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Das Glück reicht immer für zwei

Das Glück reicht immer für zwei

Titel: Das Glück reicht immer für zwei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheila O'Flanagan
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Lächeln zustande, und sie überlegte kurz, ob sie ihn fragen solle, wie ihm der Halt gefallen habe, entschied sich aber dagegen. Sie wollte sich nicht schon wieder eine Abfuhr einhandeln. Stattdessen rief sie sich das letzte Mal in Erinnerung, als sie in einem alten klapprigen Bus gefahren war. Das war in Guatemala gewesen, wo sie mit früheren Freunden vom College, die sich damals gerade in dem Land aufhielten, um die Ökostruktur zu studieren, eine Rucksacktour unternommen hatte. Zur selben Zeit ergab sich, dass die Firma, bei der sie seit ihrem Abgang vom College als Financial Analyst gearbeitet hatte, beschloss, die Produktion in den Fernen Osten zu verlegen. Mia war nicht allzu traurig, unversehens arbeitslos zu sein. Buchhaltung war noch nie ihre Leidenschaft gewesen. (Im Grunde interessierte sie sich nicht im Entferntesten dafür. Sie hatte diesen Job um der Erfahrung willen angenommen, eine Erfahrung, derer sie bald überdrüssig geworden war.) Also beschloss sie, für fünf Monate nach Zentralamerika zu reisen, wo sie schon immer einmal hinwollte.
    Paula war dagegen gewesen. Sie fand, dass diese Region zu instabil sei und einer jungen Frau »alles Mögliche« dort zustoßen könne. Aber Mia tat ihre Einwände mit einem Lachen ab und beruhigte ihre Mutter, sie sei ja mit Peter und Frank unterwegs, zwei ehemaligen Kumpels vom College, die sie bestimmt beschützen würden. Nun, dachte Mia jetzt, die beiden hatten sie tatsächlich vor »allem Möglichen« beschützt, nur nicht vor sich selbst.
    Der Bus holperte unsanft in ein Schlagloch und riss sie aus ihren Erinnerungen.
    »Tut mit leid, Leute!«, rief der Busfahrer. »Die Straßen hierzulande
sind nicht besonders gut, aber bald sind wir wieder auf der Hauptstraße. Und dann dauert es nicht mehr lange, und Sie können sich auf Ihrem wunderschönen Schiff mit einem Cocktail in einem Liegestuhl ausruhen.«
     
    Es dauerte aber fast noch eine Stunde, bis sie am Pier ankamen.
    Mia blickte zum Schiff empor, das weiß unter der tropischen Sonne glänzte. Während sie versuchte, ihre Kabine auszumachen, kniff sie die Augen vor dem blendenden Sonnenlicht zusammen. Doch dann wurde ihr bewusst, dass sie nicht einmal wusste, auf welcher Seite des Schiffes sie sich befand. Ich muss mir einprägen, auf welcher Seite von Steuerbord wir wohnen, dachte sie, als sie mit dem Aufzug zum Deck »Boreas« hinauffuhr. Andernfalls werde ich mich immer wieder verlaufen. Aber plötzlich fand sie sich vor Kabine B45 wieder und lächelte. Sie hatte den Weg auf Anhieb gefunden, wenngleich durch Zufall.
    Ihre Schwester war nicht da. Mia war überrascht und erleichtert zugleich, die Kabine eine Zeit lang für sich zu haben. Überrascht, weil sie erwartet hatte, dass Britt den ganzen Tag auf dem Balkon verbringen würde, um ihren Vortrag vorzubereiten. Und erleichtert, weil sich Britt offensichtlich trotz ihrer anfänglichen Abneigung, sich unter die anderen Passagiere zu mischen, hinausgewagt hatte.
    Mia warf ihre Tasche aufs Bett und tauschte das verschwitzte T-Shirt und die Shorts gegen ein sommerliches Top und frische Shorts. Sie hatte einen Bärenhunger. Das Schöne an einer Kreuzfahrt war unter anderem, dass man immer irgendwo etwas zu essen fand. Und sie war fest entschlossen, etwas zu finden.

6. Kapitel
    POSITION: MS APHRODITE.
WETTER: TEILWEISE BEWÖLKT, ABER TROCKEN.
WIND: OSTSÜDÖSTLICH, STÄRKE 3. TEMPERATUR: 28°.
LUFTDRUCK: 1015.5 MBAR.
    Auf ihrem Weg zur Snackbar beim Trident Pool dachte Mia, dass man auf der Aphrodite ohne Weiteres einen ganzen Tag mit Nichtstun und Essen verbringen könnte. Zuvor hatte sie einen raschen Blick in den aktuellen Newsletter geworfen, wo alle Speisegelegenheiten an Bord aufgelistet waren. Dabei war sie zu dem Schluss gekommen, dass sie, falls sie am Ende der zwei Wochen nicht wie ein gestrandeter Wal aussehen wollte, besser einen großen Bogen um das Dreigänge-Mittagsmenü machte und sich stattdessen mit einem kleinen Imbiss begnügte. Nach der Rundtour über die Insel war sie völlig ausgehungert, und sie hätte ohne Weiteres ein Dreigänge-Menü bewältigen können, beschloss aber, mittags ihren Appetit zu zügeln, um dafür abends nach Lust und Laune reinhauen zu können. Zumal das Dessertangebot unter anderem Profiteroles und Tiramisu umfasste, zwei ihrer großen Schwächen, denen ihre Willenskraft nichts entgegenzusetzen hatte. Außerdem würde sie auch das Kuchen- und Schokoladenbüfett am Nachmittag meiden müssen, dessen Beschreibung

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