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Das Glück von Brins Fünf

Das Glück von Brins Fünf

Titel: Das Glück von Brins Fünf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cherry Wilder
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selben Zeugen gerufen worden.“
    „Wer ist es? Soll ich die anderen holen? Besteht Gefahr?“
    „Nein, er ist freundlich. Dorn … ich sehe sie. Es sind zwei. Zeuge und Frager. Sie wissen nicht, wie deutlich ich sie sehe.“
    „Was haben sie gefragt?“
    „Nach dem Namen meiner Fünf, genau wie zuvor. Was soll ich antworten?“
    „Die Wahrheit“, sagte ich. „Vergiß nicht, was Gwin gesagt hat. Aber laß unser Glück aus dem Spiel. Narneen … ich muß die anderen holen.“
    „Nein, nein … du verstehst es immer noch nicht. Sie sind ganz nahe. Wir werden an ihnen vorbeisegeln. Sie stehen jetzt am Ostufer an einem Landungssteg.“
    „Wir könnten sie sehen!“
    „Ja“, sagte Narneen und ihre langen Augen funkelten. „Geh zu Taucher, hol sein Fernrohr, du weißt schon. Halte Ausschau nach einem Baum neben dem Landungssteg, da stehen sie. Der Zeuge ist klein, weiblich und trägt eine graue Tunika wie eine Stadtarbeiterin. Der Frager ist männlich, älter und trägt ein schlichtes blaues Gewand und einen Strohhut mit einem Schleier. Den trägt er …“ Narneen hielt den Atem an und biß sich auf die Lippe, fuhr dann aber fort. „Er verbirgt sein Gesicht, weil es schrecklich häßlich ist. Es ist, glaube ich, auf einer Seite verbrannt.“
    „Kommst du mit mir?“
    „Ich bleibe hier liegen“, flüsterte sie, „und beantworte ihre Fragen, damit sie sich nicht von der Stelle rühren.“
    Ich eilte aufs Deck in den strahlenden Sonnenschein und den Gesang der zur Messe Fahrenden. Ich fand Taucher neben dem verhüllten Flügel Tomarvans und teilte es ihm keuchend mit.
    „Wo sind sie?“
    Er hatte sein Fernrohr bei sich und ließ mich das Ostufer absuchen. Wir hatten den Landungssteg von Geelar, dem großen Dorf passiert, aber ein Stück dahinter ragte ein anderer Pier hervor, neben einem üppigen Rotholzbaum am Rande des Flusses. Ich fröstelte, obwohl der Tag warm war. Da standen sie, genauso wie Narneen sie beschrieben hatte. Ich sah das ruhige lauschende Gesicht der Zeugin, ihr merkwürdig glattes kurzgeschnittenes Haar, das um ihren Arm geschnallte breite Silberband. Der Frager stand wie ein grauer Felspfeiler da; sein Gesicht war jung, blaß und hübsch; der halb zurückgezogene Schleier seines Hutes verbarg jegliche Narbe. Taucher betrachtete sie und auch Brin, als sie hinzukam und die Geschichte erfuhr. Die Alte Gwin ging sofort zu Narneen ins Zelt.
    „Der Frager trägt einen Schreiberbeutel“, sagte Brin. Ihre Stimme klang voller Mißtrauen hart und zornig.
    „Das ist nicht alles …“, brummte Mamor. „Ich kann die Gewänder dieser zwei wie eine neue Rune lesen. Sie kommen aus Tsagul, der Feuerstadt.“
    Wir waren inzwischen so nahe herangekommen, daß wir kaum noch das Fernrohr benötigten, um ihre Gesichtszüge zu sehen. Instinktiv bückte ich mich und näherte mich der Zeltklappe. Narneen lag auf dem Rücken, mit geweiteten blicklosen Augen und steifem Körper. Tomar begann zu wimmern, und ich kroch hinein und ging zu ihm. Er kicherte und war wieder zufrieden, als ich zu ihm kam, und ich empfand eine neue Liebe für meinen jüngeren Verwandten, eine Kameradschaft. Ich war ziemlich sicher, daß er nie ein Zeuge werden würde. Die Alte Gwin betete unentwegt neben Narneen, ohne sie anzurühren. Nach einigen langen Augenblicken schloß Narneen die Augen, wurde schlaff und setzte sich dann auf – ein gewöhnliches, schelmisches Weberkind. „Sie gehen“, sagte sie.
    Gleichzeitig pfiff der Harfner am Bug, was bedeutete: „Die Vögel sind davongeflogen.“ Ich ging zu einem Guckloch des Zelts und erhaschte, zwischen zwei Booten, einen letzten Blick von dem graugekleideten Frager, der davonhumpelte.
    Brin streckte die Hand in das Zelt und nahm Narneen bei den Händen.
    „Jetzt mußt du, mein Kind“, sagte sie, „berichten, was geschehen ist, wie eine echte Zeugin.“
    „Sie fragten wie zuvor“, sagte Narneen, „erst nach meinem Namen und nach dem Namen meiner Fünf. Und diesmal antwortete ich wahrheitsgemäß.“
    „Haben sie Gründe dafür angegeben?“
    „Nein, aber viele Freundschaftsversprechungen. Besonders der Frager betonte, daß er uns nichts Böses zufügen wolle.“
    „Was sonst noch?“
    „Sie fragten mich nach dem Steinbach. Ob ich je in einer Höhle am Steinbach auf dem Hingstull gelebt hätte. Was ich bejahte.“
    Das gab uns Rätsel auf, und wir konnten keinen Grund dafür finden.
    „Dann fragten sie nach den Namen all meiner Familienangehörigen, aber ich antwortete

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