Das Glück trägt Cowboystiefel: Eine wahre Liebesgeschichte (German Edition)
bitten, bevor die Sache geklärt war.«
»Ach so.« Ich wiederholte mich. Wie heißt sie? Sie ist so gut wie tot.
»Aber ich mochte dich«, sagte er und schenkte mir ein Lächeln. »Ich hab oft an dich gedacht.«
Ich musste ebenfalls lächeln. »Wirklich?«, fragte ich leise. Ich wollte den Namen des Mädchens unbedingt erfahren. Vorher würde ich keine Ruhe geben.
»Doch, wirklich«, sagte er sanft und streichelte mein Bein. »Du warst anders.«
Ich stellte ihm keine weiteren Fragen und bat ihn auch nicht, mir zu erklären, was er mit »anders« meinte. Das konnte ich mir schon selbst denken. Während er mit mir über sein ihm vertrautes Land fuhr, war es ziemlich offensichtlich, warum er mich »anders« fand.
Ich wusste rein gar nichts vom Landleben.
Ich genoss diese Fahrten unheimlich. Ich sah Dinge, die ich nie zuvor gesehen hatte, Dinge, über die ich in meinen zweieinhalb Jahrzehnten Stadtleben niemals nachgedacht hatte. Zum ersten Mal in meinem Leben bekam ich eine Ahnung davon, was es mit Norden, Süden, Osten und Westen auf sich hatte. Obwohl es wahrscheinlich noch weitere fünfundzwanzig Jahre dauern würde, ehe ich das Konzept richtig verstünde. Ich sah Zäune und Gatter aus zusammengeschweißten Stahlrohren und kilometerlangem Stacheldraht. Ich sah Flüsse – steinige Wasserläufe, umgeben von Wald, im Vergleich zu denen das lächerliche Rinnsal hinter unserem Haus bloß eine schlammige Pfütze war. Und ich sah weites Land. Es war schöner als alles, was ich je kennengerlernt hatte.
Marlboro Man machte es Spaß, mir alles zu zeigen, er deutete auf Wiesen, Schilder, Senken und Seen und konnte mir zu allem etwas erzählen. Das Land sprach zu ihm, sowohl auf der Ranch seiner Familie als auch auf den umliegenden Ländereien: Wo andere nur endlose Weite sahen, erkannte er kleine, wohlgeordnete Parzellen, und jede hatte ihren eigenen Zweck und ihre eigene Geschichte. »Dieser Teil unserer Ranch hat früher Betty Smith und ihrem Mann gehört«, sagte er. »Sie hatten keine Kinder und waren die besten Freunde meiner Großeltern.« Dann erzählte er mir die Legende des Großvaters von Betty Smith’ Mann und flocht so viele lebendige Details in seine Erzählung ein, dass man hätte meinen können, er wäre persönlich dabei gewesen. Ich lauschte ihm fasziniert und sog jedes einzelne Wort in mich auf. Auf dem Land um ihn herum klangen die Herzschläge derer fort, die einmal dort gelebt hatten … Und als ob es seine Pflicht wäre, jedem Einzelnen von ihnen die Ehre zu erweisen, nannte er mir ihre Namen und erzählte mir Geschichten aus ihrem Leben, über ihre Beziehungen untereinander, über ihre Herkunft.
Ich war beeindruckt von seinem Wissen.
An einem späten Nachmittag überquerten wir einen Fluss und gelangten zu einem Baumbestand auf einer Weide, die ein ganzes Stück von Marlboro Mans Wohnhaus entfernt war. Als ich genauer hinsah, erkannte ich, dass inmitten der Bäume ein kleines weißes Haus stand. Es war von einem weißen Palisadenzaun umgeben, und als wir uns dem Grundstück näherten, sah ich, dass sich im Garten etwas bewegte. Gleich darauf erblickte ich eine füllige Frau mittleren Alters mit langem grauem Haar, das ihr bis auf die Schultern hing. Sie schob einen Rasenmäher durch den Garten, und zwei jaulende Hunde folgten ihr dabei schwanzwedelnd auf Schritt und Tritt. Als Erstes aber fiel mir ins Auge, dass sie nur Unterwäsche und einen Stütz-BH trug. Als wir an ihrem Haus vorbeifuhren, sah sie kurz auf, dann mähte sie weiter.
Mit möglichst neutraler Stimme fragte ich Marlboro Man: »Ähm … wer war das denn?« Vielleicht konnte er auch über sie eine Geschichte erzählen.
Er sah mich an und erwiderte: »Ich habe keinen blassen Schimmer.«
Wir sprachen nie wieder über diese Frau.
12.
Entscheidung am Big Horn
Nach unseren Touren bereiteten wir in seiner Küche meistens gemeinsam das Abendessen zu. Ich kochte beispielsweise meine Pasta Primavera, die mit ihren Zucchini, Möhren und Erbsen wunderbar bunt aussah. Mein Cowboy grillte Rib-Eye-Steaks, sie brutzelten in Butter und Knoblauch. Ich machte meine Lieblingspizza, inspiriert vom Restaurant Spago: ein dünner, knuspriger Teig, belegt mit Tomaten, Basilikum und frischem Mozzarella, den ich bei einem Familienunternehmen in Dallas bestellen musste, da es den Käse in Oklahoma nirgendwo zu kaufen gab. Marlboro Man zeigte mir die Kunst, in einer eisernen Bratpfanne eine weiße Soße zu machen; er schärfte mir ein, wie
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