Das Glück trägt Cowboystiefel: Eine wahre Liebesgeschichte (German Edition)
»Moment mal …«, sagte ich. »Wie bitte?«
»Meine Liebe, konnten Sie heute schon Wind lassen?«
Fassungslos starrte ich sie an. »Ich weiß nicht …«
»Haben Sie Winde gelassen? Heute?« Sie war unnachgiebig. Ich blickte sie weiter fassungslos, verzweifelt an, absolut nicht in der Lage, ihre Frage zu verarbeiten.
Während der gesamten fortschreitenden Schwangerschaft hatte ich mir größte Mühe gegeben, ein gewisses Maß an Eitelkeit und Glamour aufrechtzuerhalten. Selbst unter den Wehen hatte ich versucht, das frische, dynamische Weib zu bleiben, hatte sogar wiederholt farbigen Lippenbalsam aufgetragen, damit ich nicht so blass wirkte. Selbst beim Pressen hatte ich mich zusammengerissen, aus Angst, die Kontrolle über meine Gedärme zu verlieren, denn das hätte meinem Stolz und meiner Ehe den Todesstoß versetzt. Ich hätte mich schlichtweg von meinem Mann scheiden lassen und mit einem neuen von vorne anfangen müssen.
Ich hatte mir nie in Gegenwart von Marlboro Man Luft gemacht. Was ihn anging, fehlte meinem Körper diese Funktion vollständig.
Warum also wurde ich jetzt gezwungen, Fragen nach Blähungen zu beantworten? Womit hatte ich das verdient?
»Ich … ich verstehe die Frage nicht …«, stammelte ich.
Die Schwester setzte erneut an, offenbar ungerührt von meiner Begriffsstutzigkeit. »Haben Sie …«
Marlboro Man, der liebevoll unser Kind hielt und geduldig die ganze Zeit von der anderen Seite des Raumes aus zugehört hatte, hielt es nicht länger aus. »Schatz! Sie will wissen, ob du heute schon gefurzt hast!«
Die Schwester kicherte. »Gut, vielleicht ist das ein bisschen deutlicher.«
Ich zog mir die Decke über den Kopf.
Darüber wollte ich nicht reden.
Später am Abend flehte ich meinen Mann an, zurück zur Ranch zu fahren, um etwas Schlaf zu bekommen. Wir hatten Besuch gehabt von meinem Vater, unseren Omas, von meiner Freundin Becky und von Mike. Meine Mutter hatte einmal kurz hereingeschaut, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass die Luft rein war. Ich war den ganzen Tag gepiesackt, herumgeschoben und untersucht worden. Ich war müde und fühlte mich ekelig, da ich noch nicht die Erlaubnis erhalten hatte zu duschen. Außerdem wollte ich nicht, dass Marlboro Man in diesem Zimmer auf einem harten Beistellbett schlafen musste. Ich konnte auch nicht riskieren, dass ich in seiner Gegenwart noch einmal nach meinen Körperfunktionen gefragt wurde.
»Fahr nach Hause und leg dich hin«, sagte ich. »Ich bin morgen früh immer noch hier.«
Er wehrte sich nicht nachhaltig. Er war erschöpft, das merkte ich. Ich war auch kaputt – aber von mir erwartete man das. Marlboro Man musste für mich stark sein.
»Gute Nacht, Mama«, sagte er und küsste mich aufs Haar. Diese neue Mama-Anrede fand ich wunderbar. Er gab dem Baby ein Küsschen auf die Wange. Die Kleine brummte und wand sich. Ich näherte mich ihr und sog die Luft ein. Warum hatte mir noch nie jemand gesagt, dass Babys so toll riechen?
Als Marlboro Man ging, war es herrlich still im Zimmer. Ich kuschelte mich in das überraschend bequeme Krankenhausbett und umschloss meine Tochter mit meinen Armen wie einen Football. Dann knöpfte ich mein aprikotfarbenes Oberteil auf und legte sie ungefähr zum zehnten Mal in den letzten Stunden an. Bei den ersten Versuchen hatte sie Probleme gehabt, doch jetzt – fast so, als wollte sie mich trösten, weil Marlboro Man fort war – öffnete sie ihr kleines Mündchen und dockte an. Ich schloss die Augen, legte den Kopf aufs Kissen und genoss den ersten Moment allein mit meinem Kind.
Sekunden später ging die Tür auf, und mein Schwager Tim kam herein. Gerade hatte er eine riesige Ladung Rinder abgefertigt. Marlboro Man hätte eigentlich dabei sein sollen, wenn nicht am Vorabend die Wehen eingesetzt hätten.
»Hey!«, rief Tim begeistert. »Wie läuft’s?«
Ich riss die Bettdecke so weit nach oben, dass meine freigelegte Brust und der Kopf des Babys nicht mehr zu sehen waren. Ich hatte meinen Schwager wirklich gern, doch so ungezwungen war ich in seiner Gegenwart nun doch nicht. Er merkte es sofort.
»Ups, habe ich mir einen schlechten Zeitpunkt ausgesucht?« Er stand da wie ein Reh im Scheinwerferlicht.
»Du hast deinen Bruder knapp verpasst«, sagte ich. Die Lippen des Babys lösten sich von meiner Brustwarze. Die Kleine suchte herum, und ich tat so, als ginge unter der Decke nichts Besonderes vor sich.
»Kein Witz?«, sagte Tim und sah sich nervös im Zimmer um. »Ach, ich
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