Das Glück von Brins Fünf
er.
„Nein“, sagte Beeth Ulgan schroff. „Wenn du dort Freunde fändest, würde die Welt bersten wie beim Ausbruch eines Feuerberges.“
„Außerdem“, sagte Harfner Roy, „ist es ein öder Ort. Mamor war einmal dort und verrichtete Schichtarbeit in den Minen. Das Bergvolk mag solche Orte nicht.“
„Sei da nicht so sicher, Roy Brinroyan“, lächelte die Wahrsagerin. „Vielleicht ist einer deiner wohlbekannten Verwandten in der Feuerstadt.“
Der Harfner schüttelte den Kopf und zählte unsere Verwandten an den Fingern ab.
„Nein“, verkündete Beeth Ulgan, „laß dich von mir leiten, Taucher. Geh mit den Fünf von Brin und habe Geduld.“
„Wohin gehen wir?“ fragte ich.
„Zu meinem festen Haus am Weißfelsbruch“, sagte sie. „Und mein eigener Kahn wird euch alle flußabwärts bringen.“
„Ausgezeichnet“, sagte Taucher, „wenn Brin dorthin geht … wenn es der Fünf nützt …“
„Es gibt jemanden in Rintoul, der all diese Fäden zu einem sicheren Gewebe zusammenfügen wird“, sagte die Wahrsagerin.
„Aber wer ist das, Beeth Ulgan?“ rief ich aus. „Wer wird uns retten? Wer ist mächtiger als Würger Tiath? Ist es … ist es Schwarzlocke?“
Beeth Ulgan lachte laut. „So unrecht hast du nicht, mein Kind. Ich will keinen Namen nennen, aber es ist derjenige, der Schwarzlocke – dem jungen Murno Pentroy – Flügel verleiht, damit er fliegen kann.“
Ich mußte mich damit begnügen. Tatsächlich dauerte es viele Tage, ehe einer von uns den Namen hörte, den sie nicht nennen wollte … aber von da an waren wir uns der Anwesenheit dieser scharfsinnigen Zauberin bewußt, der Schöpferin der Maschinen.
Beeth Ulgan klatschte in die Hände und ging wieder ins andere Zimmer. „Es gibt noch viel zu tun!“
Wir folgten ihr und fanden sie auf Knien neben dem Wirbler. Der Lehrling hatte das arme Wesen mit einem Schwamm abgerieben und den dünnen Körper zugedeckt, aber es war noch nicht zu sich gekommen.
„Was sind Wirbler?“ fragte Taucher leise.
„Ausgestoßene“, sagte Beeth Ulgan, „Vagabunden. Sie fliehen vor dem traurigen Schicksal, das alle Moruianer heimsucht. Weißt du, was das ist?“
Taucher schüttelte den Kopf.
„Einsam zu sein …“, sagte Harfner Roy und machte ein Abwehrzeichen. „Wie ist das bei deinem Volk, Taucher?“
„Manche ertragen es recht gut“, erwiderte er.
Angst überfiel mich, daß der arme Taucher sich einsam fühlen könnte … so weit von seinen eigenen Leuten entfernt. Es war so etwas Fürchterliches.
„Kopf hoch“, flüsterte ich. „Du hast eine Familie.“
„Das weiß ich“, sagte er lächelnd.
Beeth Ulgan streichelte das Gesicht des Wirblers nach einem bestimmten Muster; der Lehrling kauerte neben ihr und schaute ihr genau zu. „Unsere Legenden berichten von einigen Geistern, weder gut, noch böse, die unter den Moruianern lebten“, sagte sie. „Nenne uns ein paar Namen, Dorn. Zeig uns deiner Mutter Webstuhllehre.“
„Eenath, Vuruno, Ullo und Telve …“ zählte ich emsig auf. „Alle waren große Geisterhelden und gründeten vor langer Zeit mit den Clans Familien. Eenath für Pentroy, Vuruno für Dohtroy, Ullo und Telve für Tsatroy, den Feuer-Clan, den es nicht mehr gibt.“
„Braves Kind“, lächelte die Ulgan. „Die Legende berichtet, daß diese Geisterhelden, vor allem Eenath, diese Wirbler immer noch inspirieren. Ein einmal inspirierter Anführer schart arme Ausgestoßene um sich. Diejenigen, deren Familien durch Tod oder Unglück auseinanderbrachen, entlaufene Vasallen, unzufriedene Städter oder Bergleute. Sie streifen umher, betteln um Almosen und führen ihre Geistertänze vor. Das einfache Volk ist nett zu ihnen.“
„Was wirst du mit diesem hier tun?“ fragte Harfner Roy.
„Ich muß diesen armen Wicht wieder brauchbar machen“, seufzte die Ulgan. „Ich kenne den Anführer dieser Wirblergruppe. Er ist listig und spielt mit Politik.“
Sie winkte uns hinter die Vorhänge des Innenraums zurück, hob die Arme und stimmte einen leisen Gesang an. Der Lehrling, der ihren Willen erriet, übernahm das Streicheln über das Gesicht des Wirblers. Schon bald setzte sich der Wirbler mit einem Ruck auf, und ich sah, daß er weiblich war, nicht älter als Brin, aber narbig und unterernährt. Bei dem leisen Gesang der Ulgan verschwanden alle scharfen Züge aus dem armen Gesicht, und die Wirblerin nannte ihren Namen wie eine Schlafwandlerin. „Mooneen uto Vilroyan. Mooneen, einst Mitglied der Fünf von Vil.
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