Das Glück reicht immer für zwei
Stich Sorgen mache, lenke ich mich von meiner Panik wegen des Interviews ab.«
»Warum hast du denn mit einem Mal solche Angst davor?«, fragte Mia. »Und warum trinkst du nicht einfach ein Glas Wein wie vor deinem Auftritt in der Late Late Show ?«
Britt schauderte. »Nein, das scheint mir keine gute Idee. Als ich mir hinterher die DVD anschaute, fand ich mich schrecklich peinlich.«
»Ich habe die DVD auch angesehen. Und in meinen Augen hast du kess und selbstbewusst gewirkt, auch wenn das nicht unbedingt Wesenszüge sind, die ich dir noch vor wenigen Wochen zugeordnet hätte.«
»Also kess werde ich mich diesmal bestimmt nicht geben.«
»Ich finde, das solltest du aber. Du bist in letzter Zeit nämlich viel lockerer geworden.«
»Findest du?« Britt kicherte. »Wahrscheinlich ist das eine Nebenwirkung des Moskitostichs.«
»Ja, vielleicht.« Mia lachte. »Oder aber es liegt daran, dass du durchaus witzig sein kannst, wenn du willst.«
»Du hast doch behauptet, ich sei mürrisch und würde Trübsal blasen.«
»Das stimmt ja auch«, sagte Mia, »aber manchmal bist du auch witzig.«
»Es ist das erste Mal, dass mich jemand witzig nennt. Neulich, als du am Pool warst und ich auf dem Balkon saß, habe ich über etwas nachgedacht. Als wir noch Kinder waren, haben dich alle für den Spaßvogel und mich für launisch gehalten. Und ich glaube, so sehe ich mich auch selbst. Wenn ich eine Kontaktanzeige für mich formulieren sollte, würde ich wohl kaum ›humorvoll‹ als Charaktereigenschaft hineinschreiben.«
Mia schüttelte den Kopf. »Doch, natürlich, denn genau das bist du.«
»Ganz im Ernst, nein«, sagte Britt überzeugt. »Ich habe keinen Humor. Ich finde selten etwas lustig. Ich empfinde das Leben als schwer. Es gibt unzählige Menschen, die unfair behandelt werden – und ich rede nicht nur von den Frauen, die sich wegen ihrer Scheidung an mich gewandt haben –, sondern auch Frauen, die von ihren Männern geschlagen werden und sich allein um ihre Familie kümmern müssen …«
»Ich muss mich auch allein um meine Familie kümmern und habe trotzdem nicht das Gefühl, dass das Leben es schlecht mit mir meint«, erwiderte Mia. »Im Gegenteil, ich schätze mich glücklich.«
»Ich habe mir dich nie als Familie vorgestellt«, sagte Britt nachdenklich. »Wenn ich an dich denke, dann denke ich an dich und Allegra, aber nicht an die ›Familie meiner Schwester‹.«
»Das sind wir aber, eine kleine Familie.«
»Ich bin völlig untauglich für die Dinge des Lebens.« Britt sank auf das Bett. »Ich müsste alles wissen und weiß doch gar nichts.«
»Wenigstens hast du gelernt, so zu tun, als ob. Und nun komm, dein Publikum wartet.«
Wie Mia prophezeit hatte, konnte man von den Zuschauerreihen aus die Schwellung in Britts Gesicht nicht erkennen. Sie saß in einem grünen Armsessel schräg gegenüber von Steve Shaw auf der Bühne, und die goldenen Locken, die effektvoll ihr Gesicht umrahmten, verdeckten nahezu den Stich. Das Publikum sah eine Frau in einem himmelblauen Kleid und dazu passenden Schuhen, die sich entspannt in ihrem Sessel zurücklehnte. Ihre Augen funkelten im Bühnenlicht.
Wie kommen Schauspieler damit klar?, dachte Britt. Ralph, wie macht er das?
Zu guter Letzt hatte er doch noch eine Rolle in einem Bühnenstück ergattert. Kurz nach ihrer Scheidung hatte sie seinen Namen auf der Besetzungsliste von Bunbury oder Die Bedeutung, ernst zu sein entdeckt, einer Neuinszenierung von Oscar Wildes berühmter Komödie im Gate. Er spielte Dr. Chasuable, und einem Premierenkritiker zufolge war er die perfekte Besetzung für diese Rolle.
Sie hatte die Aufführung allein besucht und ungläubig auf die Bühne gestarrt. Doch sie sah nicht Ralph, sondern nur die Figur, die er spielte. Plötzlich wurde ihr klar, dass der Theaterkritiker recht hatte – ihr Exmann war tatsächlich ein guter Schauspieler.
Ein guter Schauspieler, dachte sie, und ein wunderbarer Freund. Aber ein lausiger Ehemann. Ich habe richtig gehandelt. Außerdem hat mich meine eigene Erfahrung zu einer besseren Scheidungsanwältin werden lassen.
»… mit anderen Worten«, sagte Steve, als sich das Interview dem Ende näherte, »ist in Ihren Augen Romantik zwar wichtig, aber viel wichtiger noch ist es, miteinander zu reden.«
»Ja, davon bin ich überzeugt«, erwiderte Britt. Ihre Stimme klang klar und selbstsicher. »Ich glaube, wir haben alle unterschiedliche Träume, und manche davon sind sehr persönlich und wichtig
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