Das Glück trägt Cowboystiefel: Eine wahre Liebesgeschichte (German Edition)
allen drei Dingen zugleich. Ich stand leise auf und begab mich in die Dusche, wo ich mich schrubbte und wusch und meinen Körper mit jedem Pflegeprodukt reinigte, das ich in meinem Schrank finden konnte. Als ich das Wasser abstellte, roch das Badezimmer nach Zitronengras und Lavendel, Glyzinie und Wassermelone. Die Aromatherapie tat ihre Wirkung; auch wenn ich mich anschließend nicht unbedingt schöner fühlte, so doch zumindest etwas weniger wie Jabba aus Star Wars . Ich spähte aus dem Bad ins Schlafzimmer; Marlboro Man und die Kleine schliefen noch tief und fest. Also machte ich weiter, legte Puder und ein bisschen Rouge auf, einen grauen Lidschatten und zwei gute Lagen Wimperntusche. Mit jedem Strich des Bürstchens, mit jedem Schwingen des Zauberstabs, fühlte ich mich wieder mehr wie ich selbst. Ein kleiner Tupfer violetter Lipgloss bildete den Abschluss.
Ich war in Fahrt. Auf Zehenspitzen schlich ich ins Schlafzimmer und holte meine weichen schwarzen Leggings aus dem Schrank, die ich vor vierzehn Tagen gegen einen hässlichen karierten Schlafanzug eingetauscht hatte. Ich fuhr mit der Hand über die Oberteile an der Stange und hielt instinktiv bei einem luftigen hellblauen Top inne, das ich in den frühen Monaten der Schwangerschaft getragen hatte. Es war leicht, hübsch und weiblich – ein krasser Gegensatz zu dem dunkelgrünen Nickimantel, in den ich meinen Körper in letzter Zeit gehüllt hatte. Ich schlüpfte wieder ins Bad und zog meine neue Uniform an. Zur Krönung wählte ich zwei baumelnde Perlmuttohrringe, die ich in einer Boutique in Sydney gekauft hatte, wahrscheinlich noch vor der Empfängnis. Da ich den lauten Föhn nicht anmachen wollte, kämmte ich das Haar kurz durch und betrachtete mich im Spiegel.
Ich erkannte wieder die alte Ree. Der blasse, leblose Geist war von einer leicht übermüdeten, etwas aufgedunseneren Version meiner selbst verdrängt worden. Ich war keine Schönheitskönigin, alles andere als das, aber ich war wieder ich selbst. Die Dusche war vielleicht kein Exorzismus, aber doch eine Taufe gewesen. Ich war neugeboren. Ich schauderte, als ich mir vor Augen führte, was Marlboro Man wohl gedacht haben mochte, wenn er mich in meinen schäbigen weißen Nickischlappen herumschlurfen sah, das Haar mit einem neongrünen Band oben auf dem Kopf zusammengebunden. Ich putzte mir die Zähne, schüttelte mein Haar und verließ das Badezimmer. Da wachte Marlboro Man auf.
»Wow«, sagte er und hielt mitten im Strecken inne. »Du siehst gut aus, Mama.«
Ich lächelte.
Am Abend kam Tim vorbei. Betsy machte Chicken Wings und Brownies, und wir fünf – Marlboro Man, Tim, Betsy, das Baby und ich – saßen zusammen, unterhielten uns, lachten und schauten einen alten Western mit John Wayne.
Ich war erschöpft und ausgebrannt. Und doch war es einer der besten Abende meines Lebens.
Um neun Uhr am nächsten Morgen wachte ich auf, verquollen, jedoch lebendig. Meine Kleine – schrumpelig, hilflos, mager – hatte friedlich fast die ganze Nacht durchgeschlafen, so als hätte sie eine Art Aktennotiz bezüglich des neuen Optimismus im Haus bekommen. Sie war nur zweimal zum Trinken aufgewacht und ansonsten ruhig gewesen. Ich strich mit dem Finger über ihren kleinen Arm, der immer noch von einem weichen, durchsichtigen Flaum bedeckt war. Die Liebe zu ihr schlug über mir zusammen wie eine heftige Woge. Seit meiner Rückkehr aus dem Krankenhaus hatte die Verzweiflung regiert und es mir unmöglich gemacht, auch nur einen einzigen Augenblick mit der Kleinen zu genießen. Bis heute. Ich betrachtete ihre Öhrchen, atmete ihren unbeschreiblichen Duft ein und legte die Hand auf ihren perfekten Kopf. Dann schloss ich die Augen und dankte Gott für dieses unverdiente Geschenk. Sie war einmalig.
Als wir schließlich aus dem Schlafzimmer kamen, rührte Betsy in einem Topf auf dem Herd. Marlboro Man war fort, er war mit Tim unterwegs, um nach den Weizenfeldern im südlichen Teil des Staates zu schauen. Es war Betsys letzter Tag bei uns; in der nächsten Woche begann ihr Sommerferienkurs, dann musste sie zurück in die wirkliche Welt. Es wurde auch Zeit. Sie hatte ihre Arbeit getan.
»Was ist das?«, fragte ich mit Blick auf den Ofen.
»Zimtschnecken«, sagte sie und holte eine Packung Hefe aus der Vorratskammer.
Mir lief das Wasser im Mund zusammen. Die Zimtschnecken meiner Mutter. Sie waren unbeschreiblich lecker, was nicht nur unsere Familie bestätigen konnte, sondern auch die Nachbarn,
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