Das Glück reicht immer für zwei
sie führe ein aufregendes, glamouröses Leben, und zum Teil stimmte das ja auch. Doch Britt fühlte sich nun mal am wohlsten, wenn sie die beste Strategie für ihre Mandantinnen ersinnen konnte und nicht irgendwelche Liebesgeschichten.
Ich brauche jetzt selbst eine Strategie, dachte sie, während es immer heller wurde und die Rosatöne verblassten, die Sonne höherstieg und den Himmel in Azurblau tauchte. Ich muss mir einen Weg ausdenken, wie ich heil aus dieser fiktionalen Welt der romantischen Liebe herauskomme, um mich wieder der Welt der kühlen Fakten zuzuwenden.
Aber im Grunde gab es nur einen Weg. Indem sie sagte, wie es war. Dass romantische Liebe eine reine Illusion war und dass es in der Wirklichkeit kein Happy End gab. Darüber hätte sie liebend gern einen Vortrag gehalten.
Zwanzig Minuten später kam Mia heraus, gefolgt von einem Steward mit einem Tablett mit Kaffee, Obst und Croissants. Er stellte es auf den Tisch, und Mia setzte sich Britt gegenüber. Sie schenkte Kaffee in die Tassen und zupfte sich mundgerechte Stückchen von einem Croissant ab.
»Und, freust du dich schon darauf, dein Wissen zum Besten zu geben?«, fragte Mia
Britt zuckte die Schultern.
»Du kennst deine Präsentation inzwischen bestimmt auswendig, oder?«
»Mehr oder weniger.«
»Hältst du es bei Gericht auch so?«
»Ich habe selten bei Gericht zu tun«, erklärte Britt. »Beim Familienrecht läuft es ein bisschen anders. Aber ich lege immer Wert darauf, dass ich weiß, wovon ich spreche.«
Mia sah ihre Schwester an. Britt wirkte gelassen und völlig entspannt. Wenn ich in ihrer Haut steckte, dachte sie, und vor so vielen fremden Menschen sprechen müsste, wäre ich ein einziges Nervenbündel. Gewiss wäre ich nicht in der Lage, anmutig kleine Bissen von Melone und Mango zum Mund zu führen. Doch dann milderte sie ihre Selbsteinschätzung ein wenig ab, während sie nach einem Plunderteiggebäck griff. Immerhin, so sagte sie sich, war sie fähig, den Stadtangestellten von Sierra Bonita Englischunterricht zu erteilen, ohne sich zu blamieren. Doch ob allzu viel bei ihren Schülern hängenblieb, da war sie sich nicht so sicher. Vielleicht war sie nicht streng genug mit ihnen. Wenn Britt sie sich zur Brust nähme, würden sie wahrscheinlich binnen eines Monats fließend Englisch sprechen.
Mia schlug vor, den Vormittag faulenzend am Pool zu verbringen, während die Aphrodite in südlicher Richtung die Karibik durchpflügte. »Da können wir beide noch schön entspannen«, meinte sie. »Vor allem du, damit du heute Nachmittag in Ruhe deinen Vortrag angehen kannst.« (Mia wusste nicht, ob Entspannung das Richtige für Britt war – vielleicht, dachte sie, wäre es besser, wenn sie ein bisschen aufgedreht wäre, um in der richtigen Stimmung zu sein.) Etwa eine Stunde lang saß Britt neben ihr und blätterte in einer Zeitschrift, ehe sie sich auf den Weg zum Friseursalon machte, um sich in Brigitte verwandeln zu lassen.
Die Friseurin, eine junge Französin mit riesigen dunklen Augen und makellosem Teint, empfing sie lächelnd und sagte, sie hätte Der perfekte Mann Anfang des Jahres gelesen. Es sei das beste Buch, das sie kannte, und sie sei äußerst gespannt auf ihren zweiten Roman. Es werde gemunkelt, dass er von einer der Figuren aus Der perfekte Mann handle, von Lisette. Ob das stimme?, fragte die Friseurin, während sie Britts Haare einshampoonierte. Sie habe Lisette zwar sehr gemocht, aber noch sympathischer sei ihr Francesca gewesen, die zweite Romanheldin.
»Ich weiß es selbst noch nicht«, antwortete Britt, obwohl sie in Wahrheit gewiss weder über Lisette noch Francesca schreiben würde, zwei Figuren, die sie weder als besonders stark noch temperamentvoll betrachtete. Aber die Frage stellte sich ohnehin nicht, da sie sich mittlerweile absolut sicher war, kein zweites Buch zu schreiben; sobald sie wieder zu Hause war, würde sie mit Meredith darüber reden müssen, und sie freute sich keineswegs auf dieses Gespräch. Während die junge Französin ihre Haare ausspülte, dachte sie über Der perfekte Mann nach. Das Problem war, dass neben Jack Hayes, der eine so großartige Figur war, die weiblichen Charaktere vollkommen verblassten. Sie waren viel zu passiv, was ihn umso großartiger aussehen ließ. Sie hätte eine der weiblichen Figuren zu einer kühlen Scheidungsanwältin machen sollen, mit der man sich besser nicht anlegte. Eine Frau, die nicht wie Lisette zerbrach, nur weil sie ihren Mann beim Sex mit der
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