Das Glück von Brins Fünf
die denn?“ rief ich Brin zu, während wir uns an unsere verhüllte Flugmaschine lehnten.
„Was machen die denn?“ Ich stellte Taucher die gleiche Frage.
Mamor brach an der Ruderpinne in Lachen aus. „Ich hatte nicht gedacht, daß sie damit schon so früh anfangen!“ Und die Mannschaft des nächsten Bootes rief einen merkwürdigen Gruß zu uns herüber, fast einen Hoch-Ruf.
„Lee-va-ban Otolor!“
Es war der Messeruf, der Ruf der Großen Messe in Otolor. Plötzlich befanden wir uns mitten in einer Flut von geschmückten Booten … Kähnen, Fischern, Voglern, Fähren, sogar Paddelmatten mit einem kühnen Fahrer und einem Schwanz aus Reben … eine Flotte erstreckte sich über die ganze Breite des Troon und dehnte sich, soweit unser Auge reichte, flußabwärts aus.
„Wir müssen noch Meilen zurücklegen, bis wir zum Messegelände gelangen.“
Der Ruf widerhallte immer noch flußauf- und flußabwärts. Ein rundrumpfiges Boot voller Blumen und betrunkener Hirten zickzackte vorbei, die sangen, daß Frühling an Neujahr war und Neujahr im Frühling. Wir kamen mit der Flotte zum ersten Weiler und kurz danach zu einem anderen, beide am Westufer. Diese Ortschaften waren auch geschmückt und ihre Landestege voller Mannschaften, die luden und zur Messe ausliefen. Ich erblickte auf dem zweiten Landesteg eine Weberfamilie, echte Bergbewohner und Nomaden, unser eigenes Abbild. Ich zeigte sie dem Harfner, der am Heck sein Instrument stimmte. Wir beobachteten und begrüßten sie hoch-rufend. Da standen sie zitternd und waren im Begriff, ein Vogel-Boot zu betreten – eine stämmige Fünf mit Gamaschen und einem Trageschlitten mit ihren neuen Arbeiten, vielleicht nicht so fein wie unsere eigenen. Ihr Haar war mit bunten Bändern zusammengebunden, und eine Mutter trug ein cremefarbenes, durch ihr verstecktes Kind, gebauschtes Kleid. Brin hob den aufgeregt zappelnden Tomar in einer Feiertagsdecke in die Höhe, und die Buschbewohner sahen uns und grüßten herzlich. Aber schon stellte ich mir vor, daß sie uns befremdet anschauten … wir gehörten zu ihnen und gehörten auf unserem Kahn mit der merkwürdigen Fracht und Taucher, der mit seiner Schutzbrille zwischen uns stand, wiederum nicht zu ihnen.
So ging es weiter, die ganze Flotte glitt bei frischer Brise flußabwärts, mit ebensoviel Lärm wie auf dem Messegelände selbst. Gegen Aufgang der Fernen Sonne flaute der Wind ab und es setzte das Ächzen der Schaufelräder, sowie das Planschen der Ruder und Paddel ein. Der Kahn trieb schwerfällig dahin, eingekeilt in der Menge kleinerer Boote, und das Reden und Singen flutete natürlich von Deck zu Deck. Wir waren aufgeregt und suchten dauernd zwischen den Schiffen nach Beeth Ulgan oder ihrem Lehrling Gordo, der uns auf der Messe treffen sollte. Harfner Roy sang und hielt Ausschau; ich wußte, daß seine Augen Schwierigkeiten aufspüren wollten, sogar hier. Besonders er und ich spähten nach dem Beobachter aus … dem entflohenen Wirbler Petsalee, der vielleicht eine Kreatur Pentroys war. Inmitten all diesen Gelächters war es schwer, an den langen Schatten zu denken, den Tiath Gargan warf. Ich betrachtete das zwischen den Booten strömende Wasser und hatte ein abwegiges Verlangen nach jenen Tagen, als wir allein auf dem Wasser waren und uns nur die Breitschnäbler Gesellschaft leisteten.
Wir wußten, daß es kaum dunkel wurde, aber dennoch fiel uns das Schlafen schwer. Ich döste und dachte an den weißen Felsen und den Schöpfer der Maschinen. Ich versuchte, dieser hohen Persönlichkeit Gedanken zu senden: Wir kommen. Wir sind auf dem Fluß und bringen Taucher, unser Glück, zur Frühjahrsmesse in Otolor. Behüte uns.
Tomarvan nahm fast unser ganzes Deck in Anspruch, aber es gab noch Platz für ein bis zwei, um im Schein der Sonnen in einem kleinen Zelt zu schlummern. Am späten Nachmittag war ich an der Reihe durch die Klappe zu kriechen; Mamor schubste mich hinein, und ich fand dort Tomar, der endlich in seinem Korb schlief, und Narneen. Wir kamen zu dem größten Dorf vor Otolor in einer Flaute; kein Wind wehte über den Troon, und wir konnten die schuftenden Ruder und Paddel unter dem Kreischen und Singen der Spaßmacher hören. Ich legte mich hin und schlief tatsächlich ungefähr eine Stunde, als ich plötzlich erwachte, weil Narneen eindringlich meine Backe streichelte.
„Was ist denn los?“
„Psst“, flüsterte sie, „laß Tomar weiterschlafen.“ Sie sah dünn und unkindlich aus. „Ich bin wieder vom
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