Das Glück trägt Cowboystiefel: Eine wahre Liebesgeschichte (German Edition)
fuhren wir zusammen durch die Gegend. Er kannte das Land wie seine Westentasche – jede Kreuzung, jedes Gatter, jeden Zaun, jeden Acker. Ranchern ist das Land, das sie umgibt, einfach vertraut. Sie wissen, wem die Weide dort gehört, wer jene gepachtet hat, durch wessen Land eine Straße führt, wessen Vieh auf dem Weg am See steht. Für mich sah alles gleich aus, doch das störte mich nicht. Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so glücklich gewesen, auf dem Beifahrersitz eines Pick-ups mit Doppelkabine zu sitzen. Ehrlich gesagt, hatte ich in meinem ganzen Leben noch nie in einem Pick-up mit Doppelkabine gesessen. Ich hatte noch nicht mal jemanden gekannt, der einen Pick-up besaß; auf der Highschool hatten die Jungs, die Pick-ups fuhren, nicht zu meinem Freundeskreis gehört, vermutlich weil ihre Familien eine Farm oder eine Ranch betrieben und sie in ihrer freien Zeit zu Hause gebraucht wurden, um zum Einkommen der Familie beizutragen. Oder es handelte sich um Möchtegern-Cowboys – von der Sorte, die ihre Cowboyhüte nur in der Kneipe aufsetzten –, und mit denen konnte ich nichts anfangen. Aus irgendeinem Grund war ich im Alter von fünfundzwanzig Jahren noch nie mit einem Pick-up in Berührung gekommen. Aber seit ich so viel Zeit mit Marlboro Man verbrachte, wohnte ich praktisch in so einem Fahrzeug.
Ich wusste nur eines über Pick-ups, nämlich dass ich mich als Jugendliche immer insgeheim über die Paare lustig gemacht hatte, die darin herumfuhren: Das Mädchen saß immer auf dem mittleren Sitz, gleich neben dem Jungen, und er hatte den rechten Arm um ihre Schultern gelegt und die linke Hand am Lenkrad. Ich weiß nicht, wieso, vielleicht hatte es mit meiner Kindheit am Golfplatz zu tun, aber aus irgendeinem Grund hatte mich der Anblick immer abgeschreckt. Warum sitzt sie in der Mitte? , wunderte ich mich jedes Mal. Warum müssen sie sich während der Fahrt unbedingt aneinanderschmiegen? Können sie nicht warten, bis sie zu Hause sind? Ich fand, es wirkte erbärmlich, mitleiderregend. Haben die kein Leben? , huschte mir möglicherweise sogar ein- oder zweimal durch den Kopf, als ob diese Art und Weise, ihre Zuneigung in der Öffentlichkeit zu zeigen, mich irgendwie verletzte. Aber so ergeht es wohl Menschen, denen es aufgrund der geographischen Gegebenheiten in ihrer Kindheit nicht vergönnt ist, Pick-up zu fahren. Sie entwickeln extreme Vorurteile gegenüber eigentlich sehr schönen Dingen.
Dennoch fragte ich mich hin und wieder, wenn Marlboro Man mir in seinem weißen Ford F250 die Schönheit der Landschaft zeigte: War er einer dieser Jungs von der Highschool gewesen? Ich wusste, dass er als Jugendlicher eine Freundin gehabt hatte. Julie, ein hübsches Mädchen. Sie war seine Jugendliebe gewesen, so wie Kevin die meine. Ich überlegte: Ob Julie wohl jeden Freitagabend, wenn Marlboro Man sie abholte, auf den Sitz in der Mitte gerutscht war? Hatte er den rechten Arm um ihre Schultern gelegt, hatte sie mit der linken Hand nach seiner rechten gegriffen? Waren sie in dieser Position die Hauptstraße rauf- und runtergefahren? Unsere Heimatstädte waren nur etwas mehr als sechzig Kilometer voneinander entfernt, vielleicht war er also mal mit ihr in meiner Stadt ins Kino gegangen. War es vielleicht sogar möglich, dass ich Marlboro Man mit Julie gesehen hatte, wie sie nebeneinander in seinem Pick-up herumfuhren? Konnte es eventuell sogar sein, dass dieser Mann, dieser umwerfende, perfekte Mann, der auf so wundersame Weise in mein Leben getreten war, eine unschuldige Zielscheibe meiner intoleranten, schäbigen Vorurteile in Sachen Pick-up gewesen war?
Und falls er das früher einmal getan hatte – war er mittlerweile zu alt dafür? Warum saß ich nicht auf dem Sitz in der Mitte? War es an mir, die Initiative zu ergreifen? Wurde das von mir erwartet? Wenn ja, dann müsste ich das möglichst bald erfahren. Aber wenn Marlboro Man gewollt hätte, dass ich herüberrutschte und mich direkt neben ihn setzte, hätte er dann nicht irgendeine auffordernde Geste gemacht? Vielleicht hatte er diese Mädchen von früher ja lieber gemocht als mich. Vielleicht waren sie sich so nah gewesen, dass es gerechtfertigt war, im Pick-up direkt nebeneinanderzusitzen. Im Gegensatz dazu waren wir zwei uns einfach nicht so nah. Bitte, das durfte nicht der Grund sein. Ich wollte nicht, dass das der Grund war. Ich musste ihn fragen. Ich musste es wissen.
»Kann ich dich was fragen?«, sagte ich, als wir über eine Straße zwischen
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