Das Glück von Brins Fünf
mit Holzfarben zur Verzierung des Kahns und malte einen Fries Flachschnäbler auf die Luke des Frachtspinds. Seine Kunstwerke sollten sich zu schnell über Torin ausbreiten, als es für unsere Sicherheit gut war. Ungefähr zu dieser Zeit mußte einer der Städter von Cullin seine Zeichnungen in der Höhle am Steinbach entdeckt und kopiert haben, mit Anmerkungen in Brins eigener Schrift. Vielleicht hatte Beeth Ulgan die Hand dabei im Spiel; sie hat es nie abgestritten.
Mamor war der einzige von uns Fünf, der an Schiffe gewöhnt war; er war das Kind von Flußbewohnern, weit weg am Datse, dem Fluß, der zur Feuerstadt führt. Am zweiten Tag richteten er und Taucher den Mast aus seiner langen Nute auf und hißten Segel. Der Kahn glitt schneller dahin, aber er war sehr schwerfällig. Es galt, auf die Fahrrinnen aufzupassen, Sandbänken und Untiefen auszuweichen, anderen Schiffen Warnungen zuzurufen, zu dieser Jahreszeit gab es nicht viele davon. Wir kamen an Dörfern und Weilern an beiden Ufern vorbei, wo wir in anderen Jahren Frühlings- und Sommerlager aufgeschlagen hatten. Wie angenehm war es, an einem Weg vorbei zu segeln, über den man sich früher geplagt hatte.
Taucher saß neben mir an der Ruderpinne, und wir erblickten eine Herde von Wollhirschen, außerhalb von Nedlor, wo die Ufer ansteigen und es eine Hängebrücke über den Fluß gibt. Die Hirten hatten Mühe, die dummen Tiere in den von hohen Mauern umgebenen Pferch zu treiben. Immer wieder brach ein Wollhirsch aus und sprang auf den Rand der Klippe über dem Ruß. Dann kamen die Hirten mit ihren an langen Stangen befestigten Fangnetzen und brachten den Ausbrecher zurück, indem sie ihn bei den Vorder- und Hinterhänden, sowie am Schwanz packten. Die Wollhirsche waren ungeschoren; ihr Fell wird so dick, daß man mit dem Arm bis zum Ellbogen in dem herrlichen Vlies versinken kann. Dies hier war eine gescheckte Herde: schwarz, weiß und gelbbraun. Taucher lachte und erzählte mir etwas mehr von einem seltsamen Ort in seiner Welt, wo die Wollhirsche nicht mit Wolle herumlaufen und die Vliese von einer zahmeren Art stammen.
Am Abend desselben Tages, als ich die Ruderpinne von Mamor übernommen hatte, sichtete ich vor uns ein Schiff. Es bewegte sich sonderbar auf dem Wasser.
„Was ist denn mit diesem Schiff los?“ fragte ich Mamor.
„Es ist auf eine Sandbank gelaufen!“ Wir hatten Segel gesetzt, die er Brin etwas raffen ließ, während wir näher steuerten. An dieser Stelle war der Fluß breit und schattig, mit einer deutlichen tiefen Fahrrinne zwischen zwei Sandstreifen, die so hoch und trocken waren, daß sie Inseln glichen.
Das Wasser floß schnell durch die Fahrrinne, und ich hatte mit der Ruderpinne zu kämpfen. Das gestrandete Schiff war kein Kahn, sondern hatte einen Kiel, und war alt und braun. Es war am Heck aufgelaufen, und der Bug schlenkerte frei in der Fahrrinne. Wenn es sich bewegte, kratzte der Kiel auf dem Sandstreifen hin und her. Mamor rief und rief, aber es erfolgte kein Lebenszeichen.
Ich erblickte Narneen, die vor unserem Zelteingang kauerte und vor Angst die Hände vor den Mund hielt. Ich teilte ihre Angst; der stille alte Schiffsrumpf, der leblos auf dem Sandstreifen schlingerte, hatte etwas Unheimliches an sich.
„Dorn!“ Taucher kam, um beim Reffen des Segels zu helfen.
„Es sieht wie das Schiff der Wirbler aus.“
Da erkannte auch ich es: das schmuddelige alte Vogel-Boot, auf das die Wirbler in Cullin getrieben worden waren. Ich lockerte meinen Griff, so daß wir schlecht in die Fahrrinne fuhren; Mamor packte die Ruderpinne und gab mir einen Schubs. „Paß auf!“
Er manövrierte geschickter, und wir gelangten auf gleiche Höhe, Abstand vom schlingernden Bug haltend.
Wir konnten jetzt an Bord sehen; das Deck war leer … ein Durcheinander zerbrochener Käfige kratzte scheppernd darüber, während das Boot in der Strömung hin und her schwankte. Keine Spur von den Wirblern oder der Besatzung. Wir schauten nun, an der niedrigen Reeling zusammengedrängt, alle hin.
„Was für eine Mannschaft war an Bord?“ fragte Brin.
„Ein Kapitän und ein oder zwei Matrosen …“ sagte Taucher, „alte Kerle in weißlicher Kleidung. Erinnerst du dich, Dorn?“
„Nein …“ flüsterte ich. „Zwei Matrosen halfen den Wirblern an Bord.“
„Na-hoo, Vogel-Boot!“ Brin rief sie mit ihrer leisen sanften Stimme, die sie nur selten hob. Wir fielen mit ein, pfeifend und rufend, während der Harfner eine Melodie
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