Das Glück reicht immer für zwei
Vanessa liebte das Rampenlicht und quirlige Partys, genoss es, an vorderster Front zu sein. Als er mit Vanessa zusammen war, mochte er das auch. Obwohl er hin und wieder zu ihr sagte, er halte diese Vergnügungen für oberflächlich und frivol.
»Natürlich sind sie das«, antwortete sie, und ihre dunklen Augen schimmerten kokett. »Aber wir brauchen alle oberflächliche und frivole Vergnügungen im Leben. Wie langweilig wäre es, wenn es nur aus harter Arbeit bestünde.«
Bevor er Vanessa kennenlernte, hatte Leos Leben fast ausschließlich aus harter Arbeit bestanden. Nun, nicht ganz, wie er Vanessa erzählte: Jeden Dienstagabend hatte er mit Kollegen von der Bank Tischfußball gespielt, und mindestens zwei Mal im Monat traf er sich mit Mike auf ein Bier. Es gab neben seiner Arbeit also durchaus auch Freizeitvergnügungen.
Vanessa lachte ihn aus. Sie hob hervor, dass nicht einmal sein
Tischfußball ein reines Freizeitvergnügen sei, sondern eher ein informelles Treffen mit Kollegen, denn anschließend gingen sie auf einen Drink in eine Bar, um abermals nur über die Bank zu reden. Und Mike war sein bester Freund, also konnte man ein gelegentliches Bierchen mit ihm wohl kaum unter Freizeitvergnügen verbuchen. Leo erwiderte, dass seine Abende meist mit Geschäftsessen mit seinen Kunden ausgefüllt seien, was durchaus zum Gesellschaftsleben gehöre, doch Vanessa schüttelte wieder nur den Kopf. Er sei ein Narr mit Scheuklappen, dem die Arbeit mehr bedeute als sie, dass sie ihn aber dennoch liebe.
Wann hatte sie aufgehört, mich zu lieben?, fragte sich Leo. Irgendwann musste es geschehen sein, wie sonst hätte sie ein Verhältnis mit Donal beginnen können? Wann war es passiert und warum? Weil ich ihr nicht frivol genug war? Zu wenig spontan? Das hatte sie ihm manchmal vorgeworfen. Aber war das wirklich der Grund?
»Oh!« Das blaue Cocktailstäbchen, mit dem er während seiner Grübeleien gespielt hatte, zerbrach plötzlich. Er legte die beiden Hälften vor sich auf den Tisch.
»Du wirkst angespannt. Ist etwas?«, fragte Pippin.
»Nein, nicht wirklich.«
»Du solltest dir mal eine Antistressbehandlung im Spa gönnen. Mum und Dad haben das neulich gemacht. Es ist absolut magisch. Hinterher fühlt man sich, als würde man in der Luft schweben.«
Vanessa war verrückt nach Spas gewesen, erinnerte sich Leo. Mit ihren Freundinnen fuhr sie regelmäßig in schicke Spa-Hotels. »Damit belohne ich mich selbst«, sagte sie. »Dafür, dass ich so viel arbeite.«
Und ich habe mich mit einem Haus in Monkstown belohnt, dachte er. Das war ein südlicher Vorort von Dublin, an der Küste gelegen, und vom Schlafzimmerfenster im ersten Stock konnte man sogar einen Zipfel des Meeres sehen. Es war ein altes Haus,
und er hatte viel Geld in die Renovierung gesteckt. Als er Vanessa kennenlernte, war erst ein Teil fertig. Nach ihrer Verlobung kümmerte sie sich dann um den Fortgang der Renovierung. Sie war noch immer nicht ganz abgeschlossen, aber das große Schlafzimmer mit seinem überdimensionalen Himmelbett und den antiken Möbeln war wunderbar geworden, ebenso wie die Küche, die modern, aber nicht allzu minimalistisch war.
»Du siehst müde aus.« Pippin beugte sich zu ihm und berührte sanft sein Gesicht. »Du solltest eigentlich nicht müde aussehen.«
»Ich habe gestern Nacht schlecht geschlafen«, sagte er.
»Und ich schlafe jede Nacht wie ein Murmeltier. Aber ich glaube, es liegt daran, dass ich vor Beginn dieser Reise völlig ausgelaugt war. Ich bin froh, dass meine Eltern mich dazu eingeladen haben, und froh, dass ich dich kennengelernt habe, weil ich nicht ständig mit ihnen zusammen sein möchte.«
Er lächelte. »Das ist sehr rücksichtsvoll von dir.«
»Na ja, schließlich feiern sie ihre silberne Hochzeit. Kannst du dir das vorstellen: fünfundzwanzig Jahre mit demselben Menschen verheiratet zu sein?«
»Wenn es die Richtige ist …«
»Das wünsche ich mir. Den Richtigen zu finden und mein Leben mit ihm zu verbringen.«
»Ach ja?«
»Natürlich.« Sie sah ihn ernst an. »Meine Karriere ist mir zwar sehr wichtig, aber noch viel wichtiger ist es mir, jemanden zu finden, den ich lieben kann. Und der mich ebenfalls liebt.«
»Was, wenn du ihm begegnest, und plötzlich lernst du jemanden kennen, in den du dich verliebst?«, fragte Leo.
Pippin runzelte die Stirn. »Man muss an einer Beziehung arbeiten. Das sagt meine Mutter immer. Und man sollte erst gar nicht in die Situation geraten, dass man jemand anderen
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