Das Glück eines Sommers
wieder auf. »Okay, das kann ich nachvollziehen. Aber weiß dein Dad, dass du dich für den Talentwettbewerb angemeldet hast?«
»Noch nicht.«
»Je schneller er davon erfährt, desto besser, meinst du nicht?«
Mikki schaute sie an. »Könnten Sie es ihm sagen?«
»Ich? Warum?«
»Es ist vermutlich besser, wenn er es von einem anderen Elternteil erfährt. Ich glaube zwar nicht, dass er was dagegen hat, aber er hat in letzter Zeit auch so schon den Kopf voll genug gehabt. Und Liam und ich haben uns bereits angemeldet. Jetzt können wir nicht mehr zurück.«
Jenna dachte kurz darüber nach. »Okay, ich werde mit ihm reden.« Sie schaute auf die Uhr und lächelte. »Die Pause ist um. Wir haben viel zu tun. Also macht euch an die Arbeit.«
Mikki umarmte sie. »Danke. Sie haben mir das Leben gerettet. Wann wollen Sie mit ihm sprechen?«
»Ich glaube, ich kenne den richtigen Zeitpunkt ganz genau.«
* * *
Kurz nach Mitternacht stand Jack am Leuchtturm und blickte hinauf zum klaren Himmel. Nach seinem Gespräch mit Mikki – und nachdem er die Enttäuschung auf ihrem Gesicht gesehen hatte – hatte er versucht, nicht hierherzukommen, aber seine Beine hatten ihn wie von selbst hier herauf getragen.
Jack hatte den ganzen Tag mit Sammy an Anne Bethunes Projekt gearbeitet, wodurch er Gelegenheit bekommen hatte, sich das Sommerlager anzuschauen. Er hatte zugeben müssen, dass Jackie und Cory sich großartig amüsierten. Und sie lernten viel: Anne hatte einen Lehrer engagiert, der mit den Kindern an den Strand ging, ihnen vom Leben im Meer erzählte und ihnen ökologische Zusammenhänge näherbrachte. Cory war ganz in seinem Element. Er malte und spielte Szenen, die er in einem Workshop, der ebenfalls im Sommerlager angeboten wurde, selbst geschrieben hatte. Es war genau die Art von Erfahrung, auf die er gehofft hatte, als sie hierhergefahren waren. Allerdings versuchte Jack zu verdrängen, dass er nicht Teil dieser Erfahrung war – jedenfalls im Moment noch nicht.
Wenn ich doch nur schon mit dem Leuchtturm fertig wäre.
Jack ging wieder in den Turm zurück und blickte die neue Treppe hinunter. Vor ein paar Minuten hatte er die letzten Nägel eingeschlagen. Zwar gab es noch einiges zu tun, aber es waren hauptsächlich kosmetische Arbeiten; sicher waren die Stufen auch jetzt schon. Jack plante, das Gerüst morgen abzubauen und wieder zu Charles zu bringen. Er nahm Lizzies Puppe und trat wieder auf den Laufsteg hinaus. Verschwitzt von der harten Arbeit zog er das Hemd aus und genoss die frische Brise auf der Haut.
Kurz betrachtete er die Puppe und richtete den Blick dann wieder nach oben. Irgendwo dort war Lizzies Himmel. Wo mochte das kleine Mädchen ihn wohl vermutet haben?
Jack selbst unterteilte den Himmel ganz nüchtern in Planquadrate, so wie er es während des Krieges in der Wüste getan hatte, als es darum gegangen war, feindliche Stellungen zu orten. Nur dass er jetzt nicht nach Scharfschützen oder MG-Nestern suchte, sondern nach Engeln und Heiligen, nach Tillie …
… und nach Lizzie.
Jack setzte die Puppe auf den Boden und zog den Briefumschlag aus der Hemdtasche. Nun, da er die Treppe fertig gestellt hatte, war es an der Zeit, den nächsten Brief zu lesen. Auf dem Umschlag stand wieder eine Zahl. Er war auf den 22. Dezember datiert. Jack lehnte sich ans Geländer und las.
Geliebte Lizzie,
in drei Tagen ist Weihnachten, und ich verspreche dir, dass ich es bis dahin schaffen werde. Das wird ein großartiger Tag. Allein die Gesichter der Kinder zu sehen, wenn sie ihre Geschenke öffnen, wird besser für mich sein als jedes noch so teure Medikament. Ich weiß, wie hart das für alle gewesen ist, besonders für dich und die Kinder. Aber ich weiß, dass deine Eltern dir eine große Hilfe gewesen sind. Ich habe sie nie so kennengelernt, wie ich es mir gewünscht hätte. Manchmal habe ich das Gefühl, deine Mutter ist der Meinung, du hättest jemanden heiraten sollen, der besser für dich ist, der Erfolg hat. Doch tief in meinem Herzen weiß ich zugleich, dass sie sich um mich sorgt, und ich weiß, dass sie dich und die Kinder von ganzem Herzen liebt. Es ist ein wahrer Segen, dass du so jemanden hast, der dich unterstützt.
Wie du weißt, ist mein Vater gestorben, als ich noch ein kleines Kind war. Und du weißt auch über meine Mutter Bescheid. Aber deine Eltern sind immer für dich da gewesen, besonders Bonnie, und in vieler Hinsicht betrachte auch ich sie als Mutter. Schließlich sind es Taten, was
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