ihrem abweisenden Chef zu tun hatte. Obwohl sie sich während ihres Frühstücks mit Tom Forbes unwillkürlich immer wieder vorgestellt hatte, wie es wohl gewesen wäre, mit Alex Markoff hier zu sitzen.
Natürlich war er nirgends zu sehen, als sie zurückkam. Dafür wartete Puddin’ auf sie. Irgendjemand hatte die Tür zum Garten offen gelassen, und der Kater hatte es sich auf Kelseys Schreibtischstuhl gemütlich gemacht.
„Du weißt, dass das mit den neun Leben ein Märchen ist, oder?“, sagte sie zu ihm. „In diesem Haus gehst du ein hohes Risiko ein.“
Puddin’ rollte sich einfach auf den Rücken und streckte ihr seinen Bauch hin.
„Du hast gut reden. Du hast keine Geldsorgen.“ Sie hatte diesen Monat eine besonders große Rückzahlung getätigt. Ihr Konto war leer geräumt, ihr blieb kaum genug für die monatlichen Fixkosten. Und Grandma Rosies Schuldenberg war immer noch nicht endgültig getilgt.
Selbst für den Kater war sie daher nicht bereit, noch einmal Alex Markoffs Zorn auf sich zu ziehen. Sie brauchte diesen Job.
„Tut mir leid, mein Lieber, aber das gestern Abend war schon das höchste der Gefühle.“ Da Puddin’ keine Anstalten machte, von selbst aufzustehen, schnappte sie ihn und hob ihn hoch. Sie brachte ihn hinaus und setzte ihn sanft auf die Steinterrasse. „So, jetzt geh und such dir einen schönen Busch, unter dem du schlafen kannst, bevor der Chef dich sieht.“
„Zu spät.“ Wie aus dem Nichts war Alex aufgetaucht. In der gesunden Hand hielt er einen knorrigen Wanderstock.
Wie schaffte er es nur, immer wieder so plötzlich zu erscheinen? Es war wirklich, als sei er eine Art Geist.
Er funkelte Puddin’ an, der davon nicht beeindruckt wirkte. „Das Monster ist immer noch da, wie ich sehe.“
„Guten Morgen, übrigens“, entgegnete Kelsey. Nicht nur, dass von dem Schreck über sein unerwartetes Erscheinen ihre Knie weich geworden waren. Er sah an diesem Morgen noch hinreißender als sonst aus. Die Kaki-Shorts und das Wanderhemd standen ihm unendlich viel besser als Tom. Wahrscheinlich, weil er auch tatsächlich wandert, dachte sie und sah unwillkürlich auf seine muskulösen, gebräunten Waden.
„Das Monster hat einen Namen: Puddin’“, fügte sie schnell hinzu und vertrieb alle anderen Gedanken aus ihrem Kopf.
„Sie haben einem streunenden Kater einen Namen gegeben?“
„Auch Streuner haben ein Recht auf eine eigene Identität.“ Sie kniete sich hin und kraulte Puddin’s Kopf. „Jeder möchte im Leben spüren, dass er für irgendjemanden wichtig ist.“
Alex schwieg, und nur Puddin’s Schnurren füllte die Stille.
„Wo sind Sie heute Morgen hingefahren?“, fragte er plötzlich.
„Führen Sie Buch über meine Aktivitäten?“, gab sie zurück.
„Ich habe Sie wegfahren sehen.“
Kelsey wusste nicht, ob sie über seine Aufmerksamkeit geschmeichelt sein oder sich darüber ärgern sollte. „Ich hatte ein paar Dinge in der Stadt zu erledigen.“
Er sah sie stirnrunzelnd an. Zweifelte er etwa an ihren Worten?
„Sie wissen schon, Post, Lebensmittelladen … Farley hatte frische Apfeltaschen“, erklärte sie. „Ich habe welche mitgebracht, falls Sie interessiert sind.“
Alex schien nur halb zuzuhören. Er rieb sich pausenlos den Nacken. Seine Augen waren halb geschlossen, und er bewegte den Kopf, wie um ihn zu lockern.
„Steifer Hals?“, fragte Kelsey.
Natürlich erntete sie nur wieder einen misstrauischen Blick. „Warum fragen Sie?“
„Sie reiben sich den Nacken genau wie gestern Abend. Ich habe meine Schlüsse daraus gezogen.“
„Sie sollten keine Schlüsse ziehen.“
„Und Sie sollten sich nicht so heftig den Nacken reiben, wenn Sie nicht wollen, dass die Leute ihre Schlüsse daraus ziehen.“
Er verzog über ihren Kommentar das Gesicht. „Ich habe Kopfschmerzen. Weiter nichts.“
Als sie näher hinsah, bemerkte sie die dunklen Ringe unter seinen Augen und den leichten Grauton seiner sonst gebräunten Haut. Der Anblick rief ihre mütterlichen Gefühle wach. Bevor es ihr bewusst wurde, hatte sie den Arm ausgestreckt und ihm die flache Hand an die Stirn gelegt. Seine Haut war kühl und glatt. Ihre Fingerspitzen kribbelten. „Haben Sie schon irgendetwas genommen?“
„Mir geht es gut.“ Seine verschlossene Miene ließ nichts erkennen, aber in seiner Stimme klang leise Anspannung. Es war deutlich, dass er Schmerzen hatte.
Unwillkürlich trat Kelsey noch
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