Das Glück wartet in Virgin River
sorgen, dass es ihm an nichts fehlt.“ Er schmunzelte. „Und Colin fleht Luke an, ihn lieber aus einem Fenster im zehnten Stock zu werfen als der Gnade seiner Mutter auszuliefern.“
„Aber er wird wieder auf die Beine kommen?“
„So heißt es.“ Walt zuckte mit den Schultern. „Ihr wisst ja, wie das ist. Zum großen Teil wird es von ihm selbst abhängen. Er braucht eine Physiotherapie und muss wieder Kraft aufbauen. Wisst ihr, was ihm, Luke zufolge, am meisten zu schaffen macht? Der Ellbogen! Er hat Schrauben im Ellbogen, und die machen ihn verrückt.“
„Und wie geht es Shelby und dem Baby?“
„Oh, denen geht’s bestens. Ich fahre jeden Morgen raus und bleibe bis zum Abendessen dort. Manchmal kommt auch Muriel raus und isst mit uns zusammen. Nächste Woche werden die Hütten voll sein – die Jagdsaison beginnt.“
„Mit den Jägern wird wohl auch in der Bar wieder Leben in die Bude kommen.“
„Dann wirst du also nicht bankrottgehen, solange der Ort sauer auf dich ist?“, frage Nathaniel.
„Nö, wir haben die Jäger und Angler. Aber ich sag euch was – wenn dieses Volk nicht bald mal über seinen Schatten springt, werden sie feststellen, dass sie hier einfach nicht mehr sonderlich willkommen sind. Da hört die Nachbarschaftsliebe langsam auf, wenn ihr versteht, was ich meine.“
„Das wird bald vorbei sein“, sagte Mel und hob ihr Bierglas.
Nathaniel stützte den Ellbogen auf den Tresen und schaute zu Mel hinüber. „Leidet dein Geschäft eigentlich auch darunter?Immerhin hast du eine enge Verbindung zu dem Testamentsvollstrecker.“
Sie schüttelte den Kopf. „Ein paar dieser alten Jungs sind leicht verstimmt, weil Jack nicht hergeht und ihnen Hopes Fonds zur Verfügung stellt. Aber die Frauen sind größtenteils zufrieden damit, wie es ist. Eigentlich sind es auch gar nicht mal so viele Männer. Jack kommt es nur so vor, denn er ist nicht daran gewöhnt, der Bösewicht zu sein. Für wen auch immer.“
„Weil ich das nicht bin “, sagte Jack mit Nachdruck.
„Natürlich bist du das nicht, Liebling. Aber du kannst es unmöglich immer allen recht machen. Es ist doch jedes Mal eine undankbare Aufgabe, bei irgendetwas das Sagen zu haben, nicht wahr?“
„Ich war völlig zufrieden damit, als ich das Sagen nur in diesem kleinen Raum hier hatte.“ Jack breitete die Arme aus, um den Bereich hinter dem Tresen anzudeuten. „Ich habe ja kaum mal eine Meinung dazu, was die Küche angeht.“
„Sehr weise von dir“, bemerkte Preacher.
Plötzlich spürten sie ein leichtes Vibrieren und hörten ein entferntes Rumpeln, immerhin so stark, dass die Flaschen im Regal hinter dem Tresen aneinanderstießen. Es dauerte nur ein paar Sekunden, aber so lange waren alle wie versteinert und sagten kein Wort.
„Das war entweder der schwerste Erdrutsch, den wir je in dieser Gegend hatten, oder aber ein Erdbeben“, bemerkte Jack, als es vorbei war.
Und Mel, die viele Jahre in Los Angeles gelebt hatte, bevor sie nach Virgin River gekommen war, sagte: „Ich denke, das war ein Erdbeben. Aber Gott sei Dank kein besonders schweres.“
13. KAPITEL
D ie Zeit, die sie in Clays Armen verbrachte, Haut an Haut geschmiegt mit nichts Schwererem als einem gelegentlichen Seufzen zwischen ihnen, war für Lilly nicht nur wegen der körperlichen Nähe kostbar.
Es war noch früh am Abend. Sie hatten gegessen, geduscht und lagen zusammen im Bett.
„Erzähl mir von deiner Kindheit im Reservat. Etwas, das ich nicht wissen kann, wie zum Beispiel der glücklichste Tag in deinem Leben.“
„Ich könnte behaupten, das war der Tag, an dem Gabe zu mir kam. Aber die Wahrheit ist, damals wusste ich nicht, dass es ein glücklicher Tag war. Das kam erst, als er etwas älter wurde und ich mal etwas Schlaf abbekam. Deshalb war es wahrscheinlich der Tag, an dem mein Vater mir sagte, dass ich das neue Hengstfohlen einreiten sollte. Ich sollte es aufziehen und reiten. Er lebt noch immer auf der Tahoma-Ranch, und allmählich sind seine Tage als Zuchthengst gezählt, aber ganz so weit ist es noch nicht. Er ist ein schöner Rotschimmel, und alles, was ich über Temperament und Verhalten von Hengsten weiß, habe ich von ihm gelernt. Auf der Ranch gab es viele Pferde, aber er war meins.“
„Liegen viele deiner glücklichsten Tage in der Zeit auf der Familienranch?“
„Mm-hm“, bestätigte er und nickte. „Wir hatten viel Arbeit, aber auch eine Menge Spaß.“
„Was hat dir in deinem Leben am meisten Angst eingejagt?“,
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