Das Glück reicht immer für zwei
es heutzutage viele Paare gibt, die nicht heiraten. Was ich durchaus verstehe. Es ist doch viel vergnüglicher, unverheiratet übers Ohr gehauen zu werden.« Sie lachte laut.
»Tut mir leid, aber wir reden offensichtlich noch immer aneinander vorbei«, sagte Mia. »Ich verstehe nicht, warum Sie überhaupt auf die Idee gekommen sind, ich sei verheiratet.«
»Oh.« Eileen wirkte mit einem Mal überrascht. »Wir dachten, Sie seien mit diesem blonden Mann zusammen. Wir haben Sie gestern Abend auch beim Abendessen mit ihm gesehen.«
»Ach, das ist Zufall. Da es keinen freien Tisch mehr gab, hat man ihn zu mir und meiner Schwester an den Tisch gesetzt.«
»Wie seltsam.« Eileen lächelte. »Und wir dachten alle, Sie seien eine Familie, wobei wir annahmen, dass Sie und dieser blonde Mann verheiratet seien.«
»Was heißt ›wir alle‹?«
»Mein Mann, meine Tochter und ich.«
»Tut mir leid, Sie haben sich alle drei geirrt.«
»Na ja, man weiß nie.« Eileen lachte. »Bei einer Valentins-Kreuzfahrt. Amor kann ja immer noch ein Pfeilchen abschießen, sodass Sie ebenfalls etwas zu feiern haben.«
Mia fragte sich, wie oft sie während der nächsten vierzehn Tage ähnliche Kommentare von anderen Passagieren, die sich auf ihre gegenwärtige Liebesbeziehung etwas einbildeten, zu hören bekommen würde.
»Und Sie?«, fragte Mia. »Was feiern Sie auf dieser Kreuzfahrt?«
»Silberne Hochzeit«, sagte Eileen stolz. »Kaum zu glauben, dass es schon so lange her ist. John wird mir bestimmt einen hübschen
Brillanten beim Bordjuwelier auf dem Schiff kaufen. Das Angebot in diesem Laden ist einfach unwiderstehlich. Oder aber er gewinnt den Ring bei der Schatzsuche. Das würde ja auch genügen!« Ihre Stimme hob sich ein wenig, als ein wettergegerbter, leicht übergewichtiger Mann zu ihnen trat, eine rote Basketballkappe auf dem Kopf. Ein modeldürres Mädchen mit einer glänzenden braunen Haarmähne in einem kurzen modischen Sommerkleid und mit übergroßer Sonnenbrille begleitete ihn.
»John und Pippin, und das ist Mia«, sagte Eileen. »Pippin ist unsere Tochter«, fügte sie stolz hinzu.
»Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte Mia. Sie fragte sich, ob Paula und Gerry je auf die Idee gekommen wären, einen ihrer Sprösslinge auf eine Kreuzfahrt mitzunehmen, um ihren Hochzeitstag zu begehen. Wohl eher nicht. Außerdem fragte sie sich, wie zwei durchschnittlich aussehende Menschen wie John und Eileen Costello eine so exotisch wirkende Tochter zustande bringen konnten. (Pippin, dachte sie weiter, woher kommt dieser komische Name?) Die junge Frau, Mia schätzte ihr Alter auf etwa zwanzig Jahre, schob die Sonnenbrille in ihr glänzendes braunes Haar hoch und gab den Blick auf perfekt geschminkte, dunkelbraune Augen frei.
»Mia ist in Begleitung ihrer Schwester auf der Kreuzfahrt«, informierte Eileen Tochter und Gatten. »Sie sind allein.«
»Oh«, sagte John, »und wir dachten, Sie seien …«
»Das habe ich ihr schon erzählt«, unterbrach Eileen ihn.
»Wer ist dann dieser Mann?«, fragte Pippin und fuhr mit den Fingern durch ihre glänzende Haarpracht, ehe sie die Sonnenbrille wieder auf die Nase schob. »Sie sind doch heute auch wieder mit ihm unterwegs, nicht wahr?«
»Nein«, sagte Mia. »Wir sitzen zufällig nebeneinander im Bus, das ist alles.«
»Hm«, machte Pippin, »dann sind Sie beide also kein Paar. Er ist aber sehr sexy, finden Sie nicht auch?«
»So? Also ich finde ihn ziemlich langweilig. Aber, bitte, wenn er Ihnen gefällt …«
Pippin lachte. »Er ist attraktiv, aber ich bin mir nicht sicher, ob er meiner Karriere zurzeit förderlich wäre.«
»Pippin ist Model, müssen Sie wissen«, sagte Eileen stolz.
»Aha.« Ach, daher das sorgfältige Make-up, dachte Mia, das extravagant gestylte Haar und das superteure Kleid. Pippin wollte auf alle Eventualitäten gefasst sein.
»Sie hat für die Werbung für dieses neue Haarspray Modell gestanden«, sagte John. »Sie wissen schon: ›Ein Sprüher genügt, und Ihr Haar glänzt wie Seide.«
»Großartig.« Mia hatte keine Ahnung, wovon er sprach.
»Das war mein bislang bester Auftrag«, sagte Pippin.
»Wirklich großartig.«
»In den letzten Monaten war ich so beschäftigt, dass Mum und Dad meinten, es sei doch schön, mal einen Urlaub gemeinsam zu machen. Ich komme mir zwar ein bisschen wie das fünfte Rad am Wagen vor, schließlich ist es ihre Reise zur silbernen Hochzeit, aber sie haben darauf bestanden.«
John und Eileen strahlten um die Wette.
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