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Das Glück reicht immer für zwei

Das Glück reicht immer für zwei

Titel: Das Glück reicht immer für zwei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheila O'Flanagan
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besten Freundin erwischte. Wenn sie den Roman noch mal schreiben könnte, überlegte sie, während die Friseurin eine blonde Haarsträhne auf den Lockenstab aufdrehte, würde ich Lisette den Scheißkerl erschießen und anschließend als Anwältin ihren eigenen Fall vor Gericht gewinnen lassen.
     
    »Wow.« Mia hatte Britt noch nie in natura in voller Brigitte-Aufmachung gesehen. Sie war überrascht, wie großartig ihre Schwester in der rosa Seidenbluse und der cremefarbenen Hose aussah, das blonde Haar lockig auf die Schultern fallend und das Gesicht sorgfältig geschminkt.
    »Gruselig, nicht wahr?« Britt besah sich kritisch im Spiegel und zupfte einen Mascara-Krümel von der Wange.
    »Nein, ganz und gar nicht gruselig«, erwiderte Mia. »Glamourös und großartig. Und nicht halb so gruselig wie in deinem Outfit als Rechtsanwältin, also in schwarzem Hosenanzug und das Haar straff zurückgekämmt, sodass du aussiehst wie die Böse Hexe des Westens.«

    »Immerhin ist das wesentlich bequemer«, sagte Britt. »Ich kann mir nicht vorstellen, woher manche Frauen jeden Morgen die Zeit für diese Schminkerei nehmen. Und diese High Heels erst, die brechen mir irgendwann den Hals! Erst recht hier, auf dem schwankenden Schiff.« Sie blickte auf ihre Stilettos hinab.
    »Ach, ich weiß nicht. Jedenfalls bist du kaum wiederzuerkennen. Du wirkst irgendwie sanfter.«
    »Igitt.« Britt warf einen Blick auf ihre Uhr. »Wir sollten dann gehen. Hast du nachgesehen, ob …«
    »Ich war vor einer Viertelstunde im Konferenzraum, und da saßen schon ein paar Leute erwartungsvoll da«, sagte Mia, um sie zu beruhigen.
    »Ich wollte eigentlich wissen, ob du dich vergewissert hast, dass der Projektor funktioniert.«
    »Ja. Aber – nicht dass ich mir anmaße, dir zu sagen, wie du deinen Vortrag gestalten sollst – wozu brauchst du überhaupt einen Projektor?«
    »Zur Illustration selbstverliebter Liebespaare.« Britt entfernte den Deckel von ihrem Juicy-Tubes-Lipgloss und betupfte damit ihre ohnehin schon glänzenden Lippen. »Gut, dann mal los.«
     
    Leo Tyler verbrachte den Morgen im Fitnessstudio, wo er zuerst auf dem Laufband joggte und anschließend eine halbe Stunde Rad fuhr. Es gelang ihm, ordentlich ins Schwitzen zu geraten, und er sagte sich, dass der Schmerz in seinen Wadenmuskeln ein gutes Zeichen sei. Überhaupt tat es gut, sich im Fitnessstudio mal ordentlich abzumühen, statt faul herumzuliegen und sich verhätscheln zu lassen. Etwas, was auf der Aphrodite ganz großgeschrieben wurde. Und er hasste es, verhätschelt zu werden. Er war kein metrosexueller Mann, dachte er, als er unter der Dusche stand und sich lauwarmes Wasser über den Kopf laufen ließ. Gesichtspackungen und Maniküre und dieses Zeug waren nichts für ihn. Er wollte einfach nur sorgfältig rasiert sein und gut riechen, alles
andere konnte ihm gestohlen bleiben. Und natürlich gab man sich auf der Aphrodite große Mühe, sämtliche Passagiere dazu zu verlocken, an der Wohlfühlorgie teilzuhaben. Zum Beispiel mit einem ganzen Spa-Tag für Paare, inklusive Spezialbehandlungen für Sie & Ihn, um »müde Beine munter zu machen« und »neuen Glanz in Ihre Augen zu bringen«, wie die Broschüre verhieß.
    Leo wusste, dass seine Beine nicht gerade munter waren. Dennoch meinte er, sich ein wenig besser zu fühlen als vor einigen Tagen. Als er vor einigen Monaten festgestellt hatte, dass er in puncto Schlaf zwischen zwei Übeln wählen konnte: gar nicht zu schlafen oder einzuschlafen, um dann von den schrecklichsten Alpträumen wieder aufzuschrecken, hatte er schließlich seinen Arzt aufgesucht. Der hatte ihm gesagt, dass es Zeit brauche, bis man ein traumatisches Erlebnis verwunden habe; außerdem habe Leo während der letzten sechs Monate nicht auf sich geachtet. Leo hatte die Worte des Arztes in den Wind geschlagen und irgendwas von wegen »Ich bin es leid, mir selbst leidzutun und von anderen bemitleidet zu werden« gemurmelt. Woraufhin Dr. McClelland erwiderte, dass niemand ihn bemitleide, sondern einfach nur Anteil nehme. Leo meinte, dass es vergessen und vorbei sei, woraufhin Dr. McClelland ihn mitleidig ansah und sagte, er solle doch endlich mit seinem Machogehabe aufhören.
    »Auch ein Mann darf mal weinen«, sagte er. Aber Leo sah ihn entsetzt an und erwiderte, über die Phase sei er hinaus. Zu weinen bedeute doch nur, sich selbst leidzutun. Dann bat er den Arzt, ihm Schlaftabletten zu verschreiben. Der kam seiner Bitte zwar nach, ermahnte ihn aber, ihn

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