Das Glück reicht immer für zwei
im Newsletter sich so köstlich anhörte, dass ihr allein schon beim Gedanken daran das Wasser im Mund zusammenlief. Aber wenn es ihr nicht gelang, ihre Kalorienzufuhr zu begrenzen, würde sich die umfangreiche Garderobe, die sie mitgebracht hatte, als verschwendetes Übergepäck erweisen.
Die Snackbar am Pool war gut besucht. Die Passagiere saßen unter cremefarbenen Sonnenschirmen an runden Tischen. Niemand von ihnen schien sich allzu viele Gedanken über Kalorien zu machen, sondern reihum widmete man sich mit Genuss dem Mittagessen. Unsicher blieb Mia am Rand stehen und hielt nach einem freien Tisch Ausschau. Allmählich gelangte sie zu der Überzeugung, dass dies ein seltener Luxus an Bord sei. Dann erspähte sie Britt, die an einem Ecktisch saß und, ein Glas Weißwein vor sich, in einem Buch las.
Mia hob erstaunt die Augenbrauen angesichts des Weins. Britt hatte am Morgen so geschäftsmäßig gewirkt bei der Planung ihres Tages, dass Mia eher erwartet hätte, sie bei einem Glas Mineralwasser anzutreffen, während sie über ihrem Vortrag brütete. Umso mehr freute sie sich, als sie sich einen Weg zwischen den Tischen hindurchbahnte, dass ihre Schwester offensichtlich doch kein hoffnungsloser Workaholic war. Als sie Britts Tisch erreichte, legte sie ihre Tasche auf den freien Stuhl neben ihr.
»Hallo«, sagte sie fröhlich. »Wie war dein Morgen?«
Britt sah von ihrem Buch auf, einem Thriller von John Grisham.
»Ganz okay. Und wie war dein Ausflug?«
»Na ja, das Übliche. Die meiste Zeit in einem Bus durch die Gegend geruckelt. Ein bisschen heimische Industrie besichtigt. An verschiedenen Aussichtspunkten gehalten. Mit ein paar anderen Passagieren Small Talk gemacht. Heiß und schweißtreibend das Ganze. Du weißt ja, wie es auf diesen Touristentouren so ist.«
»Und genau deswegen habe ich beschlossen, mich lieber auf meine morgige Präsentation vorzubereiten.« Britt legte ein Lesezeichen zwischen die Seiten und schlug das Buch zu.
»Eine Präsentation? Ich dachte, es sei nur ein Vortrag.« Mia ließ sich auf einen Stuhl plumpsen.
»Nenn es Präsentation oder Vortrag, es läuft auf das Gleiche hinaus.«
»Nein, das sehe ich anders. Eine Präsentation bedeutet, dass man den Zuhörern etwas beibringen will. Ein Vortrag – zumindest in diesem Rahmen – ist … irgendwie lockerer, da plaudert man über ein bestimmtes Thema.«
»Ich schlage vor, du kümmerst dich um deine Aufgabe und ich mich um meine«, sagte Britt. »Hast du mit dem Kreuzfahrtdirektor alles besprochen? Und einen Friseurtermin für mich ausgemacht?«
»Ach, sollte ich das?« Mia sah sie mit Unschuldsmiene an.
»Natürlich solltest du, ich habe dich doch …«
»Beruhige dich, das war das Erste, was ich heute Morgen erledigt habe. Ich weiß, dass ich in deinen Augen hoffnungslos desorganisiert und chaotisch bin, aber ich habe es in den vergangenen drei Jahren geschafft, meine Tochter allein großzuziehen und gleichzeitig meinen Job zu behalten, also müsste man meinen, dass ich auch diese kleinen Aufgaben bewältige.«
»Tut mir leid. Ich bin nun mal ein Kontrollfreak. Ich muss sichergehen, dass alles organisiert ist und …«
»… glattgeht, und das wird es auch. Gut vorbereitet und so weiter. Ich hole mir jetzt was zu essen. Willst du auch etwas?«
»Nein, danke.« Britt schüttelte den Kopf. »Ich habe vorhin einen Salat gegessen.«
Britts Beispiel folgend, begab sich Mia zur Salatbar und lud sich widerstrebend einen Teller mit Rohkost voll. Doch angelockt vom Duft der Burger, die auf dem Grill brutzelten, konnte sie nicht widerstehen und bestellte sich einen. Das kann man ja nicht gerade als Völlerei bezeichnen, sagte sie sich auf dem Rückweg zu ihrem Tisch. Schließlich verzichte ich auf das Brötchen zu meinem Burger. Und ich habe ein fettarmes Dressing gewählt.
»Und welches Thema wird dein Vortrag, pardon, deine Präsentation haben?« Sie stellte den Teller auf den Tisch und setzte sich.
»Es ist ein ganzer Themenkomplex«, erwiderte Britt. »Das Motto lautet: ›Der Liebesroman in den verschiedenen Epochen – wie Sie sich Ihr eigenes romantisches Liebespaar erfinden‹.« Sie
drehte das Weinglas zwischen den Fingern. »Weißt du, ich bin zu dem Schluss gekommen, dass leidenschaftliche Liebe meistens ein Fall von übersteigerter Selbstsucht ist.«
»Britt McDonagh! Wie kannst du so etwas sagen.«
»Nehmen wir mal die berühmtesten Beispiele: Antonius und Kleopatra … wobei wir auch schon bei Richard
Weitere Kostenlose Bücher