Das Glück trägt Cowboystiefel: Eine wahre Liebesgeschichte (German Edition)
War nicht gerade praktisch, einen Abend vor meiner Hochzeit, zu vergehen. Keine Ahnung, wie meine Mutter das der Floristin erklären wollte. Es würde ihr jedoch nichts anderes übrigbleiben; ich war schlichtweg verloren.
Den ganzen Abend hatte ich nur ein halbes Glas Wein getrunken, fühlte mich aber völlig beschwipst. Als ich schließlich zu Hause ankam, hatte ich keine Ahnung, wie ich dorthin gelangt war. Ich war betrunken von einem Cowboy. Der in weniger als vierundzwanzig Stunden mein Mann werden sollte.
21.
Ganz in Lilienweiß
Ich schlug die Augen auf. Es war Morgen. Ich hörte das Surren der vorbeifahrenden elektrischen Golfcaddys draußen auf dem siebten Fairway. Von unten zog der Duft von Kaffee herauf. Gevalia-Kaffee, die Bohnen, die meine Mutter immer per Post geschickt bekam, seit sie am Strand von Hilton Head Island eines Sommers Anfang der Achtziger von ihnen gehört hatte. »Guh-wall-ja«, sang sie, wenn die monatliche Lieferung bei uns eintraf. »Ich liebe meinen Guh-wall-ja.«
Ich liebte ihren Gevalia auch.
Unten dröhnte Mikes Stimme. Wie immer war er am Telefon.
»M-m-meine Schwester heiratet heute«, hörte ich ihn seinem Gesprächspartner verkünden. »Und ich werde bei dem Empfang singen.«
Es folgte eine lange Pause. Ich bereitete mich auf das Schlimmste vor.
»Ähm, wahrscheinlich ›Elvira‹«, sagte Mike.
Na, super, dachte ich und schleppte mich aus dem Bett. Mike sang bei unserem Empfang »Elvira«. Für den Fall, dass meine blättrige Haut nicht reichte, brauchte ich dringend noch irgendwas, das mich für den Rest meines Hochzeitstages fertigmachen würde. Ich putzte mir die Zähne und ging im Schlafanzug nach unten. Ich brauchte einen Gevalia, um mich für die auf mich wartenden Herausforderungen zu wappnen.
»Ooh, welch schöne Frau«, flötete Mike, als ich in die Küche kam.
Offensichtlich besaß er nicht ein Fünkchen Geschmack. Da all meine hübschen Nachthemden und Pyjamas schon in meinem Urlaubskoffer verstaut waren, hatte ich auf meinen treuen alten grauen Satinschlafanzug zurückgreifen müssen. Victoria’s Secret, so um 1986 herum, als noch das Model Jill Goodacre das Gesicht der Firma war. Weich, abgetragen und ausgeblichen, war er so kuschelig und gemütlich, wie es nur ging. Aber ganz bestimmt war er nicht schön, egal was mein Bruder sagte.
»Guten Morgen, Mike«, murmelte ich und steuerte schnurstracks auf die Kaffeekanne zu.
»Ooh!«, zog er mich wieder auf. »Heute heiratet ja jemand! Huuu …«
»Jawohl«, sagte ich und trank den ersten herrlichen Schluck. »Kaum zu glauben, was?«
Mike legte die Hand vor den Mund und kicherte. Dann fragte er: »Und … wollt ihr euch auch mal … mal küssen?«
»Das will ich doch hoffen«, erwiderte ich. Darüber musste Mike nur noch mehr lachen.
»Oooh!«, quietschte er. »Bekommst du dann ein Baby?«
Du lieber Himmel!
Ich trank noch einen Schluck Gevalia und antwortete: »Heute noch nicht.« Mike brach wieder in Lachen aus. Er hatte offensichtlich einen Höhenflug.
»Was ist denn heute so lustig, Mike?«, erkundigte ich mich.
»Dann k-k-kriegst du einen dicken Bauch«, sagte er. Mike steuerte in Riesenschritten auf eine manische Phase zu – Folge des langen, aufregenden Wochenendes und seines gestörten Tagesablaufs. Bald würde der unvermeidliche Zusammenbruch kommen. Ich hoffte nur, dass ich schon im Flugzeug nach Australien saß, wenn es so weit war. Es würde nicht angenehm werden.
»Ach, egal, Mike«, antwortete ich und tat verärgert.
Da stand er auf, mein wunderbarer, besonderer Bruder Mike, und kam quer durch die Küche auf mich zu. Knapp zwanzig Zentimeter kleiner als ich, schlang er seine kurzen Ärmchen um mich und drückte mich ungestüm an sich. Er lehnte seinen kahler werdenden Kopf an meine Brust und klopfte mir liebevoll auf den Rücken.
»Du bist so lieb«, sagte er.
Ich schlang die Arme um seine Schultern und legte das Kinn auf seinen glänzenden Schädel. Ich wollte etwas sagen, doch meine Kehle war wie abgeschnürt. Ich biss mir auf die Lippen, und meine Nase kribbelte.
»Du bist meine allerliebste Schwester«, sagte Mike und wollte mich nicht mehr loslassen.
Genau das brauchte ich an diesem Samstagmorgen: eine nicht enden wollende Umarmung meines Bruders Mike. »Ich hab dich auch lieb, Mikey«, brachte ich heraus. Und eine bittersüße Träne rollte mir langsam über die Wange.
Weiter ging es am Hochzeitstag mit einem langen, belebenden Schaumbad, dem nächsten groben Peeling
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