Das Glück trägt Cowboystiefel: Eine wahre Liebesgeschichte (German Edition)
hätte besser vorher anrufen sollen.«
»Komm rein«, sagte ich und richtete mich, so gut ich konnte, im Bett auf. Die Epiduralanästhesie ließ jetzt definitiv nach. Mein Unterleib begann zu pochen.
»Wie macht sich die Kleine?«, fragte er.
»Sie ist super«, antwortete ich. Ich zog sie unter der Decke hervor und hoffte dabei, meine Brust ohne Zwischenfall verstauen zu können.
Lächelnd betrachtete Tim seine neue Nichte. »Ist die niedlich«, sagte er zärtlich. »Darf ich sie mal halten?« Er streckte die Arme aus wie ein Kind nach einem Welpen.
»Klar«, sagte ich und reichte sie ihm. Es stach in meinem Unterleib. Ich hatte keinen anderen Gedanken mehr im Kopf, als schnell unter die Dusche zu kommen und mein Haar unter der Brause zu waschen, auf die ich einen Blick geworfen hatte, als die Schwester mich zuvor schon einmal ins Bad begleitet hatte. Nichts anderes wünschte ich mir jetzt. Ich sah nur noch die Dusche vor mir.
Tim war ebenso überrascht vom Geschlecht des Kindes wie sein Bruder. »Ich war total schockiert, als ich das gehört hab!«, sagte er und sah mich lächelnd an. Ich lachte und stellte mir vor, wie ihr Vater wohl reagiert hatte. Dass das erste Enkelkind in so einer männlich dominierten Familie ein Mädchen war, fand ich jede Minute witziger. Das würde ein großes Abenteuer werden.
Während Tim die Kleine hielt, legte ich den Kopf wieder aufs Kissen, ich war zu müde, um mich längere Zeit zusammenzureißen.
»Wie trinkt sie so?«, fragte Tim. Eine seltsame Frage. Er schien aufrichtig interessiert.
»Ganz gut«, sagte ich, leicht unangenehm berührt vom Thema. »Ich denke, nach einer Weile wird sie es schon begreifen.«
»Du fütterst sie mit deiner eigenen Milch, oder?«, fragte Tim verlegen.
Ich füttere sie mit meiner eigenen Milch?
Ach du liebe Güte.
»Ähm, ja …«, sagte ich. »Ich … ich stille sie.« Tim, könntest du jetzt bitte verschwinden?
Doch er musste noch etwas loswerden. »Dann musst du aufpassen, dass sie dir nicht sauer wird.«
Ich saß da und starrte vor mich hin. Es sollte nicht das letzte Mal sein, dass Tim eine Parallele zwischen mir und dem Vieh zog.
33.
Draußen wartet die Hölle
Zwei Tage später packte Marlboro Man an einem brütend heißen Sommertag meine Krankenhaustasche in seinen Pick-up, schnallte unseren Siebenpfünder in den vergleichsweise großen Kindersitz und half mir auf den Rücksitz, um uns alle nach Hause zu bringen. Ich hätte so glücklich sein müssen – ich hatte diesen Mann und ein gesundes Kind, und die Sonne schien –, aber es kam mir irgendwie nicht richtig vor, das Krankenhaus zu verlassen. Ich war ganz und gar nicht bereit dazu. Gerade hatte ich mich an das Piepsen der Monitore und an das gemütliche, warme, sichere Krankenhauszimmer gewöhnt. Ich hatte mich daran gewöhnt, dass die Schwestern alle paar Stunden nach mir sahen und warme Mahlzeiten auftischten: Eintopf, Kartoffelpüree, grüne Bohnen. Im Krankenhaus wusste ich, was ich zu erwarten hatte. Nach nur zwei Tagen hatte ich es rausgehabt. Ich hatte keine Ahnung, was mich zu Hause erwartete.
Als Marlboro Man losfuhr und das Krankenhaus hinter uns zurückblieb, traf es mich wie ein Schlag: Ich war allein und verzweifelt. Ich drückte das Gesicht an die Scheibe und tat, als würde ich schlafen. In Wahrheit jedoch weinte ich auf der gesamten Heimfahrt. Ich wollte zu meiner Mama, aber ich hatte sie so weit von mir gewiesen, dass sie aus Respekt vor meinen Gefühlen großen Abstand hielt. Wenn sie doch bloß am Ende dieser einstündigen Fahrt auf mich gewartet hätte, wäre alles in Ordnung gewesen.
Wir kamen zu Hause an und fanden zwanzig Kühe im Garten vor. »Verflucht«, murmelte Marlboro Man vor sich hin, als wäre es das Letzte, was er im Moment gebrauchen konnte. Da musste ich noch mehr weinen und konnte das Schluchzen nicht mehr vor meinem Mann verbergen. Er stieg aus, sah mich an und fragte: »Was ist denn los?« Er kam auf mich zu, mehr als besorgt über den Anblick meines roten, geschwollenen, aufgedunsenen Gesichts. »Was ist passiert?«
»Ich will zurück ins Krankenhaus!«, heulte ich. Eine Kuh ließ eine grüne Ladung auf meine Taglilien fallen.
»Was ist denn los?«, fragte Marlboro Man erneut. »Jetzt mal im Ernst … tut dir was weh?«
Ich hatte das Gefühl, mich lächerlich zu machen, so als müsste mir schon das Blut aus den Ohren schießen, damit ich einen guten Grund zum Weinen hatte. Ich heulte noch lauter, und das Kind begann sich zu
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