Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Glück reicht immer für zwei

Das Glück reicht immer für zwei

Titel: Das Glück reicht immer für zwei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheila O'Flanagan
Vom Netzwerk:
gelassen. Er hatte seinen vermögendsten Kunden in der vergangenen Woche ein Angebot für ein neues Investmentprodukt geschickt und konnte es sich nicht verkneifen, nachzusehen, ob einer von ihnen angebissen hatte.
    Zufrieden stellte er fest, dass zwei seiner Kunden eine gewisse Summe in das Projekt investieren wollten, widerstand jedoch dem Impuls, ihnen eine Mail zu schicken. Bestimmt hatten sie seine automatische Abwesenheitsnotiz erhalten, und Peter, sein Kollege, hatte sich vermutlich bereits mit ihnen in Verbindung gesetzt. Es gab also keinen Grund, sich wie ein selbstgefälliger Idiot zu gebärden, für den ihn bereits einige in seinem Umfeld hielten.
    Er checkte auch sein privates E-Mail-Konto. Seit er an Bord
der Aphrodite gegangen war, hatte er nur zwei persönliche Mails erhalten. Eine von Mike, der wissen wollte, wie es ihm auf der Kreuzfahrt erging, und der ihn daran erinnerte, sich an Bord zu erkennen zu geben, also zu signalisieren, dass er zu haben war. Die zweite Mail war von seiner Tante Sandra, der Schwester seiner Mutter, die ihn ebenfalls ermahnte, sich auf der Kreuzfahrt zu amüsieren. Das Leben sei zu kurz, um keinen Spaß zu haben, geteiltes Leid sei halbes Leid und die Liebe heile alle Wunden. Es gab kaum eine Situation, für die Sandra Bishop kein geeignetes Sprichwort parat hatte, und sie schöpfte gern aus ihrem reichen Fundus. Als Leo ihr allerdings die Sache mit Vanessa und Donal erzählt hatte, war ihr plötzlich kein geeigneter Spruch eingefallen. Obwohl er ihr nur die nötigsten Informationen gab, sah sie ihn mitfühlend an und zog ihn in ihre Arme. Sie drückte ihn so fest an sich, dass er sich wieder wie ein kleines Kind fühlte. Dafür war er ihr dankbar. Sie war ebenso schockiert wie er, und er hatte das Gefühl, dass sie genauso des Trostes bedurfte wie er selbst. Er versuchte immer, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, aber als er derjenige gewesen war, der sich zugleich schuldig und betrogen fühlte, war es ihm schwergefallen. Jetzt aber ermahnte Sandra ihn, sein Leben weiterzuleben. Seine Mutter hätte sich das auch gewünscht, schrieb sie. Gewiss hätte sie es nicht ertragen mitzuerleben, dass er sein Leben als ruiniert betrachtete.
    Leo wusste nicht, was seine Mutter gefühlt oder was sie gewollt hätte. Bei ihrem Tod war er zehn Jahre alt gewesen, und auch wenn er sich an sie erinnerte, war sie doch nur ein vager Schatten in seinem Leben. Sein Vater war im letzten Jahr gestorben. Damals war er traurig gewesen. Doch jetzt war er froh, dass er nicht mehr lebte.
    Er las weiter. »Ich wünsche dir eine großartige Zeit und dass du jede einzelne Minute genießt«, hatte Sandra zum Abschluss geschrieben.
    Er gab sich ja Mühe, aber er hatte dem Landausflug an diesem
Morgen nicht wirklich etwas abgewinnen können. An der Insel hatte es gewiss nicht gelegen, die war wirklich wunderschön und die warme tropische Brise betörend. Wohl eher an seinem Kater (obwohl Champagner noch nie irgendwelche Nachwirkungen bei ihm gezeigt hatte, hatte er an diesem Morgen unter Kopfschmerzen gelitten und sich insgesamt elend gefühlt) und das heftige Ruckeln des Busses hatte es auch nicht besser gemacht. Außerdem fühlte er sich neben der gesprächigen Schwester dieser Autorin auf seinem Fensterplatz eingeengt. Es war irgendwie verrückt, dass er schon wieder neben ihr zu sitzen kam. Doch als sie versuchte, ihn in eine Unterhaltung zu verwickeln, obwohl er sich miserabel fühlte, zuckte er zusammen. Warum musste er immer wieder demselben Menschen über den Weg laufen, dachte er, als sie in den Bus stieg, es gab doch weiß Gott genügend andere Passagiere auf dem Schiff. Und trotz Mikes wiederholtem Ratschlag, sich zu amüsieren, verspürte er nicht die geringste Lust, mit einer der wenigen ungebundenen Frauen auf dem Schiff Bekanntschaft zu schließen, mochte er auch noch so verzweifelt sein. Er hatte nicht die Absicht, dieser Mia oder der Liebesromanautorin nahezukommen. (Konnte es etwas Schlimmeres geben, als eine Beziehung mit einer Frau zu beginnen, die den Valentinstag für eine grandiose Idee hielt? Wahrscheinlich zählte sie zu den Frauen, die eigenhändig Grußkarten bastelten, die sie mit kitschigen Versen beschrieben.)
    Auch verspürte er keinerlei Neigung, dieses andere Mädchen näher kennenzulernen, das ihn bei ihrer Rückkehr aufs Schiff angesprochen hatte. Als er sie zum ersten Mal gesehen hatte, verschlug es ihm allerdings für einen Moment den Atem. Eine Nanosekunde lang

Weitere Kostenlose Bücher